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Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Titel: Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Berger
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schlottert am ganzen Körper. Und dann wird es so schlimm, so schlimm, und als sie glaubt sterben zu müssen vor Schmerzen, da spürt sie, wie etwas zwischen ihren Beinen hervorstößt und dann auf den Steinboden schießt.
    Herr Jesus. Es darf nicht schreien.
     
    «Ich will einmal mit Euch kommen», erklärt die Frau Bauerin der Seyfriedin, während diese am Esstisch in der Bierstube die dreckigen Teller stapelt. Die Bauerin greift selbst eine Schüssel mit Gemüseresten, was der Seyfriedin angenehm auffällt (das hätte ihr Herr Witwer natürlich nie getan!), und sie folgt ihrer neuen Magd durch Wohnstube und Kinderschlafkammer in die Küche. Dort trifft sie aber die Person, die sie hier sprechen wollte, nicht an.
    «Ei, wo ist denn die Susann?»
    «Das weiß ich nicht, Frau Wirtin. Eben war sie noch da und hat ihren Tee getrunken. Wahrscheinlich ist sie jetzt zur Schwester.»
    Die Bauerin blickt unschlüssig hin und her in der Küche.
    «Sie wird doch nicht fortgegangen sein, ohne adieu zu sagen?»
    Das klingt fast sehnsüchtig. Die Seyfriedin kapiert allmählich, dass die liederliche, freche junge Person der Liebling der Bauerin ist. Sie denkt sich ihren Teil und läuft zurück in die Bierstub, um den Rest abzuräumen. So ein reichliches Abendessen. Kein Wunder, dass die Bauerin so dick ist. Und das bei den Preisen im Moment.
    Als sie zurückkommt, steht die Wirtin noch immer zwischen Herd und Küchentisch, die Hände gefaltet auf der Schürze.
    «So, Margret, wenn Ihr mit Abspülen fertig seid, dann kommt gleich nach vorn in die Bierstub, gelle. Da will ich Euch einweisen zum Bedienen.»
    Die Seyfriedin seufzt, als sie endlich in der Küche allein ist. Wär sie doch nur in einem gewöhnlichen Haushalt gelandet und nicht in einem Wirtshaus. Nach einem langen Arbeitstag noch bis nach der Polizeistunde bedienen! Dafür fühlt sie sich wirklich zu alt.
     
    An jenem Donnerstagabend war es endlich wieder einmal sommerlich warm, und kein Tisch in der Bierstube vom Gasthaus Zum Einhorn blieb unbesetzt. Auch einige der Herren Konstabler waren wieder da, von denen man sich eigentlich fragen musste, wie sie bei ihrem knappen Sold sich Saufgelage überhaupt leisten konnten. Jedenfalls kamen sie, besonders der Lange mit den Segelohren, gut auf ihre Kosten an diesem Abend, weil zusätzlich zum Bier noch gratis ein Unterhaltungsprogramm geboten wurde.
    Es begann damit, dass die Wirtin jedem, der es hören wollte, erzählte, dass sie ihre Magd Susann Brandin – ebenjene, auf die man früher ganz gern mal ein Auge geworfen hatte, bevor sie sich mit ihrem schwellenden Schwangerenbauch zum Gespött gemacht hatte –, dass sie, die Bauerin, diese Susann also heut auf ein paar Tage «zur Erholung» (dass man nicht lachte!) zu ihren Schwestern geschickt habe. Und dass sie sich etwas wundere, weil die Susann sich vorm Gehen nicht von ihr verabschiedet habe. Nun wisse sie ja auch gar nicht, wohin genau die Susann sich begeben habe. Und sie wäre aber doch kurios zu wissen, bei welcher ihrer Schwestern die Susann denn nun untergekommen sei!
    So um neun herum wurde dann der zweite Akt aufgeführt, indem nunmehr die Bauerin, ganz gegen ihre sonstige gelassene Art merklich nervös, den Judenknecht Bonum losschickte, um bei der nächstwohnenden Schwester der Susann, der Frau des Schreinermeisters Hechtel, sich nach dem Verbleib der Verschwundenen zu erkundigen. Die Hechtelin kam bald darauf höchstselbst mit dem Bonum zurück ins Einhorn. (Sie gefiel übrigens, stellte man fest, längst nicht so gut wie ihre hübsche, junge Schwester.) Und wenn die Bauerin heut Abend nervös genannt werden musste, so wirkte die Hechtelin hysterisch. Die Susann habe sich den ganzen Tag nicht bei ihr gemeldet, jammerte sie händeringend, und was denn die Frau Bauerin sich bloß gedacht habe, das Mädchen einfach fortzuschicken, ohne ihr − der Hechtelin − eigens Nachricht zu geben, noch dazu mit Leibschmerzen (Leibschmerzen, aha). Und wo sie, die Bauerin, doch wisse, dass der Hechtel die Susann keinesfalls nehmen wolle, da könne die Bauerin das arme Ding in seiner Not doch nicht auf die Straße setzen wie einen räudigen Köter!
    Sie verbitte sich diese Vorwürfe, mahnte schwitzend die Bauerin. Die Hechtelin habe genau gewusst, dass die Susann heute gehen würde, und wenn jemandem Vorwürfe gebührten, dann am ehesten dem Schreinermeister Hechtel, der die simple Christenpflicht verweigere, seine kranke Schwägerin für ein paar Tage zur Erholung ins

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