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Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Titel: Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Berger
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ist!»
    Wobei sie das Hemd aufrollt und samt verdreckter Nachgeburt der Susann aufs Bett wirft. All das sehr zur Befriedigung der Königin (obwohl sie zugleich, oje, ganz arg das Gruseln bekommt). Zu guter Letzt hat es also sogar bei der Hechtelin geklingelt, was sie sich da herangezüchtet hat in der Susann, mit ihrem Verwöhnen und Verziehen!
    Jetzt fängt das Mensch natürlich an zu heulen zum Steinerweichen, was die Königin allerdings überhaupt nicht beeindruckt, zumal man dem schluchzenden Gestammel zu allem Übel entnehmen muss, die Susann habe das Kind mit ein bisschen Heu und Stroh zugedeckt im Stall unter die Krippe gelegt. Allmählich muss man doch glauben, dass die Susann nicht nur bösartig, sondern auch dämlich wie nur etwas ist, indem sie das Kind, wenn sie schon die Schwangerschaft verschweigt, nicht einmal wie geboten im Main oder im Mistkübel versenkt, sondern es für jeden zum Finden im Stall herumliegen lässt! Und obwohl die Ursel vor Schreck kaum sprechen kann, so zugeschnürt ist ihr die Kehle und so beschäftigt ist sie mit einem nervösen Schluckreiz, so ruft sie doch aus: «Warum nicht in den Mist damit, du Aas!», was die Susann weinerlich mit den Worten bescheidet, das habe sie nicht über sich gebracht, und sie sei auch so verstört gewesen, sie habe gar nicht mehr denken können. Die Ursel bringt das nur noch mehr in Rage, denn über sich gebracht hatte die Susann ja offenbar noch ganz anderes, und Zartgefühl irgendeiner Art war das Letzte, was man ihr im Moment zugestehen wollte. Da hätte sie doch besser mal auf die älteren Schwestern Rücksicht genommen, die so viel für sie getan hatten, aber das war der Susann natürlich ganz gleich, was das alles für die Schwestern bedeutete, insbesondere für die Ursel mit ihren Beziehungen in den besten Kreisen. Wie sie nun dasteht in Frankfurt vor den Leuten, daran hat die Susann offenbar überhaupt keinen einzigen Gedanken verschwendet bei ihrem infamen Tun, wie sie ja stets in ihrem Leben immer nur ihren eigenen Launen und unvernünftigen Eingebungen gefolgt war.
    Jetzt fängt das Mensch doch tatsächlich an zu stammeln, sie wolle gleich wieder zu der Bauerin gehen und ihren Dienst antreten und dort sehen, wie sie das Kind besser verstecke. Als könnte man das alles einfach so übergehen.
    «Nichts dergleichen wirst du!», keift die Königin, vor Wut ihr nervöses Schlucken vergessend.«Du bleibst hier und rührst dich nicht von der Stelle.− Dorette, wir beide gehen, wir haben einiges zu bereden. Und das hier nehmen wir mit.»
    Wobei sie geschäftig nach dem blutigen Hemd mit dem Beweis greift.
     
    Die Königin hatte unten auf dem Hof eine private Konferenz mit der Schwester halten wollen, wurde aber in dieser Absicht erstens durch die Schwerhörigkeit der Hechtelin und zweitens durch das plötzliche Heraustreten der Vermieter behindert, die Anstalten machten wegzufahren und beim Warten aufs Anspannen nichts Besseres zu tun hatten, als die Königin in die peinlichsten Verlegenheiten zu bringen. Wer denn gestern Abend so spät noch gekommen sei? Die Schwester Susann? Ach, die ehemals so schmal gewesen war und nun nicht mehr, nicht wahr. Wie ging es der denn? Hatte die denn keine Arbeit mehr, dass sie mitten in der Nacht um ein Bett anklopfen musste? Ei, was trage denn die Frau Königin da in der Hand, das sehe ja fürchterlich aus, das Hemd. Das solle sie lieber in einem Korb verstauen, dass die Leut nicht auf der Straße in Ohnmacht fielen, wenn sie es sähen!
    Da die Hechtelin auf eine Besprechung ohnehin keinen Wert zu legen schien, schloss die Königin sich ihr gern an, als sie zum Aufbruch drängte und sehr zielstrebig die Alte Gass hinunter Richtung Stadt marschierte. «Wohin willst du denn, Dorette?», brüllte die Königin unterwegs, außer Hörweite der Vermieter, und es stellte sich heraus, das Einhorn war das Ziel der Hechtelin: Sie wolle mit der Frau Bauerin sprechen. Da bin ich aber gespannt, was die Dorette ihrer lieben Freundin, der Bauerin, jetzt sagen wird, dachte die Königin und meldete zugleich bei ihrer Schwester an: Viel Zeit habe sie nicht, da sie bald zur Frau von Stockum zum Nähen müsse. Oje, wenn sie daran denke, wie sie heut der Frau von Stockum gegenübertreten solle nach allem, da bekomme sie allein von der Vorstellung schon Vapeurs.
    Die Hechtelin ihrerseits verspürte auch etwas, was ihre Schwester wahrscheinlich «Vapeurs» genannt hätte. Die blanke Panik hatte sich über das Entsetzen gelegt bei ihr

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