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Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Titel: Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Berger
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damit waschen Ihr die Leut viele Sünden ab.»
    Die Susann kommentiert das gar nicht mehr. Vielmehr ist sie in Gedanken jetzt bei ihren Schwestern. Die wissen, dass sie heute gehen muss bei der Bauerin, und keine von beiden hat sich blicken lassen. Wundern die sich nicht einmal, was mit ihr ist? Und sie denkt an den Schuster Wetzel mit seinem Husten und seinen Schulden und seinen armen Kindern, dem sie seine drei Gulden für den ersten August versprochen hat, und sie hat nichts als dreißig Kreuzer. Ihr wird noch elender bei dem Gedanken. Es ist alles so vertrackt.
    Als sie fertig mit Wringen ist, hebt sie wortlos die Wanne mit der Wäsche.
    «Wohin wollt Ihr denn?» Plötzlich klingt die Neue freundlich.
    «Auf den Boden, die Wäsch aufhängen.»
    Die Seyfriedin steht geschäftig auf.
    «Da komm ich mit, Euch helfen.»
    «Das könnt Ihr Euch schenken, ich brauch für das bisschen Wäsche keine Hilfe.»
    Die Neue lässt sich aber nicht abschütteln und kommt der Susann einfach hinterher, alle vier Stiegen bis auf den Boden vom Hinterhaus. Die Susann denkt: Ich sterbe, wenn ich nicht gleich allein sein kann. Aber vielleicht ist es umgekehrt, da nämlich auch dieser Boden ein Gaubloch hat, und sie erschauert, wenn sie es nur aus dem Augenwinkel sieht. Die Neue hilft ihr tatsächlich, die vier, fünf armseligen Wäschestücke aufzuhängen, und lässt derweil nicht ab von ihr.
    «Wenn Sie mich fragt, Sie sollte aus Ihrer Schwangerschaft kein Geheimnis machen. Es kommt ja doch raus am Ende. Und Sie wär ja nicht die Erste und bestimmt auch nicht die Letzte. Was lohnt es denn bei Ihrem ruinierten Ruf noch, so ehrpusselig zu sein. Wo Sie nun einmal gehurt hat, kann Sie’s auch zugeben.»
    «Wenn ich was mit Mannspersonen gehabt hätte», wiederholt die Susann ihr übliches Sprüchlein, «dann würde mich die Frau Bauerin bestimmt nicht so lange behalten haben.»
    «Was heißt hier behalten? Soweit ich weiß, muss Sie heut noch aus dem Haus. Da kann wohl von Behalten keine Rede sein.»
    «Ich soll mich nur erholen; sie nimmt mich wieder zur Messe.»
    Der Seyfriedin fällt eine Wäscheklammer hin.
    «So? Das müsst ich aber wissen. Das wär ja ein Betrug von der Frau Bauerin. Für nur zwei Wochen hätt ich mich nicht dingen lassen.»
    «Sie will Euch ja auch länger behalten. Mich will sie nur dazunehmen. Das Haus braucht doch eigentlich zwei Mägde, während der Mess schon gar.»
    Die Seyfriedin beugt sich nach der Wäscheklammer.
    «Meine Zeit, was habt Ihr mir einen Schreck eingejagt. Na, wenn’s so ist, das soll mir fürs Erste ganz recht sein. Es wär mir gar nicht so genehm, während der Mess allein in einem so großen Gasthaus. Wer soll denn das schaffen.»
     
    Wieder unten in der Küche, bereitet die Susann das Abendessen vor, als wäre alles wie immer. Die Neue sieht ihr lernbegierig zu, fragt sie noch dabei recht freundlich dieses über die Arbeit und jenes über das Haus, und die Susann gewinnt den Eindruck, dass die Seyfriedin heute sehr froh ist, noch nicht allein verantwortlich zu sein. Sie schöpft wieder Hoffnung: Die Bauerin wird einsehen, dass die Susann gebraucht wird, um die neue Magd einzuweisen.
    Gegen sieben zeigt die Susann der Seyfriedin den Holzstall und erklärt ihr, wie viel sie für den nächsten Tag in die Küche bringen soll. Ihr ist es ganz recht, dass die Bauerin währenddessen gerade auf dem Hof mit Gästen im Gespräch ist und sieht, wie sie sich kümmert und dass die Neue aufgeschmissen wäre ohne sie.
    Gleich darauf, die Seyfriedin ist mit dem Holz beschäftigt, fängt die Susann an, in der Bierstub den Abendessenstisch für die Familie Bauer zu decken. Die Bauerin bekommt das alles mit, denn sie sitzt jetzt auf der Bank ihrer Wohnstube, durch die die Susann erstens das Essen hindurchtragen muss und von wo sie zweitens das gute Geschirr holt. Davon, dass die Susann fortgehen soll, ist plötzlich gar keine Rede mehr. Vielmehr bemerkt die Bauerin, sie wolle morgen Zinn polieren, es sei wieder an der Zeit, und die Susann sagt nichts, aber denkt sich, dass ihre Hilfe dabei nicht unerwünscht sein kann.
    Als der Tisch gedeckt ist, kommt wie immer die Asche dran, die aus dem Herd heraus und in die Waschküche zum Seifemachen gehört. Während die Neue der Susann hilft, die noch nicht ganz kalte Asche in die Wanne zu schöpfen, erzählt sie, dass bei ihrem alten Dienst der Haushalt ganz klein und überschaubar gewesen sei. Der alte Herr habe ja so bescheiden gelebt und kaum Gäste und

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