Grenzgang
zeigst.«
In einer idealen Welt wäre jetzt der Moment, da sie den Akt selbst hinter sich haben und in stiller Umarmung das Danach-Gefühl auf der Haut genießen, das ein gelungenes Davor ihnen bereitet hat. Kerstin Werner ohne Slip ist wieder nicht ganz die, für die er sie gehalten hat, und ob sie wirklich will, was sie tut, weiß er auch nicht. Aber um das herauszufinden, muss er sie beim Wort und an der Hand nehmen, raus aus der Küche.
Das Schlafzimmer empfängt ihn dunkel und mit der Frage nach Verhütung. Es gibt Kondome – im Bad. Außerdem gibt es die Möglichkeit, das ihre Sorge sein zu lassen. Sie wird wissen, was sie tut, und er lässt ihre Hand los, um die drei Schritte bis zur Nachttischlampe zu gehen.
»Vielleicht lassen wir die erst mal aus«, sagt sie.
»Wie Sie möchten.«
»… Kerstin, bitte.« Es ist ihr Tonfall, der ihn veranlasst, die drei Schritte wieder zurückzugehen und aus ihrem Schatten in der Tür einen gemeinsamen zu machen. Mond- und Laternenlicht fallen durch die transparenten Vorhänge ins Zimmer. Beinahe gefällt ihm die Umarmung jetzt besser, da er seine Erektion gegen ihren Schoß drücken fühlt, als wäre das überhaupt nicht wichtig. Seine Hände finden den Reißverschluss ihres Kleides und folgen ihm bis dahin, wo ein Knopf den Zipper versteckt. Das Bett ist nicht gemacht und nicht zerwühlt, halb aufgeschlagen. Mit einer Hand hält sie sich die Haare nach oben, damit sie sich nicht im Reißverschluss verfangen. Ein singender,abwärtsfahrender Ton. Warme Haut und eine Andeutung von Feuchtigkeit auf ihrem Rückgrat.
Das Zimmer ist entrückt in seiner Dunkelheit und dem pergamentbleichen Licht von draußen. Ein Luftzug aus dem Flur streift über ihren entblößten Rücken. Dann das sanfte Geräusch von Stoff auf Haut. Ihr nackter Po. Das ist der Moment: Keine Geheimnisse mehr, und etwas an ihrer Nacktheit entzückt sie beide auf dieselbe Weise. Sie spürt, wie sein Griff sich verändert und die Art, wie ihr Fleisch sich anfühlt unter seinen Händen: Die wohltuende Unruhe von Körpern, die nicht mehr stillhalten wollen.
So leicht wie das Kleid von ihr fällt sein Hemd von ihm ab. Ab jetzt sind keine Befehle mehr erforderlich, sie kann nicht mehr anders als nach seinem Gürtel greifen und dann nach dem, was ihr entgegenschnellt aus seiner Hose. Mit den Füßen streifen sie sich die letzten Fesseln ab. Ein kurzes Innehalten – dann hat er den BH-Verschluss geknackt und sie ihren Beschluss von vorher bekräftigt: Wird schon nicht, und das Datum verlangt auch nicht nach besonderen Vorkehrungen. Leichtsinn ist vielleicht nicht das Gebot der Stunde, aber was es zu verhüten gilt, ist vor allem eine Unterbrechung dieser gerade aufblühenden Sicherheit, das Richtige zu tun. In kleinen Schritten nähern sie sich der Bettkante, und in großen Schüben breitet sich die Lust in ihr aus. Eng umschlungen fallen sie in die Waagerechte.
Sie ist schlanker, als er dachte. Jünger und mit einer elastischen Kraft ausgestattet, die seine Erregung durch die Andeutung von Widerstand steigert. Etwas sanft Wildes, ein Besitzenwollen, das sie im Zurücksinken die obere Position behaupten lässt. Was er mag. Instinktiv … nein, bewusst sparen seine Lippen und Hände ihre Brüste aus, vorerst. Er liebt den fraulichen Schwung, mit dem ihre Taille in die Hüfte übergeht, ihr Kauern auf ihm, das Gewicht ihres Körpers. Haare im Gesicht und bissige Küsse. Das Beobachten kann er nicht sein lassen, aber es wird jetzt zu einem Teil des Genusses – das Wissen, dass sie alles Spiel hintersich gelassen hat in der selbstvergessenen Konzentration ihrer Lust.
Gerne würde sie Worte unter ihre Küsse mischen und ihm sagen, wie sehr sein männliches Laisser-faire genau das ist, was sie will. Wie er ihren Rhythmus annimmt und mit Armen unterstützt, die ihr stärker vorkommen als vorher. Aber dann sagt sie nichts, sondern richtet sich auf ihm auf, und mit einer Geste, für die sie sich selbst bewundert, greift sie hinter ihren Rücken, hebt ihr Becken und navigiert ihn in sich hinein. Überrascht von dem Laut, der ihrer Kehle entfährt und der Mühelosigkeit ihres Tuns, mit einem Schwindel aus Freiheit und Glück. Einem Schwanz in ihrem Schoß.
Wie eine Blinde tastet sie mit beiden Händen nach seinen, und während er langsam ihren Bewegungen antwortet, beobachtet er die fast andächtige Gefasstheit ihres Gesichts. Geschlossene Augen, der Doppelstrich ihrer Lippen. Fest verschränken sich ihre Finger mit
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