Grenzlande 3: Das Vermächtnis (German Edition)
einer feierlichen Zeremonie die Stadt an die Interimsregierung übergab. Sie bestand bis zur Ernennung eines neuen Gouverneurs aus Kommandeur Ebner und einigen Angehörigen des niederen Adels. Zwar waren die früheren Stadtbeamten nicht in die Rebellions- und Hexereigeschichten des Bürgermeisters und des Vorsitzenden der Kaufmannschaft verwickelt gewesen, aber sie hatten sich so viel zuschulden kommen lassen, dass Jusson ihnen allen vorschlug, sich aus dem öffentlichen Leben zurückzuziehen. Aus Gesundheitsgründen. Sie hatten zugestimmt. Aus Gesundheitsgründen.
Anschließend wurden die üblichen Reden gehalten, über den Beginn einer neuen Ära des Friedens und Wohlstands, und meine Gedanken schweiften ab. Der Platz wies noch deutliche Spuren der erbitterten Schlacht auf, die wir erst kürzlich hier geschlagen hatten. Viele der Häuser waren vom Feuer beschädigt, die Steine des Platzes waren zertrümmert und bildeten Stolperfallen für die Unachtsamen, und die Kirche … Doyen Dyfrig hatte gemeinsam mit zwei anderen Doyen und einer Schar Kirchenbediensteter aus der Stadt Cosdale die Kirche von innen gereinigt, aber die Fassade sah mitgenommen und rußig aus. Die beiden Flügel des Portals hingen immer noch schief in ihren Angeln. Sie lehnten aneinander und waren mit Haselnuss- und Ebereschenzweigen fixiert, zum Schutz vor allen bösen Einflüssen, die zufällig des Weges kamen.
Und obwohl die schmale Gasse im hellen Morgenlicht vollkommen harmlos wirkte, ertappte ich mich dabei, wie ich immer wieder Blicke dorthin warf, auf diese Straße, die vom Platz zum Totenhaus führte. Dyfrig oder die anderen Kleriker hatten auch dieses kleine steinerne Gebäude gereinigt, aber als ich es zögernd inspizierte hatte, war es mir immer noch ziemlich baufällig vorgekommen. Vermutlich hatte niemand es besonders eilig mit dem Reparieren, weil es sicherlich lange dauern würde, bis die Stadtbewohner es erneut als Stätte für ihre Toten nutzen würden.
Ich zog in der frühmorgendlichen Kühle meinen Umhang fester um mich und sah wieder Jusson an. Trotz seiner Äußerung hatten wir nicht mehr über den Heiratsantrag gesprochen. Ich wusste nicht, ob er das Gespräch absichtlich vermied oder ob es ein Zufall war; während der letzten Tage hatten alle viel zu tun gehabt, einschließlich meiner Person. Mir fiel als Stellvertreter des Lordkommandeurs die Aufgabe zu, die Reise des königlichen Trosses zu organisieren, und ich erstickte förmlich in der Organisation von Gepäckkarren, Dienstplänen und anderen wichtigen Dingen. Aber ich war nicht so beschäftigt, dass ich mir nicht Sorgen gemacht hätte, als Thadro mir unser Reiseziel nannte.
Mearden.
»Ein loyaler Untertan des Reiches hat Seine Majestät in sein Haus eingeladen«, hatte Thadro gesagt. Dabei leuchteten seine blaugrauen Augen hell. »Und natürlich nehmen wir diese Einladung an.«
Da er mein befehlshabender Offizier war, presste ich gehorsam die Lippen zusammen, um die Worte zurückzuhalten, die unbedingt herauswollten. Wyln und Laurel gegenüber war ich nicht so zurückhaltend gewesen. An dem Morgen, an dem der Heiratsantrag überbracht worden war, hatten sie aufmerksam zugehört, als ich ihnen berichtete, was der König über die aufgelöste Verlobung meiner Mutter und die Forderung nach Entschädigung gesagt hatte.
»Interessant«, hatte Laurel gemeint, als ich fertig war.
»Schön, dass Ihr so denkt.« Ich saß immer noch auf dem Bett und zerknitterte meine Uniform. Die Schmetterlinge waren vom Kaminsims auf meine Schultern geflogen, aber zum ersten Mal konnte mich ihr Gewicht nicht mit der Erde verbinden. Andererseits fühlte ich mich seit einer Weile ohnehin mit so gut wie gar nichts verbunden.
»Es ist tatsächlich interessant«, stieß Wyln ins selbe Horn. »Eorl Idwal hätte vielleicht gut genug für Eure Mutter sein können; Ihr als Thronerbe von Jusson Ivers Sohn könnt jedoch nach einer weit vornehmeren Frau suchen.«
»Das ist ebenfalls sehr tröstlich, Ehrenwerter Cyhn «, murmelte ich und blickte zu Jeff und Arlis hinüber, die mit einigem Abstand nebeneinander standen. Arlis’ Miene war ein wenig düster, was ich wohl als eine Verbesserung im Vergleich zu seinem ausdruckslosen Gesicht in den letzten Wochen werten konnte. Ich erwartete jedoch, dass Jeff mir diesen Moment mit seinen spitzen Bemerkungen versüßen würde, aber auch er schwieg und setzte eine undurchdringliche Miene auf.
»Das sollte es auch sein, Zweibaums Sohn«, sagte Wyln und
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