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Gretchen

Gretchen

Titel: Gretchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Einzlkind
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verstehen ist, ist schwer, wenn man nur verstehen möchte, was der Verstand domestiziert hat. Denken aber ist immer eine Art von Umdenken. Alles andere ist nur ein stummes Brabbeln, ein Nachplappern, ein sich ewiges Wiederholen. Das Denken eines Denkers schimmelt vor sich hin und es gibt der Vielen zur Genüge, die sich an dem fauligen Obst laben, es verdauen, wieder ausscheiden und ihre Exkremente in güldenem Pomp feilbieten. Es gibt der Vielen zur Genüge, die sich an den Exkrementen laben. Exkremente aber sind nicht zum Essen da! Andererseits: Wäre die Fliege ein Auto, könnte man sie rückwärts einparken.
     
    Terrorist und Arzt betreten die Bühne.
     
    ARZT WO kann ich helfen?
    OPFER Hier unten.
    ARZT Privat oder Kasse?
    OPFER Ich verblute.
    ARZT Sind Sie sicher?
    OPFER Sind Sie Arzt?
    ARZT Ich fahre Porsche.
    OPFER Haben Sie den hippokratischen Eid geschworen?
    ARZT zu Terrorist Was genau meint er?
    TERRORIST Hippokrates, 460 bis 370 v. Chr.: »In alle Häuser, die ich betrete, werde ich eintreten zum Nutzen der Kranken, frei von jedem absichtlichen Unrecht, von sonstigem verderblichen Tun und von sexuellen Handlungen an weiblichen und männlichen Personen, sowohl Freien als auch Sklaven.«
    ARZT Darauf soll ich schwören? Würden Sie so etwas tun?
    TERRORIST Oh, ich werfe nur Bomben.
    ARZT Ach, Sie sind Terrorist?
    TERRORIST Ja.
    ARZT Angenehm, Arzt.
    OPFER Das ist ein Drama.
    TERRORIST Eine Komödie.
    OPFER Ein Drama!
    TERRORIST Das Käthchen von Heilbronn ist ein Drama. Das hier ist eine Komödie.
    OPFER Wenn jemand verblutet?
    TERRORIST Wenn jemand an Tomatensaft verblutet.
    OPFER Das ist Blut.
    ARZT Kann ich mal probieren?
    TERRORIST Er hat nichts dagegen.
     
    Arzt probiert, verzieht das Gesicht, Stille.
     
    OPFER Und?
    ARZT Ich bin nicht sicher. Erstaunt Aber es könnte Tomatensaft sein.
    TERRORIST ES ist Tomatensaft.
    OPFER ES ist Blut! Ich sehe mein Leben an mir vorüberziehen. Szenen im Sandkasten, die erste Liebe, beruflicher Erfolg, das Abendessen.
    TERRORIST Was für ein Leben!
    ARZT Was für ein Abendessen?
    OPFER zum Arzt Ich fühle es.
    ARZT Was?
    OPFER Rufen Sie einen Mann Gottes.
    ARZT Wen?
    OPFER Einen Geistlichen.
    ARZT Konfektion?
    OPFER Was?
    ARZT Römisch-katholisch, orthodox, protestantisch, jüdisch?
    OPFER Römisch-katholisch.
    TERRORIST War ja klar.
    OPFER Was soll das heißen?
    TERRORIST Nichts.
    OPFER Nein, nein, nur raus mit der Sprache. Ist es schon soweit, dass man sich als Katholik rechtfertigen muss? Ist es schon soweit? Ist es schon so weit? Sind wir schon so weit? Nur raus damit! Raus, raus, raus mit der Sprache.
    TERRORIST Regen Sie sich nicht auf, ich habe nichts gesagt.
    OPFER Sie haben Nichts gesagt.
    TERRORIST Eben.
    OPFER Nichts!
    TERRORIST Ja.
    OPFER Nichts!
    ARZT zu Terrorist Geht’s ihm nicht gut?
    TERRORIST Vielleicht die Prostata.
    ARZT Ich könnte eine Darmspiegelung vornehmen.
    TERRORIST Klingt gut.
    OPFER Nichts dergleichen werden Sie tun!
    TERRORIST Er will sich nicht helfen lassen.
    ARZT Man kann ihn nicht zwingen.
    TERRORIST Kann man nicht.
    ARZT Obwohl.
    TERRORIST Ja?
    ARZT Ist er zurechnungsfähig?
    TERRORIST Nun ja, er behauptet an Tomatensaft zu verbluten.
    OPFER Er behauptet gar nichts. Er stirbt. Er ist das Opfer einer brutalen Niedertracht. Er hinterlässt eine Frau und zwei Kinder, sechs und acht Jahre alt. Er hat nie das Finanzamt betrogen. Er will einen Pfarrer. Sofort!
    ARZT Vielleicht sollten wir einen Pfarrer holen?
    TERRORIST gleichgültig Warum nicht.
     
    Arzt und Terrorist ab.
     
    PAUSENCLOWN trägt das Shirt of Shame Im Himmel könnte es nicht schöner sein, selbst in Fichte Furnier nicht. Im Zeitalter der Konterrevolution aber wollen alle Le Misanthrope sein. Doch gebärt Vergegenwärtigung! Dass der Mensch dem Menschen unerträglich ist, das ist ein alter Hut mit hübscher Krempe. Dazu beisteuern möchte ich an dieser Stelle nichts. Alldieweil und wohlan aber auch oszilliere ich mit Vorliebe abends, und meine Lieblingsfarbe ist kariert. Es sei denn, Sie wollen mich beleidigen. Dann andersherum. Denn dann, und nur dann, ist meine Lieblingsfarbe Freitag.
     
    Terrorist, Arzt und Pfarrerin betreten die Bühne.
     
    PFARRERIN WO kann ich helfen?
    OPFER Wer sind Sie?
    TERRORIST Er erkennt Sie nicht.
    PFARRERIN Er erkennt mich nicht?
    TERRORIST Er leidet wahrscheinlich an Prosopagnosie.
    ARZT An was?
    TERRORIST Seelenblindheit.
    ARZT Oh, das ist aber schön. Seelenblindheit. Dass es so was Schönes gibt.
    TERRORIST Lesen Sie denn nicht

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