Grenzlande 3: Das Vermächtnis (German Edition)
Gobelin. Er lag im Dunkeln, außerhalb des Lichtkreises, den meine Feuerkugeln warfen. Ich überlegte kurz, ob ich dorthin gehen sollte, entschied mich dann aber dagegen, diesen Hindernisparcours zu riskieren. Als ich mich herumdrehte, um meinen Rücken zu wärmen, befand ich mich Aug in Aug mit einer hellwachen Kevta.
»Hoffentlich habe ich dich nicht geweckt«, sagte ich sehr leise.
»Ganz und gar nicht.« Kveta lächelte. Das Silber und die Knochen ihres Glücksbringers schimmerten im Schein der Flammen orangerot; das Licht leuchtete auf den winzigen Runen, die in die Kettenglieder eingraviert waren. Kveta überlässt das Glück wirklich nicht dem Zufall, dachte ich, und zog die Decke fester um mich.
»Gut«, murmelte ich. Das Feuer fühlte sich wundervoll an und lockerte die Anspannung in meinen Muskeln. Meine Gedanken schweiften ab, zu dem plötzlichen Auftauchen meiner Kugeln, und ich fragte mich, ob das etwas mit meinen wirren Träumen zu tun haben könnte.
»Also, kleines Karnickel, wie ich hörte, sind recht interessante Dinge passiert, als du vorhin mit dem Ehrenwerten Idwal weggegangen bist.«
Ich sah verwirrt auf die Wölfin hinab. Wie mir schon letzte Nacht aufgefallen war, hatte sie uns bei unserer Suche nach Lady Margriet nicht begleitet. Und obwohl Jusson auf dem Rückweg etliche Instruktionen gegeben hatte, war er verstummt, als wir die Gemächer betreten hatten. Er hatte nur ganz allgemein geplaudert, während Bertram und die anderen Bediensteten ihm halfen, sich zum Schlafen auszukleiden. Trotzdem überraschte es mich nicht, dass die Wölfin herausgefunden hatte, was passiert war. Ihr Gehör war so scharf, dass sie selbst leise Stimmen aus großer Entfernung wahrnahm, und ich war mir sicher, dass etliche Leute über die Vorfälle geredet hatten. Vermutlich hatten sie nur darauf geachtet, dass der König, der ebenfalls ein sehr gutes Gehör hatte, nichts mitbekam.
»Ich denke, das könnte man wohl so nennen«, erwiderte ich leise. »Die letzten Tage waren wirklich sehr interessant.« Ich warf einen Blick auf meine schlafenden Leibwächter. Selbst im Schlaf schienen sie sich noch zu streiten; Jeff lag auf der Seite mit dem Gesicht zu mir, während Arlis auf dem Bauch lag und seinen Kopf abgewendet hatte. »Arlis hatte recht«, sagte ich. »Es war ein höllischer Besuch. Was schiefgehen konnte, ist schiefgegangen.«
»Oh, das würde ich nicht sagen«, erwiderte Kveta amüsiert. »Immerhin ist das Dach der Burg noch nicht eingestürzt, und auch der Hafen wurde noch nicht von einem gigantischen Meeresdrachen angegriffen.«
»Warte einfach noch ein Weilchen«, erwiderte ich düster.
Kveta lachte leise und zuckte mit den Ohren. »Wenn man lange genug wartet, werden alle Möglichkeiten irgendwann eintreten.« Sie richtete den klaren Blick ihrer braunen Augen über meine Schultern. »Wenn ich hätte wetten müssen, hätte ich wohl erst zuallerletzt darauf gesetzt, dass deine Aspekte sich manifestieren würden, während du schliefst. Es wäre verständlich, wenn du im Schlaf geredet und sie unabsichtlich beschworen hättest. Aber das hast du nicht. Du hast dich nicht einmal bewegt. Eben noch lagst du friedlich da, und im nächsten Moment warst du vollkommen von deinen Aspekten umringt.«
»Sie neigen dazu, so etwas zu tun, Kveta«, erwiderte ich.
»Nein, das tun sie nicht«, widersprach die Wölfin. »Wie ich früher bereits sagte: Selbst Götter tauchen nicht uneingeladen auf. Jemand hat sie gerufen und sie zu dir geschickt.«
»Aber es ist niemand hier, der sie rufen könnte«, wandte ich ein. »Außer mir selbst.«
»So begriffsstutzig bist du doch sonst nicht, Hase.« Kveta klang ungeduldig.
»Wyln ist nicht hier, und Laurel ist verschwunden«, antwortete ich.
»Glaubst du wirklich, dass sie die einzigen Leute hier sind, welche die Gabe besitzen?«, erkundigte sich Kveta. »Ich kann mindestens einen, wahrscheinlich sogar zwei benennen, die über den Feueraspekt verfügen.«
Ich öffnete den Mund und schloss ihn wieder, während ich erst zu Hauptmann Suiden blickte, der still auf seiner Pritsche lag, und dann zu Jusson, der schlief und von seinen Kisten eingerahmt war. Trotz unserer wenn auch recht leisen Unterhaltung schienen alle hier friedlich zu schlummern; selbst der verletzte Königstreue, der auf einer Pritsche neben Kvetas Strohlager schlief, rührte sich nicht. Ich vergaß das Gespräch über meine uneingeladenen Aspekte und betrachtete besorgt die Leute. War vielleicht die
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