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Grenzgänger

Grenzgänger

Titel: Grenzgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Behrmann
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machen wollte. Fakt war jedoch, dass sie mir durch den Besuch in diesem Bordell und dem Treffen mit Elandros sehr viel gezeigt hatte.
    Ich ließ die letzte Treppenstufe hinter mir und folgte Elandros einen Gang entlang. Es war nahezu gespenstisch still, kein Laut drang aus dem unteren Stockwerk zu uns herauf. Teppichboden dämpfte meine Schritte – von Elandros und Nastasja war überhaupt nichts zu hören. Ich hatte Schwierigkeiten im Halbdunkel des Ganges zu sehen und musste niesen. Staub lag in der Luft.
    Als Elandros plötzlich vor einem Zimmer zum Stehen kam, versuchte ich rechtzeitig abzubremsen, damit Natasja nicht in mich hinein rannte. Aber ihre Sinne waren besser als meine. Als ich kurz über die Schulter sah, stand die Werwölfin zwei Schritte hinter mir und sah neugierig auf die Tür.
    Elandros schloss auf und ich fand mich in einem Zimmer wieder, das sich nicht großartig von dem unterschied, in dem ich zusammen mit Ian eingesperrt gewesen war. Hier waren die dominierenden Farben durch Grün und Gelb ersetzt worden, aber der Kamin und das breite Bett waren exakt das gleiche Model.
    »Im Bad findest du alles Nötige. Ich hoffe, es fällt zu deiner Zufriedenheit aus. Falls nicht, ruf den Zimmerservice über die Kurzwahl drei.«
    Ich sah auf das Telefon. Ein modernes kabelloses Gerät. Es stand in einer Ladestation direkt auf dem Nachttisch.
    Ich nickte und dankte sowohl dem Vampir, als auch Natasja. Die Werwölfin nickte mir zu und verschwand. Elandros lächelte mir zu, ehe er ihr folgte.
    Als ich endlich allein war, lehnte ihn an der Tür und versuchte tief durchzuatmen. Die Situation war wirklich verworren und ich schloss die Augen, um mich besser konzentrieren zu können. Doch nichts schien mehr ineinander zu passen. Noch vor einer Woche hatte ich mich dem sinnlosen Konsum von Gerichtsshows und gelegentlichen Treffen mit Freunden bei einem überteuertem Cappuccino ergeben. Jetzt musste ich mir Gedanken über die Auswahl meines Blutes machen. Meine Güte, selbst wenn ich mich jemals wieder mit einem von meinen Freunden treffen würde – wie würde es sein? Musste ich eine Bloody Mary als Vorwand bestellen, um dann ein wenig am Selleriestengel zu kauen?! Und was war mit Kreuzen? Knoblauch, Silber? Und Sonnenlicht?! Die Fenster waren in diesem Zimmer groß und wenn die Sonne zur Mittagszeit ihre Strahlen in diesem Raum entfaltete, würde das sicherlich den Feuertod bedeuten! Wieso hatte ich Idiot Elandros nicht danach gefragt? Aber würde er mich einfach so verbrennen lassen? Der gesunde Menschenverstand sagte mir nein, aber ich war nicht sicher.
    Mein Blick wanderte zum Telefon. Ich wollte nicht wie ein kleines Kind nach Hilfe schreien. Deswegen ging ich stattdessen zum Bett und zog mir die Decke über den Kopf. Vielleicht sollte ich mich besser unter das Bett legen? Das würde mich auf jeden Fall besser schützen, als direkt den heißen Sonnenstrahlen ausgesetzt zu sein.
    Ich nahm Bettzeug und Kopfkissen und verfrachtete alles unter das Bettgestell. Dort war es staubig und sobald ich mich hingelegt hatte, spürte ich die Härte des Bodens unter meinem Rücken. Für einen Augenblick versuchte ich es zu ignorieren. Allerdings bohrte sich bei jeder Gewichtsverlagerung der kalte Boden entweder in meine Hüften oder mein Kreuz. Es dauerte Ewigkeiten, bis ich eingeschlafen war. Und kaum war ich eingeschlafen, begann ich zu träumen.
    Ich stand auf einer weiten Ebene und sah viele Männer und Frauen mit Flügeln. Es war kaum einer unter ihnen, der nur ein Flügelpaar trug. Die meisten hatten auf ihrem nackten Rücken mindestens drei von den grotesk großen und weißen Schwingen. Auf ihrer Haut wandten sich Linien und Muster.
    Sie alle hatten ihren Rücken einem einzelnen Mann zugewandt, der flehend die Hände erhob. Aber sie sahen seine Geste nicht und selbst wenn – ich war mir sicher, dass sie sie ebenso missachtet hätten.
    Ich bedauerte ihn und ging näher, um sein Gesicht zu erkennen. Es war Samhiel. Auf seinen Wangen glänzten Tränen, aber weder seine leisen Bitten, noch die flehend erhobenen Hände konnten die Engel erweichen. Hartnäckig hielten sie Samhiel die Rücken zugekehrt und taten, als würden sie ihn nicht wahrnehmen. Aber ich wusste, dass sie logen. Manchmal, bei einem besonders herzzerreißendem Flehen Samhiels, zuckte eine Flügelspitze oder einer der Engel bewegte sich, um sich doch umzudrehen. Aber immer gab es einen letzten Impuls, der sie zurückhielt. Ihre Köpfe sahen weiter starr

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