Grenzgaenger
mit den nicht verwischten Spuren, meine ich. So etwas ist typisch für Frauen- und Kindermörder.»
«Das ist doch Quark, Walter», entgegnete van Appeldorn ungehalten. «Wir haben wohl eindeutig eine Frau und einen Mann als Opfer. Das einzige verbindende Element ist, dass sie beide in der gleichen Band Musik gemacht haben.»
«Vielleicht ist es ja jemand, der was gegen Musiker hat.» Dr. Stein lachte leise. «Nein, aber im Ernst: Wie wollen Sie jetzt weiter verfahren?»
«Wir werden bei den anderen Band-Mitgliedern weitermachen und herausfinden, ob José Bruikelaer und Jochen Reuter nicht doch noch auf einer anderen Ebene miteinander zu tun hatten.»
«Wie sieht es denn so mit den Alibis der Leute aus, die Sie bis jetzt befragt haben?», wollte Stein wissen.
«Die scheinen alle eins zu haben», antwortete Breitenegger. «Jedenfalls für den Reuter-Mord. Ich werde sie gleich morgen früh überprüfen.»
Astrid stand plötzlich auf und schaltete das Licht an. Sie schauderte. «Mir ist das alles irgendwie unheimlich. Wenn es diesem Täter egal ist, ob er erwischt wird … Vielleicht macht er weiter. Und wir wissen nicht einmal, warum er die Leute umbringt. Gruselig.»
Keiner sagte etwas.
Breitenegger stopfte seine Pfeife neu und zündete sie an. Dr. Stein sah auf seine Uhr.
«Mir geht da die ganze Zeit etwas durch den Kopf», sagte van Appeldorn plötzlich. «Wenn der Typ nicht noch einmal zugeschlagen hätte, ständen wir jetzt ganz schön auf dem Schlauch. Im Fall Bruikelaer haben wir uns so ziemlich totgelaufen. Aber bei Reuter gibt es noch eine Menge Punkte, bei denen man einhaken kann.»
«Du meinst, wir sollten jetzt alle am Fall Reuter arbeiten?» Toppe hatte verstanden, worauf van Appeldorn hinauswollte.
«Ja, jedenfalls so lange, bis wir da ein klares Bild haben. Da es sich ja doch äußerst wahrscheinlich um denselben Täter handelt … Ich würde eigentlich gern jetzt gleich versuchen, die Liste der Fetengäste zu komplettieren.»
«Heute Abend noch?»
«Ja, würde ich meinen. Jetzt sind vielleicht die Chancen am größten, die Leute zu erwischen.»
«Ich bin dabei», sagte Heinrichs aufgeräumt. «Meine Frau ist heute Abend sowieso auf einem Elterntreff.»
Sie entwarfen noch einen groben Plan für den nächsten Tag und trennten sich dann.
Toppe machte für heute Feierabend, aber ein paar Fragen ließen ihn nicht los: Wo war das verbindende Element zwischen den Taten? Was war in dieser Bigband los, dass in deren Reihen zwei Morde passierten?
Erst als er auf den Ring einbog, merkte er, dass sein Wagen widerspruchslos angesprungen war. Er hatte völlig vergessen, die Werkstatt anzurufen.
Als er die Haustür öffnete, umfing ihn sofort gemütliche Wärme.
Arend stand am Herd und briet das Fleisch, zwischendurch nippte er an einem Glas Rotwein, das auf der Anrichte stand. Sofia hackte am Tisch einen großen Bund duftender Kräuter für den Salat, und Gabi zündete gerade die Kerzen am prachtvoll gedeckten Tisch im Esszimmer an.
Das Licht war angenehm, alles war so friedlich, dass er sich vorkam wie ein Eindringling. Arend klopfte ihm auf die Schulter und drückte ihm ein Glas Wein in die Hand. «Na, Sherlock.»
Toppe grinste schief, aber er spürte, wie ein Teil seiner Anspannung langsam von ihm abfiel.
«Schön», sagte er nur, und Gabi lächelte wissend. «Komm, setz dich, die Vorspeise ist schon fertig.»
Es war ein opulentes Mahl, und er genoss jede Minute. Aber trotz allem wurde er das Gefühl nicht ganz los, dass es sich um eine Galgenfrist handelte, eine Henkersmahlzeit gewissermaßen.
Sofia erzählte lebhaft von ihrer bevorstehenden Vernissage in der Galerie Schöning-Dudel.
Sie war eine aparte Frau mit langem schwarzen Haar, das sie meist zu zwei dicken Zöpfen geflochten trug, eine erfolgreiche Malerin, 45 Jahre alt und auf eine selbstverständliche Art unkonventionell.
Sie und Arend lebten seit vielen Jahren zusammen in einem schönen alten Haus in Warbeyen, wo sie ihr Atelier hatte und einen wundervollen Bauerngarten, er seine Bibliothek und seinen Weinkeller.
«Aber ihr beide kommt doch wohl am Samstag? Die Künstlerin wird anwesend sein.» Sofia lachte und nahm Toppe in den Arm.
«Ja, ich hoffe wirklich, es klappt», antwortete er, und er meinte es so. «Ich freue mich schon so lange darauf.»
«Mama!», schallte es plötzlich von oben. Toppe sah auf die Uhr, schon nach elf.
«Christian», stöhnte Gabi und stand auf.
«Wieso schläft der denn noch nicht?»,
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