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Grenzwärts

Grenzwärts

Titel: Grenzwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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Nachtschrank schimmerte golden der Tee in einer hohen gläsernen Tasse. Außerdem stand noch ein Glas voller Honig dort. Zum Nachsüßen.
    Er lag rücklings auf dem Bett und schnarchte. Die Waffe in der rechten Hand.
    Vorsichtig stand Swetlana auf, erst mit dem einen, dann mit dem anderen Bein. Dann wich sie vorsichtig zur Tür zurück, ohne ihn aus den Augen zu lassen.
    Erst kurz vor der Tür wandte sie sich ab, legte vorsichtig die Hand auf die Klinke.
    Als sie sie langsam herunterdrücken wollte, hörte sie hinter sich ein metallisches Klicken und seine scharfen Worte:
    »Weg von der Tür!«
    Erschrocken fuhr sie herum.
    Er saß aufrecht im Bett und hielt lächelnd die Waffe auf sie gerichtet.
    »Hallo, Swetlana! Mach keinen Unsinn und geh weg von der Tür.«
    Alle Spannung wich aus ihrem Körper. Es war vorbei. Sie hatte es nicht geschafft.
    Swetlana schlug die Hände vors Gesicht und fing hilflos an zu weinen.
    Nicht seinetwegen. Es war eine andere Gewissheit, die sie verzweifeln ließ.
    Gott hatte sie verlassen. Seit langer Zeit schon. Vielleicht war er längst tot.

43
    OBERKOMMISSAR   ROMEO SCHWARTZ  hatte eine Weile gebraucht, bis er den Weg von der Abbruchkante hinunter in die Grube gefunden hatte. Erst zwei Streifenwagen, die mit rotierenden Blaulichtern über den Tagebau rasten, wiesen ihm schließlich durch Pfützen und Schlamm den Weg. Als er aus seiner Déesse ausstieg, sah sie aus wie nach der Rallye Paris-Dakar. Verdreckt bis übers Dach. Seine Göttin hatte ausgiebig im Modder gebadet, und er würde Unmengen an Putzmitteln und Politur sowie ein ganzes Wochenende brauchen, um sie wieder einigermaßen sauber zu bekommen.
    Der silbergraue Mercedes, tatsächlich war es das gleiche Modell wie der von Professor Salnik und hatte das gleiche Kennzeichen, war nicht mehr zu gebrauchen. Die Türen waren durch den Aufprall gut zwanzig Meter weit weg geschleudert worden, der Wagen selbst lag auf seinem völlig platt gedrückten Dach, durch den Unterboden hatten sich Motorwanne und Getriebe gedrückt, das Gestänge des Fahrwerks war bizarr verbogen. Um das Wrack herum standen mehrere Streifenwagen, die Bullis von Kriminaltechnik und Gerichtsmedizin sowie der schwarze Dienstgolf der Görlitzer  KPI .
    »Tobi«, rief Schwartz, »schön, dass du gekommen bist.«
    »Ich wäre gern mit meinem Vater hier«, knurrte der. »Was zum Teufel ist denn in dich gefahren?«
    »Die Frage ist, was deinen Vater geritten hat«, entgegnete Schwartz, »als er den Kuhnt-Fall übernommen hat, obwohl er darin involviert war.«
    »Er war nicht darin involviert«, widersprach Tobi.
    »Er hat eine Affäre mit der Witwe des Opfers«, zischte Schwartz.
    »Nun sei mal nicht päpstlicher als der Papst, ja?« Tobi war sauer. »Das ist keine Affäre, sondern Liebe.«
    »Noch schlimmer«, fand Schwartz und sah auf den Toten, der von den Gerichtsmedizinern gründlich untersucht wurde. »Wissen wir schon, wer das ist?«
    »Ja, er hatte seinen Ausweis dabei«, antwortete Tobi und sah in seinem Notizblock nach. »Stefan Kaemper, sechsundvierzig Jahre alt, zuletzt gemeldet in Hamburg. Treibt sich seit etwa einem Jahr in unserer Gegend rum.«
    Liliana Petkovics verdeckter Informant. Na, die wird im Dreieck springen.
    »Der Mann war Betreiber des Hurenbusses, der gestern in der Zittauer Innenstadt überfallen wurde«, sagte Tobi. »Meinst du, da gibt es einen Zusammenhang?«
    »Und ob es den gibt«, erwiderte Schwartz und trat auf die Gerichtsmediziner zu. »Hat er noch gelebt, als er mit dem Wagen hier herunterkrachte?«
    »Unwahrscheinlich.« Der Gerichtsmediziner schüttelte den Kopf. »Der Mann wurde erschossen. Eine Kugel direkt zwischen die Augen. Das war ‘ne Hinrichtung, wenn Sie mich fragen.«
    So oder so, dachte Schwartz und sah an der Kante hoch. Wie viele Meter mochten das sein? Hundert oder hundertfünfzig?
    »Zwei Braunkohlekumpel haben beobachtet, wie jemand den Wagen von dort oben runtergestoßen hat.« Tobi stellte dem Oberkommissar zwei stämmige Männer vor, die etwas unbeholfen herumstanden. »Da ist einmal der Herr Stankowitsch, Anlagenfahrer …«
    »Sie könn’ mich Stanko nennen.«
    »… und der Herr Rolffs von der Förderbrücke A.«
    »Hotte«, sagte Rolffs und drückte Schwartz kräftig die Hand. »Ja, also wir haben da drüben im Fahrstand gesessen und einen Kaffee getrunken, da sagt der Stanko plötzlich …«
    »Ich hab nichts gesagt«, widersprach Stanko, »ich hab nur geglotzt. Ich konnte nüscht sagen, so was

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