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Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Titel: Greifenmagier 1 - Herr der Winde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neumeier Rachel
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langsam wieder heraus. Dann konnte er sich einfach nicht mehr beherrschen, atmete erneut tief ein und schrie: »Und du hast ihm nichts von Casmantium erzählt?«
    Der Greif gab ihm keine Antwort.
    Er war in der Dunkelheit nicht zu sehen, und doch wusste Bertaud genau, wo er stand, wusste sogar von dem harten, mitleidlosen Ausdruck, den er in seinen Augen erblickt hätte, wären sie für ihn sichtbar gewesen. Bertaud schloss die Augen und flüsterte: »Und du hast es nicht mal mir gesagt?«
    Die Eigenschaften der Stille veränderten sich auf undeutbare Art und Weise. »Ich hätte vielleicht lieber dich aufsuchen und bitten sollen, dich an meiner Statt an den König zu wenden, Mensch«, räumte Kairaithin ein. »Dieser Gedanke ist mir nicht gekommen. Und dann kränkte mich euer König. Ich bedaure das.«
    »Du bedauerst es!«
    »Ja«, bekräftigte der Greif. »Ich bedaure es, denn meine junge Kereskiita ist in die kalten Hände Casmantiums gefallen, und ich weiß nicht, wie ich sie daraus befreien könnte.«
    Bertaud brauchte eine ganze Weile, um diese Worte zu verstehen. »Kes?«, fragte er schließlich nach.
    »Ja, Kes«, antwortete Kairaithin, und in seinem Ton schwang etwas mit, das nicht ganz Trauer und nicht ganz Furcht war. »Ich habe nicht rechtzeitig erfahren, dass die Kaltmagier auf sie aufmerksam geworden sind, und dann ist es zu spät gewesen. Jetzt befindet sie sich außerhalb meiner Reichweite.« Er kam näher und blieb unweit von Bertaud am Klippenrand stehen, wo er in die Dunkelheit hinaus- und die dunkle Masse der Berge hinaufblickte, die über der Wüste aufragten.
    »Was ... geschieht jetzt?«
    »Mir steht kaum der Sinn danach, eine Vermutung zu wagen, was nun geschehen kann.« Die Stimme des Greifen klang müde und wurde von einer Empfindung überschattet, die nahe an Verzweiflung heranreichte. Kairaithin hielt kurz inne, dann berührte er Bertaud an der Schulter ... eine leichte Berührung, die seltsam zaghaft war. »Du bist müde.« Ein leiser Laut, nicht ganz ein Lachen. »Das sind wir alle. Also ruhe dich aus. Vielleicht bringt das Licht der Sonne neue Klarheit.«
    Bertaud konnte nur hoffen, dass es so kommen würde. Seine Hoffnung war jedoch gering.

Kapitel 9
    Kes schreckte verwirrt und ängstlich auf. Sie hatte sich in ein Bett aus Kissen gekuschelt, und um sie herum wirbelten Schatten schwindelerregend hin und her, während Männer auf leisen Sohlen die Lampen von den Halterungen nahmen und forttrugen. Kes begriff, dass sie geschlafen hatte, aber sicherlich nicht viele Stunden lang. Das Tageslicht drang ins Zelt ein, in dem sich kaum noch jemand aufhielt. Kes' Wache war jedoch noch da, ebenso der König, der auf einem Stuhl saß, die langen Beine ausgestreckt. Papiere lagen verstreut auf dem Tisch neben ihm. Die Zeltklappe stand offen, und Licht und kalte Luft erfüllten den Raum über dem mit Teppichen ausgelegten Boden. Das Licht entsprach nicht im Mindesten der hämmernden Helligkeit der Wüste. Kes schaute sich um und fühlte sich verloren und irgendwie beraubt.
    Der König blickte auf, als Kes sich in ihrem Nest aus Kissen aufsetzte. Er lächelte, schob einige Papiere zur Seite, streckte eine starke Hand nach ihr aus und deutete auf einen Stuhl neben seinem. »Komm«, sagte er auf Terheien.
    Der König von Casmantium wirkte im Tageslicht jünger und zugleich irgendwie größer als in der Nacht zuvor, obwohl er saß. Er hatte erkennbar nicht geschlafen, und trotzdem verströmte er Energie wie die Sonne ihre Strahlen: Als er Kes anblickte, wirkte seine Aufmerksamkeit so machtvoll wie die eines Greifen.
    Kes fiel auf, dass er das Kettenhemd nicht mehr trug. Sein Hemd war von weicher Elfenbeinfarbe, die die Schwärze von Haaren und Bart noch tiefer erscheinen ließ. Die Haare waren sehr kurz geschnitten, aber wenigstens war der Kopf nicht gänzlich geschoren, wie dies bei einigen der casmantischen Soldaten zu sein schien. Er trug keine Krone, aber eine Kette aus dicken Goldgliedern um den Hals. Irgendwie passte sie zu seinem wuchtigen Gesicht.
    Kes rappelte sich steif auf und strich sich die Falten aus der Kleidung, so gut sie konnte. Sie sehnte sich nach einem Bad, einem Kamm und frischen Sachen, erblickte aber nicht den leisesten Hinweis darauf, dass sie irgendetwas davon erhalten würde, zumindest nicht in der unmittelbaren Zukunft. Es schien jedoch, als wollte ihr der König von Casmantium tatsächlich ein Frühstück anbieten. Kes blickte ohne Interesse auf die Teller mit Backwerk und

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