Grenzlande 3: Das Vermächtnis (German Edition)
zustimmend. Es verblüffte mich ebenfalls, dass unser ehemaliger, kurzhaariger und in seine etwas triste graubraune Uniform gekleideter Hauptmann etwas so Lebhaftes und Strahlendes hatte hervorbringen können.
Thadro jedoch wandte sich in seiner Überraschung direkt an Suiden. »Hauptmann?« Der Lordkommandeur runzelte die Stirn.
»Jawohl, Sir«, antwortete Suiden leise. Dann atmete er einmal tief und bebend durch. »Ich grüße dich, Tochter.«
Mittlerweile hatten sich etliche andere Männer durch die Menge gedrängt und neben Prinzessin Rajya aufgebaut. Sie alle hatten dunkle Haut, ihr Haar war zu einem perlengeschmückten Knoten auf dem Kopf geflochten, und sie hatten Clanmale im Gesicht, bis auf einen. Er trug eine hellgraue, weite Robe, hatte einen kahl geschorenen Kopf mit verschlungenen Tätowierungen darauf, und seine Augen waren mit Kohle umrandet. Sie alle jedoch begrüßten Jusson auf dieselbe, komplizierte Weise wie die Prinzessin es getan hatte. Dann richteten sie sich auf und drehten sich zu Suiden herum. Der Kahlköpfige verneigte sich erneut und fuchtelte mit den Armen durch die Luft, während die anderen Männer auf ein Knie sanken und die geballte rechte Faust an ihre linke Schulter drückten.
»Sa Abbe« , sagten sie im Chor und senkten die Köpfe.
Mein Vater , hieß das auf turalisch. Aber sie waren keine Kinder, die ihren lang verschollenen Vater wiedersahen. Diese Männer mussten in etwa so alt sein wie mein ehemaliger Hauptmann oder sogar älter. Denn in ihre schwarzen Zöpfe mischten sich bereits die ersten grauen Haare. Zudem sahen sie recht schlachterprobt aus, mit ihren Säbeln und den Kettenhemden unter den Umhängen, auf denen ein Wappen eingestickt war, das ich schon einmal gesehen hatte. Es war Suidens eigenes Wappen, wie er mir einmal verraten hatte, das Wappen des Kronprinzen von Tural: ein fliegender Drache.
Als Prinzessin Rajya ihren Vater begrüßte, hatte Jusson mitten in der Bewegung innegehalten, die Schale an die Lippen gesetzt. Doch er beobachtete weder Ihre Hoheit noch die knienden Männer, sondern musterte Suiden gründlich. Dann senkte er den Blick und trank einen Schluck.
»Mein Gefolge, Euer Majestät«, erklärte Prinzessin Rajya und sah die Männer wohlwollend an, die gleichzeitig aufstanden. Dann stampften sie einmal mit dem Stiefel auf den Boden, drehten sich um und bezogen hinter der turalischen Prinzessin Stellung.
»Das sehen Wir«, antwortete Jusson liebenswürdig.
»Der Amir hat einen seiner Kriegshexer Eurem Botschaftspersonal zugeteilt?« Wylns Gesicht hatte sich ein wenig verdüstert, als er den kahlköpfigen Mann beziehungsweise die Tätowierungen auf seinem Schädel betrachtete. Dann blinzelte er, und seine Miene verdüsterte sich noch mehr, während um ihn herum ein leises Kleiderrascheln zu hören war, als sich Hände beiläufig den Griffen von Schwertern, Dolchen und anderen Gegenständen mit scharfen Schneiden näherten.
Der Kriegshexer achtete ebenso wenig auf die Reaktion der Umstehenden wie Prinzessin Rajya. »Munir hat zwar in der Armee der Sonne gedient, Sro Wyln, aber er hat seine Kriegsroben schon lange an den Haken gehängt«, antwortete sie, ohne dass sich ihre wohlwollende Miene veränderte. »Er gehört jetzt fest zum Hof Seiner Erhabenheit und ist als Berater hier.«
»Das ist wirklich interessant, Euer Hoheit.« Jusson klang immer noch liebenswürdig. »Vor allem, da jeder Botschafter von Tural in Unserem Königreich vor Eurer Hoheit keinen Hexer als Ratgeber bei sich hatte. Das wissen Wir genau.«
»Gewiss, aber die Zeiten haben sich geändert, Euer Majestät, nicht wahr?«, gab Prinzessin Rajya zurück. »Während der Regentschaft Ihrer Majestät Königin Herleve gab es auch noch keine, wie nennt Ihr sie noch, Sro Wyln, Sro Laurel … anerkannten Gabenwirker in Eurem schönen Königreich. Das hat sich offensichtlich geändert, da jetzt nicht nur einer, sondern drei Hexer dem Thron zur Seite stehen.«
»Faena«, korrigierte Laurel sie.
»Zauberer«, meinte Wyln zerstreut. Er blickte immer noch finster drein. »Und Zweibaums Sohn ist nur ein Zauberlehrling. «
»Interessanter jedoch, Euer Majestät, scheint, dass die Nähe von Lord Hases Lehrern zum Thron von Iversterre dem Amir Sorgen bereitet.« Der Blick seiner blaugrauen Augen wurde frostig, als er Kveta betrachtete. »Ihm und anderen.«
»Die Stellung derjenigen, die mit der Gabe gesegnet sind, ist für niemanden ein Problem, Ehrenwerter Thadro«, antwortete Kveta, bevor
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