Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)
außerdem zuckten auch noch kleine Blitze vor meinen Augen.
»Sir«, sagte Slevoic. »Wir wissen nicht einmal, ob Hases Krankheit echt ist. Außer ihm ist niemand krank geworden.«
»Ist das der Grund, warum Sie sich mit ihm prügeln wollten, Leutnant? Mit einem brennenden Stumpen in der Hand?«
»Sir …«
»Oder ihn jedes Mal, wenn ich hinsehe, als Auswurf, Missgeburt oder beides bezeichnen?«
»Nein, ich …«
»Hören Sie gut zu, Slevoic, denn ich sage das nur einmal. Was Sie ihm vorwerfen, mag zutreffen …«
Das Rauschen des Windes wurde stärker und drohte mich zu zerreißen. Laurels Griff um mich verstärkte sich, als ich schwankte.
»… oder auch nicht. Es ist eine bloße Spekulation. Es gibt keinerlei Beweise, dass Hase seinen Treueeid gebrochen hat.«
»Aber Sir …«
»Nicht die geringsten, Leutnant. Ich weiß allerdings, dass Sie Ihr Bestes getan haben, um Unfrieden zu stiften. Ihretwegen murren die Männer, stehen tuschelnd in den Ecken herum, bilden Fraktionen und werden sogar zu Ungehorsam und Heimlichkeiten ermuntert.« Suidens Blick richtete sich auf Ryson. »Was auch immer Hase sein mag, er hat niemals die Moral der Truppe unterminiert oder gar meine Autorität.«
Slevoics Miene war vollkommen ausdruckslos. »Sir …«
»Der Lordkommandeur ist sich sehr genau bewusst, wer Hase ist, und er weiß auch von seinen Beziehungen zu den Grenzlanden.« Suiden sah Slevoic wieder an. »Er selbst hat seine Aufnahme in die Königliche Armee befürwortet, er selbst hat ihn in Freston stationiert, und der Lordkommandeur höchstselbst hat seine Ernennung zum Verbindungsoffizier des Botschafters angeordnet. Wollen Sie den Lordkommandeur als einen Narren titulieren, Leutnant?«
»Nein, Sir.«
»Sehr weise von Ihnen, Leutnant, wirklich sehr weise.« Suiden wartete, bis er Slevoics volle Aufmerksamkeit hatte. »Sie werden hiermit in Ihrem Quartier unter Arrest gestellt, bis sie vor ein Militärgericht gestellt werden. Die Anklage lautet Angriff auf einen Offizierskameraden mit der Absicht, ihm schweren körperlichen Schaden zuzufügen …«
»Sir!« Slevoic riss fassungslos die Augen auf, als ihm dämmerte, dass er verantwortlich gemacht wurde.
»Der brennende Stumpen, Slevoic«, meinte Suiden.
»Ich hatte ihn vollkommen vergessen, Sir!«
»Und Sie wollen ein erfahrener Soldat sein«, warf Javes ein.
»Es ist schwer, eine Faust zu ballen und nicht zu merken, dass sich darin ein glimmender Stumpen befindet, Leutnant«, gab Suiden zurück. »Ich werde außerdem einen ausführlichen Bericht an den Lordkommandeur schicken, der Ihr Verhalten …«
Die Krämpfe, das Hämmern in meinem Kopf und die Lichtblitze verstärkten sich, und meine Beine gaben nach. Ich rutschte durch Laurels Arme und zwang ihn zu einer schnellen Reaktion, mit der er verhinderte, dass mein Kopf auf den Boden aufschlug. Ich hörte dumpfe, hallende Ausrufe und Befehle, als würden sie vom Grund einer tiefen Zisterne kommen. Der Flur kippte, und dann fühlte ich mein Bettzeug unter meinem Kopf. Als ich die Augen öffnete und versuchte, mich zu konzentrieren, beugte sich Laurel über mich. Suiden blickte über seine Schulter. Aber ihre Gesichter verschwammen. Etwas strich über meine Lippen, und der Geruch von Minze stieg mir in die Nase. Das war mein einziger Körperteil, der noch zu funktionieren schien. Ich drehte den Kopf weg, und eine Woge von Übelkeit überrollte mich.
»Seid nicht dumm«, sagte Laurel. Er hielt mir die Mentha-Blätter erneut an die Lippen.
Ich versuchte, sie wegzuschieben, aber Laurel hielt meine Hand immer noch fest.
»Eigensinniger Trottel! Es abzustreiten wird dem kein Ende setzen! Nehmt sie!«
Ich öffnete den Mund zu einem klaren »Nein«, und im gleichen Moment stopfte Laurel die Blätter hinein und drückte mir mit der Tatze den Mund zu. Ich wollte sie ausspucken, als meine Sehkraft erneut nachließ.
»Hase, Ihre Augen sind rot, als würden die Blutgefäße gleich platzen!«, hörte ich Suidens Stimme. »Sie könnten blind werden oder sterben. Haben Sie das Bedürfnis nach einem von beiden?«
Na ja, nein, nicht wirklich, jedenfalls. Ich zögerte und gab nach. Ich zerkaute die Blätter, und der Geschmack von Minze explodierte in meinem Mund. Ich schluckte, einmal, zweimal und wartete.
»Hier.« Ich erlaubte Laurel, mir noch mehr Blätter in den Mund zu schieben, die ich auch zerkaute. Das Pochen in meinem Kopf ließ nach, und mein Magen beruhigte sich langsam. »Eigensinniger, störrischer
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