Grenzlande 3: Das Vermächtnis (German Edition)
dahin. Zwanzig Jahre einen langsamen Tod zu sterben … Und als ich eintreffe und ihm den Weg ins Leben zeige, weist er mich ab.«
Ich dachte an Suidens nicht begründete Abwesenheit nach dem Abendmahl und wollte gerade fragen, ob mein ehemaliger Hauptmann vielleicht mit der Prinzessin zusammen gewesen war. Dann schoss mir der Gedanke an Suidens Reaktion durch den Kopf, wenn er herausfinden würde, dass ich Ihre Hoheit verhört hatte, und ich klappte den Mund wieder zu. Ganz fest.
»Und jetzt schließen auch Sie mich aus.« Prinzessin Rajyas Stimme klang ein wenig neckend.
»Es steht mir nicht an, darüber zu sprechen, Euer Hoheit.«
»Aha, also gibt es da doch etwas«, forderte die Prinzessin. Sie sah mich an, und erneut hüllte ihr Parfum mich ein, als ich einen Schritt auf sie zutrat. »Verhält er sich so, weil Ihr König ihn nicht von seinem Treuegelöbnis entbindet?«
Ich beobachtete, wie die Feuerkugeln ihr warmes Licht über ihre perfekt geformten Wangenknochen und den Rand ihrer Ohren warfen. Ohne den Schmuck aus Gold und Edelsteinen wirkten sie im flackernden Licht noch zierlicher. Allerdings wirkte alles an ihr zierlich und klein, und ich dachte beiläufig, dass sie mir mit ihrem Scheitel genau bis unters Kinn reichen würde. »Seine Majestät würde niemanden gegen seinen Willen halten.« Ich bemerkte ihren ungläubigen Blick. »Das würde er nicht tun. Vielleicht bei jemandem, dessen Loyalität er sich nicht gewiss ist, aber niemals jemandem gegenüber, der ihn als seinen Herrn ablehnt. Welchen Nutzen haben schon unwillige Lehnsleute?«
»Also lässt er sie mit einem Klaps auf den Rücken ziehen?« Prinzessin Rajya klang skeptisch. »Mit Sro Gherat von Dru ist er offenbar nicht so verfahren.«
»Das war etwas anderes«, erwiderte ich. »Gherat war hinterhältig und ein Verräter. Wäre er offen zu seiner Majestät gekommen und hätte darum gebeten, von seinem Treueschwur entbunden zu werden, wäre ihm das auch gewährt worden.« Ich zuckte mit den Schultern. »Selbstverständlich hätte er dann auch seine Stellung als Oberhaupt seines Hauses und dazu vermutlich einen großen Teil seines Vermögens verloren; darüber hinaus hätte er das Königreich verlassen müssen. Aber er wäre von seinem Treuegelöbnis entbunden worden.«
Prinzessin Rajya runzelte nachdenklich die Stirn. »So wie bei meinem m’Hlafakyri« , meinte sie sinnend.
Ich verstand zwar etwas Turalisch, aber diesen Ausdruck kannte ich nicht. »Euer Hoheit?«, erkundigte ich mich. Gleichzeitig machte Munir eine kleine, verneinende Geste mit seiner Hand.
»Mein Vater«, antwortete die Prinzessin prompt. Sie lächelte und ließ sich nicht anmerken, ob sie die Geste des Hexers bemerkt hatte. »Also gut. Was also dürfen Sie mir denn sagen?«
»Niemand hat mir verboten zu reden«, protestierte ich. Ihr Lächeln verstärkte sich, und ich erwiderte es. »Wirklich nicht, Hoheit. Ich bin nur klug. Der Hauptmann wäre nicht sonderlich … erfreut, wenn ich mich hinreißen ließe.«
Groskin und Ryson hinter mir brummten zustimmend.
»Der Hauptmann wäre nicht erfreut«, wiederholte Prinzessin Rajya. »Und Ihr König?«
»Na, der erst recht nicht …« Ich unterbrach mich. »Wartet, so war das nicht gemeint.«
Prinzessin Rajya lachte leise. Ihr Lachen war ebenso elegant wie ihr Parfum. Ich lächelte, machte noch einen Schritt näher zu ihr und lehnte mich zwischen ihr und meinen beiden Leibwächtern an die Zinnen.
»Ihr müsst wissen, dass Hauptmann Suiden während meiner Armeezeit mein befehlshabender Offizier war«, fuhr ich fort. »Während Seine Majestät Loyalität verlangt, befiehlt Suiden Gehorsam. Verletzt man eines von beidem, landet man in einer Welt voller Schwierigkeiten. Aber früher war der König weit entfernt, während die Vergeltung des Hauptmanns erheblich unmittelbarer war.«
»Und schmerzhaft«, murmelte Ryson. »Sehr schmerzhaft.«
»Das klingt, als wäre er ein echter kyrie«, antwortete die Prinzessin. »Der seine Männer unter Kontrolle hat.«
»Mehr als das«, meinte ich. »Er ist ein guter Hauptmann und ein gerechter, der sich um seine Jungs kümmert und uns lebendig und zum größten Teil unversehrt aus unseren Scharmützeln nach Hause gebracht hat.« Ich zuckte mit den Schultern. »Man darf ihn eben nur nicht mit Dummheiten aufregen.«
»Das stimmt«, erklärte Groskin.
»Er flößt Ihnen Angst ein?«, wollte die Prinzessin wissen.
»Ja«, antworteten Groskin, Ryson und ich gleichzeitig.
Sie lachte
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