Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)
Schultern. »Seine Eltern nicht. Sie wurden hier in Iversterre geboren. Dennoch hat einer ihrer Söhne so viel Talent geerbt, dass er, wenn es sich zu voller Blüte entwickelt hat, die Welt erschüttern kann.« Er lächelte erneut kurz. »Zumindest jedoch diese Stadt. Falls Lord Hase jedoch sein Talent nicht kontrollieren kann, wird es ihn beherrschen. Der größte Teil der Ausbildung eines Zauberlehrlings besteht darin, die Meisterschaft über seine Gabe zu erlangen.«
Laurel streckte die Tatze aus und nahm meine Hand aus meinem Schoß. Ich ließ ihn gewähren. »In seiner Unerfahrenheit hätte Lord Hase Leutnant Slevoic beinahe umgebracht. Kein großer Verlust, mag sein, aber einer, den Eure Vorgesetzten gewiss missbilligend zur Kenntnis genommen hätten.« Er fuhr sanft mit seiner Tatze über meine Handfläche. »Diese Rune wird ihm helfen, die Kontrolle über seine Gabe zu behalten, bis er ordentlich ausgebildet werden kann.«
Bei der Vorstellung, gezwungen zu werden, zu Magus Kareste zurückzukehren, schauderte es mich, und ich fühlte das Gewicht der Blicke von Suiden und Laurel auf mir. Laurels Griff um meine Hand verstärkte sich. »Hase …«
»Was bedeutet die Rune?«, unterbrach Javes den Faena.
Der Botschafter drehte sich zu dem Hauptmann um. »Wahrheit.«
Javes erhob sich aus dem Stuhl und baute sich neben mir auf. »Sehen Sie mich an, Leutnant.«
Ich hob den Kopf.
»Diese Faena-Raubkatze behauptet, dass ich allein durch Speisen, Getränke und Atmen genug Feenstaub zu mir genommen habe, um selbst ein Fae zu werden.«
Ich nickte. »Jawohl, Sir.«
Javes breitete die Arme aus und blickte an sich hinab. »Aber ich scheine trotzdem noch dieselbe Person zu sein, die meine Mutter vor all den Jahren zur Welt gebracht hat.« Er hob den Kopf, und ich beobachtete, wie seine braunen Augen zu den gelben eines Wolfs wurden. »Es gibt weder an mir noch an Suiden und Groskin etwas Magisches, soweit ich sehen kann.«
»Sagt ihm, was Ihr seht, Hase«, bat Laurel.
»He, Moment mal …«, begann Groskin.
»Einen Drachenprinzen, einen Wolf und einen Panther«, erwiderte ich.
»… ich bin ein Mensch und nichts anderes …«, Groskin unterbrach sich. »Wer … wer ist der Panther?«
»Das sind Sie.«
»Also gut, wir wissen, wer der Drachenprinz ist, also bleibt für mich der Wolf.« Die gelben Augen funkelten mich an, als Javes’ Schnauze sich zu einem wölfischen Grinsen öffnete, während seine Zunge heraushing. »Aber soweit wir wissen, könnten diese Visionen auch von den Blättern stammen, die Ihr Hase in den Rachen gestopft habt, Botschafter. Ich habe von Pilzen gehört, die ebenfalls eine solche Wirkung haben sollen.«
Ich sah Suiden an. »Sein Haar ist in Zöpfen fast bis zur Taille geflochten. In einem Ohr trägt er drei goldene Ringe und einen Smaragdknopf im anderen. Die Clanzeichnungen auf seinem Gesicht sind blau eintätowiert, auf seinem linken Arm befindet sich die Tätowierung eines Delfins, über dem goldenen Armband an seinem Handgelenk, das mit Saphiren und Smaragden besetzt ist. Er trägt eine grünblaue Seidentunika mit kurzen Ärmeln und eine schwarze Hose, die unmittelbar unter seinem Knie endet. Er hat zwei Schwerter umgegürtet, ein Langschwert auf dem Rücken und einen Säbel an der Hüfte. Und er trägt zwei Dolche in seiner Schärpe.« Ich senkte den Blick. »Außerdem geht er barfuß.«
Diesmal herrschte atemloses Schweigen. Suiden fuhr sich mit der Hand über das kurzgeschorene Haar, bevor er sein nacktes Ohr berührte und anschließend über den Ärmel seines einfachen Hemdes strich. »Und der Drache?«, fragte er nach einem Augenblick.
»Schwarz. Riesig. Größer als alle, die ich je gesehen habe.« Ich verzog spöttisch die Lippen. »Und er trinkt seinen Tee aus der entzückendsten Tasse, die ich je zu Gesicht bekommen habe.«
Laurel zog die Brauen zusammen. »Teetasse? Kein Feuer oder Rauch?«
»Doch, das auch.« Ich starrte einen Moment länger hin. »Eine ganze Menge davon.«
Zum ersten Mal wirkte Laurel eine Spur nervös. Dann fuhr er mit der Tatze durch die Luft. »Hase besitzt die Fähigkeit, Übersinnliches wahrzunehmen. Hinter die Fassade, das Augenfällige zu blicken, das zu erkennen, was wirklich da ist. Es ist kein Lotusblüten-Traum.«
Javes starrte Suiden fasziniert an. »Warum können wir es dann nicht sehen?«
Laurel zuckte mit den Schultern. »Vielleicht hat sich die letzte Katalyse noch nicht vollzogen, welche die Verwandlung vervollständigt. Oder der
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