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Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Titel: Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Berger
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und sich vermengt damit, und es war für sie überhaupt keine Frage, was sie der Bauerin sagen würde.
    In der um diese Zeit ziemlich leeren Bierstube war die Wirtin nicht, dafür aber das Lieschen, das mit einem Besen in der Hand lasch auf einem Stuhl hing und die Hechtelin mit den Worten begrüßte, die Susann möge sich mal beeilen mit Gesundwerden, weil nämlich sie, das Lieschen, garantiert demnächst ihr Kind verlieren werde, wenn sie weiter so ranklotzen müsse.
    Wo denn ihre Schwiegermutter sei, erkundigt sich nervös die Hechtelin.
    «Wo wird sie schon sein», grummelt das Lieschen, «wird der neuen Magd hinterherjapsen und der das Händchen führen, während ich hier sehen kann, wo ich bleib.»
    «In der Küche», ergänzte leise von hinten der Bonum, der mit ein paar Gästen Karten spielte und ziemlich bleich aussah.
    Und in der Küche war sie auch, die Wirtin, beide Hände in einem nackten Huhn, und wurde ihrerseits bleich, als ihr Blick auf das von der Ursel im Knäuel vor dem Bauch getragene Hemd fiel.
    «Ja, um Himmels willen, habt Ihr das wieder mitgebracht?», fragte sie, an die Hechtelin gewandt, wischte sich aber, ohne eine Antwort abzuwarten, die Hände an der Schürze und führte die Besucherinnen eilig hinaus aus der Küche durch die Schlafkammer in die Wohnstube, wobei sie alle passierten Türen sorgfältig schloss.
    «Was sagt denn nun die Susann?», fragte sie etwas kurzatmig die Hechtelin direkt ins linke Ohr.
    «Frau Bauerin», beginnt die sehr erregt, «es ist natürlich das verklumpte alte Blut, was da von ihr gegangen ist. Ihr wisst doch selbst, was die Ärzte gesagt haben von wegen der Blutstockung. Und mir reicht es nun wirklich mit den Verdächtigungen, das Mädchen hat genug durchgemacht; ein für alle Mal: Sie ist und war nicht schwanger, und dass Ihr’s wisst, wer meiner Schwester nachsagt, dass sie geboren hätt, an den will ich mein Leben hängen.»
    Nach einem Vormittag, der, je weiter er fortschritt, desto störender die Abwesenheit der bewährten Magd spüren ließ, wollte die von dem ersten Schrecken ihres Fundes längst genesene Bauerin ebendies hören. Im Grunde ihres Herzens jedenfalls.
    «Nun ereifert Euch doch nicht so, Frau Hechtelin. Gelle, den Zweifel wollt ihr mir wohl gestattet haben, aber wenn Ihr’s mir derart beschwört, dann will ich Euch nun auch glauben. Also, die Susann kann wiederkommen, vorausgesetzt, dass sie gesund ist.− Aber was hat denn die Frau Königin da immer noch in der Hand! Ist da noch der Blutklumpen drin? Dann wollen wir den Dreck einmal schnell auf den Mist werfen, wo er hingehört. Und das Hemd nehmt Ihr danach am besten gleich wieder mit, zum Waschen.»
    Die Königin hielt das Knäuel von sich weg, der Hechtelin entgegen, und verkündete, also nein, sie könne das schmutzige, ekle Hemd ganz bestimmt nicht wieder mit zurückschleppen, das könne man nicht von ihr verlangen, weil sie jetzt gleich dringend los zur Frau von Stockum müsse, sie habe nämlich im Leben auch noch anderes zu tun, als sich um die Wäsch von der Susann zu kümmern, und man möge sie nun entschuldigen.
    Was man gerne tat.
     
    Draußen auf der Straße merkte die Königin, dass sie ihren nervösen Schluckzwang nun gar nicht mehr in den Griff bekam. Also so etwas. Die Dorette hätte sich wirklich besser mit ihr absprechen müssen. Damit war ja nun gar nicht zu rechnen, dass sie vor der Bauerin einfach alles abstreitet! Also wirklich. Zwar war es bei Licht betrachtet wohl besser so. Die ganze Familie Brand würde ja mit in den Dreck gezogen, wenn es ruchbar würde, dass die Susann heimlich geboren hatte. Ruchbar sollte es also möglichst nicht werden. Aber dass die Dorette einfach zur Tagesordnung übergeht und die Susann nun nach all ihren schrecklichen Sünden so leicht davonkommen sollte − das ging der Königin auch wieder gegen den Strich.
    Tief in Gedanken und mit schnellen kleinen Schritten (große machte sie nie, das war nicht damenhaft) marschierte sie die Predigergass runter und dann scharf rechts zum Dom. Ein kleiner Happen vom Weckmarkt würde vielleicht den Schluckzwang vertreiben. (Die Hälfte von der teuren Semmel würde sie dem Sohn abgeben. Also wirklich, die Preise dies Jahr!)
    Mit dem winzigen, angebissenen Semmelchen in der Hand begab sie sich dann etwas ruhiger auf den Weg nach Hause, wo sie sich noch schön machen wollte vor ihrem Gang zur Frau von Stockum. Nur dass sie sich, je näher sie der Alten Gasse kam, doch wieder aufregen musste: Weil

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