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Grenzwärts

Grenzwärts

Titel: Grenzwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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kurze, dann vier lange Schläge, erst dann schloss Julia auf. Aber diesmal wurde der Schlüssel gleich ins Schloss gesteckt, ohne vorheriges Klopfen, und so war Swetlana mit einem Satz unters Bett gehechtet. Das ging am schnellsten, hatte aber zur Folge, dass sie nun derart unbequem lag und ihr dauernd Arme und Beine einschliefen. Aber sie wagte es nicht, ihre Haltung zu verändern. Zu groß war der Schock, dass  er  nach der Rouché das Zimmer betreten hatte, ausgerechnet  er !
    Eine Weile lang war sich Swetlana sicher, dass Julia sie verraten hatte. Aber dann kamen Swetlana Zweifel. Wäre sie verraten worden, würde er doch nach ihr suchen. Aber das tat er nicht. Was bedeutete, dass er nicht wusste, dass sie hier war. Was aber wollte er dann hier? Was hatte Julia mit ihm zu tun? Und warum ging er nicht wieder weg?
    Swetlana war verzweifelt. Lieber Gott, betete sie innerlich, lieber Gott, mach, dass er wieder geht. Dass er verschwindet für immer und in alle Ewigkeit, lieber Gott, bitte. Lass mich nicht im Stich!
    Sie hörte, wie er im Zimmer herumlief, mit völlig verdreckten Schuhen. Irgendwann zog er sie aus und ging damit ins Bad. Vermutlich, um sie etwas zu säubern.
    Und dann passierte es: Swetlana musste niesen. Es war wie eine kleine Explosion, ihr Kopf flog dabei hoch und knallte gegen das Bettgestell, dass sie fast ohnmächtig wurde. Und dann lag sie zitternd, darauf wartend, dass er aus dem Bad stürmen und sie an den Haaren unter dem Bett hervorziehen würde.
    So war es immer, wenn die Mädchen irgendwo waren, wo sie nicht sein sollten. Er zog sie an den Haaren und schlug ihnen in den Bauch. Nie woandershin. Immer nur der Bauch. So hart, dass einem für Minuten die Luft wegblieb. Woanders gibt es blaue Flecken, hatte er lächelnd erklärt, das mögen die Kunden nicht, schon gar nicht im Gesicht.
    Heute passierte nichts. Er blieb im Bad. Kam erst nach einer Weile heraus, ging zum Bett, bückte sich – Swetlana schlug das Herz bis zum Hals – und stellte seine Schuhe ab. Jetzt waren sie sauber.
    Dann öffnete er seine Aktentasche und holte einen Revolver heraus. Eine richtige Pistole. Eine Schusswaffe. Damit legte er sich hin. Direkt über sie, auf das Bett, und rührte sich nicht mehr. Lauschte er? Wartete er nur darauf, dass sie sich bewegte, bewegen musste, weil sie nicht mehr konnte?
    Und was wollte er mit der Waffe?
    Julia ermorden?
    Ich muss sie warnen, dachte Swetlana, ich muss sie unbedingt warnen. Aber wie? – Wie?
    Lieber Gott, lass mich stark sein, gib mir einen Wink, eine Chance, bitte, bitte, lieber Gott, hilf mir!
    Plötzlich hörte sie ein seltsames Geräusch. Ein Schnarchen. Er schlief.
    War das die Chance? Hatte Gott tatsächlich ein Einsehen?
    Vorsichtig versuchte Swetlana, ihre Haltung zu ändern, nur ganz langsam, Stück für Stück und nicht zu schnell. Sie drehte den Kopf so, dass sie die Zimmertür sehen konnte. Es waren nur ein paar Schritte bis dorthin. Vielleicht sollte sie einfach unter dem Bett hervorflutschen, mit drei Sätzen zur Tür springen und abhauen. Doch das würde nicht lautlos gehen. Er könnte aufwachen. Und sie dann verfolgen. Schon oft hatte sie versucht zu fliehen, und er hatte sie immer wieder gekriegt.
    Besser war es, sich langsam zu bewegen. Ohne dass er es bemerkte. Vorsichtig unter dem Bett hervor, gaaanz, gaaanz langsam. Und nicht zu hastig atmen. Lautlos sein. Nur kein Geräusch machen.
    Swetlana hatte gerade ihren Kopf unter dem Bett hervorgeschoben, als die Tür wieder aufflog und die Rouché erneut hereinkam.
    »So! Ihr Tee, Herr Paich. Mit Honig, wie gewün…«
    Swetlana war so schnell wieder unter das Bett gerutscht, dass sie jetzt noch unbequemer lag. Ihr Herz raste, und sie fürchtete, die Rouché könnte es hören.
    Doch die Wirtin hatte lediglich gemerkt, dass er schlief. Vorsichtig tippelte sie ans Bett heran und stellte das Tablett mit dem Tee auf dem Nachttisch ab. Dann lief sie leise wieder hinaus und schloss die Tür.
    Swetlana lag ganz still. War er wach geworden? Wohl nicht, denn noch immer war das Schnarchen hörbar.
    Also los! Vorsichtig arbeitete sich Swetlana unter dem Bett hervor, Zentimeter für Zentimeter, lautlos, bis sie endlich neben dem Bett lag und sich aufrichten konnte. Ganz langsam und leise.
    Ihre Glieder waren steif geworden und ganz taub, sie kam gar nicht so einfach hoch. Sie musste sich etwas abstützen und erst vorsichtig die Beine bewegen, dann die Arme, damit sie wieder richtig funktionierten.
    Auf dem

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