Grenzlande 2: Die Königstreuen (German Edition)
schimmernd grüne Erdenlinie und dachte an das Feuer der Schlacht – brennende Gräben und Pfeile. Flammen zuckten aus meinen Fingerspitzen und liefen an den Erdlinien entlang, bis auch sie den Stein umhüllten und weiß glühend in dem dämmrigen Raum leuchteten. Als ich fertig war, senkte ich den Kopf und sprach, trotz meiner Prellungen, Arlis’ Flöhen und Jeffs blauem Auge ein kurzes Gebet für Mencks Seele. Die anderen senkten ebenfalls ihre Köpfe, selbst Laurel und sogar Ranulf.
»Wohlan denn«, sagte Chadde, die sich bei meinem ›Sic‹ bekreuzigte. Sie führte uns aus dem Totenhaus, nahm Ranulf die Laterne ab und hängte sie und ihre eigene an zwei Haken rechts und links neben der Eingangstür, die sie anschließend zuzog und abschloss. Den Schlüssel steckte sie ein. Angesichts der eisernen Bänder, die in das dicke Holz der Tür eingelassen waren, und der eisernen Gitter vor den hohen, schmalen Fenstern war das Totenhaus fast ebenso sicher wie die Schatzkammer des Königs. Die Nordleute nahmen ihren Tod sehr wichtig. Und da die Laternen an der Tür brannten, würden sie schon bald wissen, dass jemand gestorben war und ihre Familien und Freunde schicken, um nachzusehen, ob es einer von ihnen war.
Die anderen warteten wieder, während Laurel und ich Schutzzauber wirkten, diesmal an Türen und Fenstern. Ranulf beobachtete uns stirnrunzelnd, und bei Beollan hatte ich den Eindruck, er könne die Linien sehen. Chadde und Thadro verfolgten unser Tun ebenfalls, aber ihre Mienen verrieten nichts. Jeff behielt derweil den Hof im Auge. Seine Miene war skeptisch.
»Wird das Diebe fernhalten, Meister Laurel?«, erkundigte sich Beollan, als wir fertig waren.
Laurel schüttelte den Kopf, dass seine Perlen klickten. »Nein. Diese Zauber können nichts Körperliches aufhalten. Dafür haben wir dicke Türen, Schlösser und Eisenstangen. Kommt jedoch etwas, das nicht körperlich ist, wird der Zauber es vielleicht behindern.«
Nach dieser ermutigenden Bemerkung folgten wir Chadde aus dem kleinen Hof. Sie führte uns eilig durch eine schmale Straße auf den Stadtplatz. Dort, zwischen den geborstenen Steinen, die von dem Aufruhr am Nachmittag übrig geblieben waren, blieb sie stehen. »Hier trennen sich unsere Wege, Mylords und Sirs …«
»Warten Sie einen Moment!«, setzte Lord Ranulf an.
»Nicht jetzt, Ranulf.« Thadros Stimme war sehr leise. »Und ganz sicher nicht hier.«
Verdammt richtig, dachte ich. Mich beschlich das Gefühl, beobachtet zu werden, und ich musterte mit Jeff unsere Umgebung. Einen Moment glaubte ich, im dämmrigen Licht der Laternen auf der anderen Seite des Platzes einen roten Blitz zu erkennen. Ich sah genauer hin, starrte angestrengt auf die Stelle. Aber wenn dort etwas oder jemand gewesen sein sollte, war es oder er wieder in die Schatten abgetaucht.
Lord Ranulf presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen, als er den Lordkommandeur böse musterte, aber er sagte nichts.
»Kein Grund, mürrisch zu sein, Ranulf«, meinte Beollan leichthin. »Ich bin sicher, dass die Friedenshüterin uns über ihre Ergebnisse auf dem Laufenden hält.«
Ich versuchte, mir mein Erstaunen nicht anmerken zu lassen, als der Lord von Fellmark seine Hand unter Ranulfs Arm schob. Während des Dinners beim König schienen sie nicht so vertraut miteinander gewesen zu sein. Jeff und ich warfen uns einen kurzen Blick zu.
Ranulf rieb sich das Gesicht, und seine Schultern entspannten sich. »Ja, sicher. Ich werde warten.«
»Ich würde auch sagen, hier ist nicht der geeignete Ort, ehrenwerte Leute«, bemerkte Laurel, der ebenfalls sehr leise sprach. »Ich würde sogar vorschlagen, dass wir über das, was wir gesehen haben, Stillschweigen bewahren, bis die Verantwortlichen gefasst sind.« Sechs Augenpaare richteten sich auf ihn. »Natürlich meine ich damit nicht, dass Ihr es Eurem König nicht sagen sollt«, setzte er höflich hinzu.
»Das wäre vermutlich sehr klug, Meister Katze«, antwortete Beollan unter beifälligem Nicken von uns anderen.
»Wir haben hier ein recht verzwicktes Problem, Mylords und Sirs«, sagte Chadde in ganz normalem Tonfall. Ihre Stimme schien bis in die Ecken des Platzes zu tragen. »Wenn man bedenkt, wie lang die Liste von Mencks Feinden ist. Aber sollten wir denjenigen finden, der seine Börse hat, dann werden wir gewiss auch seines Mörders habhaft.« Die Friedenshüterin sah den Faena fragend an. »Seid Ihr in der Lage, mich zum Kupferschwein zu begleiten, Meister
Weitere Kostenlose Bücher