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Grenzen der Sehnsucht

Grenzen der Sehnsucht

Titel: Grenzen der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel Kraemer
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Sunday, von Schwulen aus Deutschland und der ganzen Welt in Beschlag genommen. Das Event zählt inzwischen zu einem der globalen Highlights der Community, für das sich manch einer sogar extra Urlaub nimmt. Touristen aus den USA und Japan sind keine Ausnahmen.
    Nach dem anfänglichen Schreck sind nun auch die Heides stolz auf das Event, für das sie selbst ordentlich die Werbetrommel rühren.
    „Tipp an unbedarfte männliche Wiesnbesucher“, warnen sie auf ihrer Website. „Pfiffe von der Empore könnten Ihnen gelten und nicht ihrer weiblichen Begleitung, wenn Sie am ersten Wiesnsonntag in den hinteren Teil der Bräurosl vordringen wollen.“
    Und der Löwenclub jubelt auf seiner Website ganz in bayrischer Manier: „Knackige Kerle in Lederhosen! Süffiges Bier in Maßkrügen! Salzige Brezn von der Zenzi! Bombenstimmung im Festzelt!“
    Inzwischen gibt es sogar einen zweiten schwulen Festtag, den Prosecco-Montag im Zelt der Fischer Vroni. Beide Veranstaltungen sind vor allem bei den Wiesn-Kellnerinnen beliebt. Endlich müssen sie sich nicht der ständigen Übergriffe von Heteromännern erwehren.
    „Die Schwulen saufen zwar genauso, aber wenigstens wissen die sich zu benehmen und werden nicht ausfällig“, verrät mir eine gestandene Oktoberfest-Bedienung am Telefon, die jetzt schon im zehnten Jahr tapfer Maßkrüge, Schweinshaxen und Brathendl serviert. „Das ist eine angenehme Arbeitsatmosphäre, auch wenn es proppenvoll ist und man hin und wieder Sachen erleben kann, die man sonst in aller Öffentlichkeit nicht sieht.“
    Sie kichert einen Moment lang.
    „Und wenn dann der Ude kommt, flippen die völlig aus. Ihren Bürgermeister himmeln sie an. Ich hab einmal erlebt, als der kam und eine kleine Ansprache hielt, da fingen sie an zu schreien: ,Ute! Ute!’ Seither hat der seinen Spitznamen unter Schwulen weg. Jo mei, des is scho lustig.“

    Berlin
    Die Schlampe unter den deutschen Großstädten
    Die zersplitterte Stadt: Warum man in Berlin beheimatet
und doch ein Fremder bleiben kann
    Wie lebenswert ist eigentlich Berlin? In den Städte-Rankings von Hochglanzmagazinen rangiert die deutsche Hauptstadt regelmäßig weit abgeschlagen auf einem der hintersten Plätze, irgendwo bei Rang 285, also ungefähr zwischen Duisburg und Eisenhüttenstadt.
    Wie aber kann das sein? Wo doch keine andere Stadt tagtäglich so viele Veranstaltungen in ihrem Kulturkalender auflistet, nirgendwo sonst so viele Kneipen, Konzerte, Lokale, Museen, Theater und Kinos mit einer so vielfältigen Programmauswahl zum Ausgehen verführen? Und wo doch das Umland so dünn besiedelt und mit so viel Grün und Seen gesegnet ist, wie man das um kein anderes Ballungsgebiet herum noch findet?
    Ganz einfach: Die Stadt hat ein lausiges Image.
    Ihre Einwohner haben von „Schick und Eleganz“ keinen blassen Schimmer, wie Theodor Fontane schon im 19. Jahrhundert murrte. In Berlin gilt Trash mehr als Glamour.
    Berliner sind vergnügungssüchtig, respektlos, vorlaut und nie ausgeschlafen, wenn sie morgens verkatert und mürrisch bei der Arbeit eintrudeln – sofern sie überhaupt arbeiten. Von Religion halten sie gar nichts, schon gleich gar nicht, wenn damit eine Einschränkung von Sexleben und Alkoholkonsum verbunden ist.
    Alles nur Klischees? Wer hier auch nur kurze Zeit gelebt hat, bekommt schnell mit, dass diese gar nicht so weit hergeholt sind: Berlin, das ist die Schlampe unter Deutschlands Großstädten. Ein Ort, um den man als Kontroll-Freak lieber einen weiten Bogen macht. An dem nichts verloren hat, wer in seinem Berufsleben eine steile Karriere hinlegen will.
    Genau das ist der Grund für das schlechte Abschneiden Berlins in den Statistiken, in denen Kreativität, Multikultur und die etwas bescheideneren Freuden des Lebens nicht berücksichtigt werden, sondern wirtschaftliche Dynamik, Pro-Kopf-Verschuldung, Zahl der Sozialhilfeempfänger, Kaufkraft, Aufstiegschancen – alles Faktoren, bei denen es hier miserabel aussieht. Ganz zu schweigen von der Masse an Jogginghosenträgern auf den Straßen, die vor allem von Besuchern aus westlicheren Gefilden mit großem Missfallen beäugt werden. In den Augen des elitären Bürgertums hat Berlin wahrlich schlechte Karten.
    Mit Bildern, die eine heile, pittoreske Welt vermitteln, kommt man hier kaum in Berührung. Fußgängerzonen mit Blumenkübeln, schnuckelige Einfamilienhäuschen und engagierte Bürger, die sich für ihre Nachbarschaft mit Stolz und Fleiß engagieren – das zählt in Berlin zu den

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