Grenzlande 3: Das Vermächtnis (German Edition)
verließ die Halle. Ihre schnellen Schritte verhallten, als sie die Treppe hinabstieg.
»Hase«, sagte Jeff.
»Sire«, sagte ich gleichzeitig. Meine Stimme klang flehentlich.
Thadro hob die Hand, und wir verstummten. Dann nickte er zur Tür, und die königlichen Leibwachen gingen hinaus. Zwei von ihnen bezogen Stellung neben der Tür, die anderen polterten in das Stockwerk unter uns hinab. Währenddessen musterte Cais die Lakaien in der Halle finster, die ebenfalls bis auf Finn allesamt verschwanden. Der letzte schloss die Tür hinter sich. Meine beiden Leibwächter waren mit den Königstreuen zur Tür gegangen, doch Thadro hatte Jeff und Arlis mit einem gemurmelten Befehl aufgehalten. Sie kehrten beide wieder zu mir zurück.
»Das war wirklich interessant«, meinte Jusson. Er zog seinen Wappenrock aus und ließ ihn zu Boden fallen. Dann streckte er die Arme aus, und Cais machte sich daran, seine Rüstung und das Polster darunter zu entfernen. »Als würde man nach Elritzen fischen und einen Wal fangen.«
»Oder einen Haifisch, Sire«, meinte Thadro.
»Einen riesigen, grinsenden Hai mit einem Maul voll scharfer Zähne«, erwiderte Jusson. Finn war mit der königlichen Rüstung verschwunden und tauchte jetzt mit einem Becken heißen Wassers und einem Handtuch wieder auf. Trotz der Aussicht auf ein heißes Bad wusch sich Jusson rasch den Staub von den Händen, dem Gesicht und dem Hals. Dann trocknete er sich ab, ließ sich seine Robe von Cais geben und legte sie an. Sie bestand aus dickem Stoff in dem Blau seines Hauses und reichte ihm bis zu den Stiefeln. Er zog den Gürtel fest und sah Javes an. »Seefahrende Wölfe, freie Agenten und unerwartete Treffen mit Onkeln«, sagte er.
Ich hörte auf, mir über Bäder den Kopf zu zerbrechen, und fing an, mir um Kveta Sorgen zu machen. Javes ließ sein Lorgnon sinken und lenkte seine Aufmerksamkeit vom Fenster auf den König.
»Hinterhalte von Rivalen.«
Laurel riss seinen Blick von dem Feuer los und richtete ihn auf Jusson. Seine Lippen waren immer noch so fest zusammengepresst wie schon unten in der Großen Halle.
»Kriegshexer, fremde Hofwachen und anmaßende Prinzessinnen. «
Es klopfte an der Tür, und ich fuhr zusammen, als mich die Furcht vor der Bloßstellung durch ein Bad erneut durchströmte. Aber nicht Berenice stand mit einer Bürste in der Hand vor der Tür. Es war Bertram in Begleitung von Burgbediensteten, die Tabletts mit dampfenden Pokalen und Platten mit Naschwerk hereintrugen, um uns bis zum Abendmahl bei Laune zu halten. Ich runzelte die Stirn. Bei all der Unruhe war mir nicht aufgefallen, dass Bertram uns nicht in die Gemächer des Königs begleitet hatte. Er blieb in der offenen Tür stehen, und der Blick seiner großen grauen Augen zuckte zu mir, während er die angespannte Atmosphäre aufnahm. Ich winkte ihn zu mir. Wie Jusson ausgeführt hatte, war Kveta nicht das einzige Raubtier mit großen Augen dort unten, und ich wollte unbedingt vermeiden, Mistress Inga erklären zu müssen, wie ich ihren Jüngsten verloren hatte. Bertram zog den Kopf ein und führte die Bediensteten zum Tisch, wo sie die Speisen schnell und geschickt arrangierten. Zerstreut sahen wir alle zu und registrierten die Delikatessen, die für uns dort aufgetragen wurden.
Jusson seufzte, ging zum Tisch und nahm sich einen der Pokale. Dann setzte er sich in seinen gekrönten Stuhl, lehnte sich zurück und nahm einen tiefen Zug, bevor er den Pokal sinken ließ und zusah, wie die Bediensteten der Burg hinausgingen. Die Königstreuen vor der Tür sorgten dafür, dass niemand dort herumlungerte, nachdem sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte. Dann sah der König Suiden an, der immer noch am Fenster stand. »Welche Schiffe liegen im Hafen?«
»Abgesehen von den üblichen Schiffen, Euer Majestät«, erwiderte der Hauptmann, »ankern dort ein Schiff vom Qarant und ein turalisches Linienschiff; außerdem läuft soeben ein Konvoi von schnellen Windseglern ein.«
Ich blickte unwillkürlich zu dem Fenster zurück, an dem ich gestanden hatte. Ich hatte zwar den Konvoi bemerkt, die anderen Schiffe jedoch nicht.
Jusson nickte. »Ich nehme an, das Handelsschiff gehört Kapitän Kveta.«
»Es scheint eines der Damas’ zu sein«, antwortete Javes, der sein Lorgnon wieder auf die Szenerie im Hafen gerichtet hatte. »Und zwar die Guter Streich .«
»Warum sollte ein erklärtermaßen freier Agent nicht sein eigenes Schiff haben?«, erkundigte sich Thadro. Er trat nicht zu den
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