Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)
endet, wenn das Mündel sein entsprechendes Alter erreicht«, beendete Laurel den Satz des Hauptmanns. Er sah aus, als hätte er gerade eine Brieftaube verspeist. »Oder auf andere Art unter Beweis stellt, dass er keinen Meister benötigt. Was Lord Hase tun wird, wenn der Hohe Rat zusammentritt. Sehr gut, Ehrenwerter Hauptmann. Ganz ausgezeichnet.«
»Wie schön, dass wenigstens einer begeistert ist«, murrte ich. Ich trat ans Fenster und blickte in die Nacht hinaus.
»Sirs, habt Ihr die Lady gesehen, die zur Rechten des Fyrst saß?«, erkundigte sich Groskin.
»Seine Gemahlin, Ihre Gnaden Molyu«, meinte Laurel, der ein Ohr zu der geschlossenen Tür drehte. Ich fragte mich, wer wohl draußen stand und lauschte.
»Ja, Botschafter. Aber die Augen Ihrer Gnaden waren golden!«
»Auch wenn dies nicht so vorherrschend ist wie schwarze Augen«, erwiderte Laurel, »ist diese Augenfarbe unter Dunkelelfen keineswegs ungewöhnlich.«
»Oh.« Groskins Miene veränderte sich, als ihm dämmerte, was das über König Jusson aussagte. Dann zuckte sein Blick zu Falkin. In der Spiegelung des Fensters wirkte der Leutnant noch viel mehr wie ein nördlicher Elf. Was fehlte, waren nur die Kriegerzöpfe, die sein Gesicht umrahmten.
»Wir alle haben uns verändert.« Ich richtete meinen Blick auf den zunehmenden Mond, der sich hell vom dunklen Himmel abhob. »Und nichts ist so, wie es scheint.« Ich sehnte mich nach meiner alten Pritsche in der Kaserne von Freston zurück, weit weg von der nüchternen Pracht im Burgfried des Fyrst.
»Der Fyrst wird nicht zulassen, dass Euch etwas geschieht, Hase«, behauptete Laurel, dessen Spiegelbild neben meinem im Fenster auftauchte. »Ebenso wenig wie der Zauberer. Es ist eine Frage der Ehre, vor allem, da Ihr aus der Obhut des Magus befreit wurdet, wegen seines, hrmm, achtlosen Umgangs mit dem Botenvogel. Sie werden schwerlich zugeben wollen, einen größeren Verstoß begangen zu haben, indem sie ihr Patenkind missbrauchten.«
Ich zuckte mit den Schultern, mehr aus Resignation denn aus dem Wunsch zu widersprechen. Im Großen und Ganzen hatte der Faena recht. Da der Zauberer zum Königshof gehörte, hatte der Fyrst mich letztlich zu seinem Verwandten erklärt, mit all dem Schutz, auf den ein Familienmitglied ein Recht hatte. Natürlich bedeutete das auch, dass ich den Regeln dieses Hofes unterworfen war, und in mir regte sich ein gewisses morbides Interesse, wie sich das wohl darstellen würde.
Die nächsten Tage verstrichen wie im Fluge. Die Botschaftsangehörigen von Iversterre schlugen in unserem kleinen Gemeinschaftssaal eine Art improvisiertes Lager auf. Es besuchte uns zwar keiner der Elfeneorls, dafür jedoch gaben sich etliche hochrangige Schreiber und Hofbeamte die Klinke in die Hand. Einige, weil sie tatsächlich etwas zu erledigen hatten, andere dagegen, weil sie sich überzeugen wollten, dass wir nicht unsere Namen oder andere Obszönitäten in die Mauern des Frieds gemeißelt hatten. Kanzlerin Berle wurde zwei Tage später in der Frühe zu einer privaten Audienz zum Fyrst bestellt, ohne Lord Esclaur. Sie blieb ein paar Stunden weg, und als sie wiederkam, hatte sie ihre undurchdringliche Miene aufgesetzt. Als Hauptmann Javes sie fragte, murmelte sie, es wäre ein typisches erstes Treffen gewesen. Aber mir fiel auf, dass sie gelegentlich ins Leere starrte und eine Furche zwischen ihren Brauen erschien. Dennoch, der Fyrst schien Kanzlerin Berle erneut zu sich gebeten zu haben, denn sie verschwand ein paar Tage später wieder, diesmal eskortiert von Eorl Pellan. Ich sah ihnen nach und hoffte, dass die Kanzlerin nichts tat oder sagte, was die Ehre des Kommandeurs oder seinen Sinn fürs Protokoll verletzte. Beide Punkte waren für Elfen höchst heikle Bereiche.
Aber ich hatte nicht viel Zeit, über die Angelegenheiten der Kanzlerin nachzugrübeln, weil meine Tage wie in einem Wirbelwind verstrichen und sich nur gelegentliche Oasen der Ruhe fanden. Zum Beispiel ein Abend allein mit Onkel Havram. Er erzählte von seiner Kindheit mit meinem Pa, von den Morgengebeten mit Doyen Allwyn, wie er mit Groskin und Jeffen zu der Kaserne geschlichen war, um etwas Zeit mit den Kameraden zu verbringen, und über die Mahlzeiten. Denn seit wir in der ersten Nacht allen präsentiert worden waren, nahmen wir unsere Mahlzeiten im Gemeinschaftsraum ein, alle bis auf Hauptmann Suiden. Vielmehr Prinz Suiden, der offenbar an einer sehr hohen Stelle in der Thronfolge des Amir von Tural gestanden hatte. Was
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