Grenzlande 2: Die Königstreuen (German Edition)
ab und betrachtete stirnrunzelnd die Fassade der Kirche. »Wie er selbst sagte, lebt Dyfrig seit über acht Jahrzehnten in Freston und war fast sieben Jahrzehnte lang ein Angehöriger der Kirche. Er kennt Gawell und Ednoth schon sein Leben lang. Er hat ihre Geburt erlebt, hat sie getauft und im Katechismus unterwiesen, hat ihre Ehen geschlossen, ihre Kinder getauft und unterwiesen und vielleicht sogar deren Kinder. Er könnte sogar mit ihnen verwandt sein. Selbst wenn er nichts damit zu tun hatte, muss er doch davon gewusst haben, zumindest von Mencks Aktivitäten; aber er hat nicht das Geringste dagegen unternommen.«
Ich sah zu Bürgermeister Gawell und Meister Ednoth hinüber, die durch die Königliche Garde von uns getrennt waren. Die beiden Schreiber waren mit der Kiste in die Kirche geschickt worden, aber der Doyen hatte sich zum Bürgermeister und zum Vorsitzenden der Kaufmannsgilde gesellt. Dyfrigs Miene war streng, als er den beiden zuhörte. Der Bürgermeister unterstrich seine Worte mit weit ausholenden Gesten.
»Ich weiß nicht, ob es Arroganz oder Ignoranz ist«, meinte Jusson, der die drei ebenfalls beobachtete. »Dass sie miteinander reden, bevor ich mit ihnen spreche, wo ich doch dieses Gespräch angekündigt habe. Und das auch noch vor meiner Nase.«
»Ein bisschen von beidem«, meinte Jeff, der neben mir stand. »Dyfrig verkörpert hier die Kirche.« Dann riss er die Augen auf und fuhr zum König herum. »Euer Majestät.«
Wieder erschien das schwache Lächeln auf Jussons Gesicht. »Das wird ein weiteres Thema dieses Gesprächs: Was der Kirche zusteht und was mir.« Er sah Chadde an, die ebenfalls Dyfrig, Gawell und Ednoth beobachtete. »Tun Sie Ihre Pflicht, Friedenshüterin. Nehmen Sie meinen Cousin und seine Wächter mit. Und meinen Lordkommandeur.«
Thadros Gesicht rötete sich. »Sire …«
»Ist das klug, Jusson Ivers Sohn?«, unterbrach Wyln den Lordkommandeur. »Euch selbst jeglichen Schutzes zu berauben? Hase ist ein Ziel, aber vielleicht seid Ihr auch eines. Warum sich mit dem Zauberlehrling begnügen, wenn der König ebenfalls verletzlich ist? Behaltet Euren Eorl-Kommandeur bei Euch, selbst wenn Ihr Euch nur mit den Betrügereien der Ratsältesten beschäftigt.«
Jussons Augen strahlten golden. »Ihr vergesst Euch, Lord Elf.« »Nein, Ihr vergesst, König von Iversterre«, erwiderte Wyln und trat einen Schritt vor, sodass er unmittelbar vor Jusson stand. Die Augen der beiden glühten, das eine Paar golden, das andere lodernd von Flammen, und keiner von beiden blinzelte. »Ihr seid nicht unsterblich, ganz gleich, was Eure Spiegel Euch einflüstern. Geht kein unnötiges Risiko ein.«
Vermutlich war der König das letzte Mal öffentlich gerüffelt worden, als er noch Windeln trug, also machte ich Anstalten, zwischen die beiden zu treten, in der Hoffnung, einen Teil des königlichen Zorns auf mich zu ziehen, bevor er über Wyln hereinbrach und der zurückschoss. Doch ich hatte kaum einen Schritt getan, als Jussons Miene sich veränderte, so wie sie es in dem verlassenen Lagerhaus getan hatte.
»Ich kenne Euch …« Der König schüttelte den Kopf, als wollte er seine Gedanken klären.
»Elfen-Familien«, murmelte Laurel, der gereizt die Ohren anlegte. »Der König ist nicht hilflos, Wyln. Da ist der ehrenwerte Cais. Ihr habt ihn gesehen, als ich Hase berührte .«
Wyln wich einen Fingerbreit zurück. »Cais?«
»Der Haushofmeister des Königs«, erklärte Laurel. »Er stand neben Ivers Sohn.«
»Ah. Ja.« Der Zauberer wirkte wieder wie immer, schwach amüsiert. »Ich habe ihn fürwahr gesehen.«
»Ich …«, setzte Jusson an, hielt jedoch inne und schaute sich auf dem Platz um. Sein Blick blieb schließlich an Friedenshüterin Chadde hängen, die sich alle Mühe gab, so zu tun, als würde sie nicht zuhören. »Wir besprechen das später.« Dann sammelte Jusson seine Königstreuen und die Abteilung aus Freston und verließ den Platz mit langen Schritten. Wir sahen ihm verdutzt nach.
»Das war aber zackig«, meinte Jeff, der zusah, wie die letzten Gardisten den Platz verließen.
Thadro ignorierte Jeff und stürzte sich auf eine lohnendere Beute. »Zuerst im Lagerhaus und jetzt hier!«, fuhr er Wyln an. »Für wen zur pockenverseuchten Hölle haltet Ihr Euch?«
»Sir«, mischte ich mich leise ein. »Er ist der Großonkel des Königs.«
Thadros Kopf fuhr zu mir herum. Seine blaugrauen Augen funkelten vor Ärger. Chadde gab ein ersticktes Keuchen von sich.
»Er ist außerdem ein
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