Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grenzwärts

Grenzwärts

Titel: Grenzwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
Vom Netzwerk:
heruntergelassen und sieht mich fragend an. »Was machst ‘n hier?«
    »Weiß nicht.« Ich sehe in den Porsche, aber bis auf Roland sitzt niemand drin. »Vielleicht wollte ich dich besuchen. Oder deine Alten. Aber macht niemand auf.«
    »Meine Eltern sind verreist. Überwintern auf Ibiza.«
    Sturmfreie Bude also. Den ganzen Winter lang. Wie schön. »Wo hast ‘n Jule gelassen?«
    »Deswegen tauchst du nachts hier auf«, regt er sich auf, »hast du keine anderen Sorgen?« Wütend springt er aus seinem Auto und baut sich vor mir auf. »Ich versuche hier, unseren Hals zu retten, du Idiot. Du hast meine Mädels verscheucht! Das kann uns Kopf und Kragen kosten!«
    Jetzt geht das wieder los, denke ich.
    »Weißt du, wo ich gerade war? Bei meinen Kunden! Die wollen die Ware! Wenn ich nicht bald liefere, machen die uns kalt!«
    Uns? Wieso uns? Von wessen Geschäften reden wir hier? Wer fährt denn den dicken Porsche? Wer macht die krummen Geschäfte?
    »Was hab ich damit zu tun? Das ist allein dein Business, Don Rolando. Also sieh zu, wie du damit fertig wirst.«
    »Du steckst mit drin«, bekräftigt Roland, »bis zum Hals in der Scheiße.«
    Daran bin ich gewöhnt. »Wo ist Jule?«
    »Halt Jule da raus.«
    »Damit du wieder mit ihr abschieben kannst?« Mir reicht es. Ich packe ihn am Kragen, drücke ihn hart gegen den Wagen. »Hör zu, Don Rolando. Mit deinen Geschäften hab ich genauso wenig zu tun wie Jule. Also: Wo ist sie?«
    »Johannishof«, knurrt Roland, »’ne Pension. Da, wo früher die Eisbar war.«
    »Zahlst du oder sie?«
    »Ich natürlich.« Er grinst. »Alles wie früher.«
    Ich packe ihn fester: »Hast du sie gefickt?«
    »Nein, aber …«
    »Was?«
    »… das kann ja noch kommen, nicht wahr?« Er versucht, sich loszumachen. »Oder willst du mich davon abhalten?«
    Es hat keinen Sinn. Ich ramme ihm mein Knie ins Zwerchfell und wende mich dann ab. Roland sackt, nach Luft schnappend, zu Boden.
    »Das ist genau der Punkt«, winselt er erstickt und hält sich den Magen. »Zuschlagen ist das Einzige, was du draufhast …«
    Flenn doch, du Weichei.
    »… aber damit kannst du nichts gewinnen. Nicht bei Jule.«
    »Ihr habe ich nichts getan.«
    »Wie auch, besoffen, wie du warst.« Roland kommt nur mühsam wieder hoch. »Glaubst du, das findet sie toll? Von einer grölenden Dumpfbacke am Bahnhof abgeholt zu werden? Die noch nicht mal mehr stehen kann? Eine super Vorstellung war das, echt super.«
    Immerhin hat sie mich nach Hause gebracht, denke ich. Im Gegensatz zu Roland, der mich am liebsten in der Gosse hätte liegen lassen. So egal kann ich ihr also nicht sein.
    »Die hat genau erkannt, was mit dir nicht stimmt«, keucht Roland, noch immer vornübergebeugt nach Luft ringend. »Allein wie du rumläufst: Fascholook, hat sie gesagt. Findet sie ganz schrecklich. Damit kannste bei ihr keinen Lolli gewinnen.«
    »Aber dich findet sie ganz toll, oder wie?«
    »Das ist nicht der Punkt«, winkt er ab. »Jule hat sich verändert. Ist ‘ne linke Westtussi geworden. Umweltbewusst und multikulti. – Weißt du, warum sie hergekommen ist? Um ein Praktikum zu machen. Soziologie! Sie will den Umbruch der Gesellschaft dokumentieren. Am Beispiel unserer schönen Stadt Zittau.« Er richtet sich auf und reibt sich das Zwerchfell. »Jule studiert uns jetzt wie ein Forscher eine seltene Tierart.«
    »Aber Männchen machen müssen wir nicht.«
    »Wer weiß?« Roland grinst gequält. »Soll ich dir sagen, wo sie ihr Praktikum macht? – Im Podtsch am Töpferberg!«
    »Bei den Zecken?« Ich fasse es nicht.
    »Bei den Zecken«, nickt Roland. »Politisch korrekt, verstehste?  P.C. « Er sagt es englisch, »pi-ßi«, und grinst. »Freiheit für Grönland! Weg mit dem Packeis und Asylrecht für alle, wir haben uns ja so lieb!«
    Gott, denke ich entsetzt, das kann echt nicht wahr sein!
    »Also vergiss es, Kudella!« Roland steigt wieder in seinen Wagen. »So ‘n rechter Schlägerarsch wie du kann bei Jule nicht landen.«
    »Klar«, nicke ich, »sie zieht porschefahrende Mädchenhändler vor.«
    Er verharrt in der Bewegung. »Davon weiß sie nichts.«
    »Sie wird es erfahren, Don Rolando«, erwidere ich leise, »irgendwann.«
    »Dir ist alles zuzutrauen, wie?« Roland steigt wieder aus dem Porsche und starrt mich an. »Du würdest mir voll an den Karren pissen, komme, was wolle, nur damit du sie mal stechen kannst. Du würdest mich wegen dieser Frau eiskalt verraten.«
    Das muss ich gar nicht, denke ich. Da kommt Jule schon von ganz

Weitere Kostenlose Bücher