Grenzlande 3: Das Vermächtnis (German Edition)
noch viel Platz übrig. Und jetzt hatte ich diesen Platz ganz für mich allein.
Finn war mit dem Bett fertig, nahm mir meinen Morgenmantel ab und wartete geduldig, als ich die Feder und mein Stiefelmesser unter mein Kissen schob, bevor ich mich hinlegte. Dann hängte er meinen Morgenmantel in den Kleiderschrank, löschte alle Kerzen bis auf eine, sammelte meine Kleidung und Stiefel auf, nahm die letzte Kerze und ging hinaus. Trotzdem lag ich nicht im Dunkeln. Meine Feuerkugeln schwebten über meinem Bett und beleuchteten das Zimmer, ebenso wie die Flammen im Kamin. Ich sah den Schatten zu, die sie erzeugten. Sie schufen ständig wechselnde Gestalten an der Decke und den Wänden, während unter den Möbeln und in den Ecken pechschwarze Flächen entstanden. Nach einer Weile glitt ich aus dem Bett, schnappte mir die Decken, Stab, Feder und Messer und ging in die Vorkammer. Erneut machte ich einen Bogen um Bertram auf seinem Strohsack und stellte meinen Stab an die Wand. Dann legte ich mich auf eine der schmalen Pritschen und deckte mich zu, bevor ich Feder und Messer erneut unter mein Kissen schob. Die Aspekte waren mir gefolgt. Die Feuerkugeln arrangierten sich über mir, während die Luftkugel herunterschwebte und mir tröstend ins Ohr summte. Das Geräusch vermischte sich mit Bertrams ruhigen, regelmäßigen Atemzügen, und ich lauschte beidem, bis der Raum verschwamm und ich einschlief. Ich träumte von fliegenden Drachen und hellhäutigen Akrobaten, die mit Purzelbäumen von Mauersimsen in die Nacht sprangen.
12
Am nächsten Morgen wurde ich von dem fernen Donnern von Brechern und dem Geräusch des Windes geweckt. Ich streckte die Arme über den Kopf, reckte mich ausgiebig und entspannte mich. Meine Feuerkugeln erleuchteten das Zimmer immer noch, aber sie wetteiferten darin mit dem Morgengrauen, das durch den Bogengang in mein Schlafgemach schien. Der Stille nach zu urteilen waren die anderen Mitglieder des königlichen Haushalts noch nicht aufgestanden, und ich vermutete, dass ich mindestens noch eine Stunde Zeit hatte. In Javes’ Fall wohl noch mehr. Ich richtete mich auf und machte Anstalten, das Bettzeug einzusammeln und in mein Schlafgemach zurückzuschleichen. Wenn ich schnell genug war, konnte ich vielleicht verschwinden, bevor die angedrohten Unterrichtsstunden und die geplante Unterhaltung losging. Vielleicht konnte ich ein Pferd satteln, in die Stadt reiten und mich dort ein bisschen umsehen …
»Gut«, sagte Laurel von der Tür aus. »Ihr seid wach.«
So viel zum Thema Flucht. Ich erwartete einen Kommentar, aber Laurel erwähnte mit keinem Wort, dass ich im Bett eines meiner Leibwächter geschlafen hatte. Und er sagte auch nichts über Gabenwirkerei. Er ging an mir vorbei und auch an Jeff, der ruhig in dem anderen Bett schlief, trat vorsichtig um Bertram und Arlis herum, die auf dem Boden ruhten, und betrat mein Schlafgemach. Ich stand auf, ging ebenfalls um Bertram und Arlis herum, blieb dann jedoch wie angewurzelt stehen. In meinem Bett schlief Suiden, unter Decken, die er sich geborgt haben musste. Laurel ging zum Kleiderschrank, öffnete die Tür und wühlte darin herum.
»Was ist hier los?«, flüsterte ich.
»Javes geht es nicht gut.« Suiden richtete sich auf. »Jedenfalls ging es ihm nicht gut, als ich ins Bett ging.«
»An seinem Zustand hat sich nichts geändert«, erklärte Laurel, der mit einem großen Beutel in der Hand aus dem Kleiderschrank auftauchte.
Ich hatte zwar ebenfalls schon einen Rausch erlebt, der weit bis in den folgenden Tag reichte, aber ich vermutete stark, dass sowohl Laurel als auch Suiden den Unterschied zwischen einem Rausch und ernsthafteren Beschwerden kannten. »Ist er krank?«
»Er riecht nicht nach einer Vergiftung«, erwiderte Laurel. Er öffnete den Beutel, in dem sich Bündel, Pakete und Phiolen mit verschiedenen Kräutern und Flüssigkeiten befanden. Ich trat hastig zurück, als ich den Geruch des widerlichen Tees wahrnahm, mit dem der Faena mich noch vor einigen Wochen so hartnäckig behandelt hatte. Mein Magen krampfte sich vor Mitgefühl mit dem leidenden Hauptmann zusammen.
»Wir glauben, dass mit dem, was er getrunken hat, etwas nicht in Ordnung war«, erklärte Suiden. Er stand auf und warf sich einen Brokatmantel über, der auf dem Fußende des Bettes lag. Mir fiel auf, dass das Schlafgemach ziemlich ausgekühlt war. Ich ging zum Kleiderschrank und zog meinen eigenen Morgenmantel an, bevor ich in meine Pantoffeln schlüpfte.
»Lord Idwal
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