Grenzlande 3: Das Vermächtnis (German Edition)
sich verstohlene und unverhohlen offene Blicke auf Javes richteten. Er ignorierte sie, ließ das Lorgnon sinken und runzelte die Stirn. »Meine Loyalität gehört als Hauptmann der Königlichen Armee Seiner Majestät.«
»Das stimmt«, räumte Kveta ein. »Andererseits kann eine einzige Person durchaus mehrere Positionen gleichzeitig bekleiden. Was das Leben erst interessant macht.« Ihr Blick glitt zu Jusson zurück. »Ich werde Euch meine Beglaubigung übergeben, wann immer es Euch beliebt, Ehrenwerter König.«
Ein leises Grollen lenkte mich von dem Einschlag des Felsbrockens ab, den Kveta eben geworfen hatte. Laurel neben mir starrte die Wölfin an. Seine bernsteinfarbenen Augen hatten sich verengt, und er machte eine Mundbewegung, als hätte er etwas Unerwartetes geschmeckt.
»Ja, gewiss.« Jussons Blick glitt ebenfalls zu dem grollenden Laurel. »Sind Sie und Meister Laurel ebenfalls alte Freunde, Kapitän Kveta?«
Kveta grinste wieder. »Der Faena und ich sind uns in den vergangenen Jahren ein paar Mal über den Weg gelaufen.«
»Mehr als ein paar Mal und auch mehr als nur über den Weg gelaufen.« Laurels Stimme klang eine Spur weniger grollend. Dann blinzelte er, als hätte es ihn überrascht, was er gerade gesagt hatte. Kvetas Grinsen dagegen verstärkte sich noch.
»Nun, wir alle kennen das alte Sprichwort über Hunde und Katzen«, meinte sie.
»Und was sagt das Sprichwort über Wölfe?«, mischte sich Suiden leise ein.
Ich drehte mich überrascht zu meinem ehemaligen Hauptmann herum, ebenso wie Jusson und Thadro. Uns alle hatten nicht nur Suidens Worte verblüfft, sondern vor allem der Tonfall, mit dem er sie geäußert hatte. Bevor einer von uns jedoch etwas sagen konnte, ertönte helles Gelächter, und eine Frau, die hinter Kveta gestanden hatte, schob sich nach vorn.
»Die alten Legenden wissen alles Mögliche über Wölfe zu berichten«, meinte sie. »Und manche sogar Gutes.«
»Das stimmt.« Kveta trat beiseite. »Ehrenwerter König, erlaubt mir, Euch Ihre Hoheit Prinzessin Rajya von Tural vorzustellen. «
War Lady Margriet ein juwelengeschmücktes Vögelchen, war diese Frau eine ganze Vogelschar. Die dunklen Augen über ihren braunen, glatten Wangen waren mandelförmig, das schwarze Haar hatte sie zu einem komplizierten Kranz geflochten, der ihr zartes Gesicht und ihren zierlichen Hals betonte. Sie trug ein langes Brokatgewand aus leuchtend goldenem, smaragdgrünem und saphirblauem Stoff über einer Hose in demselben Blau, die wiederum bis zu ihren goldenen Pantoffeln reichte. Um den Hals trug sie eine Kette aus Gold, Smaragden und Saphiren, und ein schweres Armband aus denselben Edelsteinen umspannte ihr Handgelenk. Ein wechselndes Muster aus Smaragden und Saphiren schmückte die eine Ohrmuschel, während in dem anderen Ohrläppchen drei goldene Kreolen baumelten. Als sie vor dem König stand, vollführte sie eine komplizierte Verbeugung, wobei sie mit Armen und Händen herumfuchtelte und ihren schlanken Leib anmutig bog. Javes neben mir stieß einen leisen Laut aus und sah Suiden an.
»Wirklich ein überraschender Moment der Wiedervereinigung«, sagte sie, als sie sich aufrichtete und Luft holte. »Ich grüße Euch, König Jusson von Iversterre.«
»Ihre Hoheit ist Turals neu ernannte Botschafterin für Iversterre«, erläuterte Kveta.
»Ist sie das?«, meinte Jusson trocken. Ein Lakai, der offenbar mutiger war als seine Kollegen, wagte sich zu uns, und der König nahm eine dampfende Schale von dem Tablett. »Verzeiht Uns Unsere Überraschung, Hoheit. Wir haben zwar die Nachricht von Kapitäns Kvetas Erscheinen erhalten, aber in den Depeschen wurdet Ihr nicht erwähnt.«
»Ein Bote mit der entsprechenden Nachricht wurde von Tural losgeschickt, sobald meine Ernennung verkündet worden war, Euer Majestät«, erwiderte Prinzessin Rajya. »Er muss Euch in Iversly verpasst haben.«
»Das muss er wohl«, stimmte Jusson ihr zu.
»Und als ich herausfand, dass Sra Kveta nach Iversterre reiste, habe ich beschlossen, mit ihr zu reisen, weil ich nicht nur unbedingt meine neue Aufgabe angehen, sondern auch selbst alte Bande neu knüpfen wollte.« Sie sah Suiden an und lächelte. Ihre Zähne schimmerten weiß hinter ihren roten Lippen. »Hallo, Vater.«
Jeff, Arlis und ich vergaßen für einen Moment, dass wir nicht miteinander sprachen, und sahen uns vielsagend an, bevor wir unsere Blicke wieder auf die Juwelenprinzessin richteten. »Knochen und blutige Asche«, murmelte Jeff, und ich nickte
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