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Gretchen

Titel: Gretchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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besitzen.«
    »Klar«, sagte Susan. »Ein kleines Bed and Breakfast eröffnen.«
    Derek zuckte mit den Achseln. »Was soll man machen?«, sagte er. Er drehte sich um und ging zurück an den Schreibtisch, den er vor ein paar Monaten von Parker geerbt hatte.
    Er sah nie aus, als würde er sich daran wohl fühlen. Er war ihm zu groß.

_ 19 _
    Sie hatten das Blut auf dem Boden im Pausenraum aufgewischt. Archie konnte das Bleichmittel immer noch riechen. Auf der Station hieß es, der Psychologe habe genäht werden müssen, Courtenay nicht. Sie war wieder in ihrem Zimmer, eingesperrt. Sie hatte den ganzen Nachmittag dasselbe Lied gesungen. »High Hopes« von Frank Sinatra. Man hörte es über den ganzen Flur.
     
    He’s got high hopes … high apple pie, in the sky hopes.
     
    Archie hoffte, dass es lustig gemeint war.
    »Meine Schwester kommt zu Besuch«, sagte Frank von der Couch her.
    »Ja, Frank«, sagte Archie.
    Archie hatte nach dem Abendessen geduscht, sich umgezogen und die Zähne geputzt. Sie aßen um fünf, wie alte Leute. Jetzt trank er Kaffee aus einer Tasse, auf der die gezeichneten Buchstaben für MONTAG auf einer Psychiatercouch liegen. In einer Sprechblase sagt Montag: »Alle hassen mich.«
    Archie trank einen Schluck und sah zur Uhr. Halb sieben. Debbie war immer pünktlich. Er beobachtete, wie sich die Zeiger der Uhr am unteren Rand trafen, dann blickte er zum Eingang des Aufenthaltsraums. Debbie stand dort an die Tür gelehnt und lächelte ihm zu. Die Sommerbräune, die sie von der Gartenarbeit bekommen hatte, war verblasst. Es gab keinen Garten in ihrer sicheren Wohnung in Vancouver. Trotzdem war sie schöner denn je. Kurzes, dunkles Haar, ein schwarzes Sommerkleid, die nackten Arme über Kreuz, silberne Armringe an den Handgelenken. Sie sah jünger aus, beinahe glücklich.
    Ben und Sara stürmten an ihr vorbei in den Raum und liefen zu Archie. Je älter sie wurden, desto ähnlicher sahen sie ihr. Ihre Sommersprossen. Das feine, glatte Haar. Die langen Gliedmaßen. Es machte Archie glücklich, so wenig von sich selbst in ihnen zu erkennen; vielleicht würde ihnen beträchtliches Leid erspart bleiben. Er umarmte sie beide, atmete den süßen Duft des Shampoos in ihrem dunklen Haar ein, hielt sie beide eine Sekunde länger fest, als sie es wollten.
    Sie wechselten im Herbst die Schule. Aber selbst wenn Debbie nicht umgezogen wäre, hätte sie ihnen niemals erlaubt, in ihre alte Grundschule zurückzukehren. Nicht nach allem, was dort passiert war. Es war der erste Ort gewesen, an den Gretchen nach ihrer Flucht gegangen war.
    »Lasst euren Vater und mich einen Moment allein«, sagte Debbie. Die Kinder sahen sie an, und Archie nickte und küsste sie beide auf den Kopf. Sie gingen und setzten sich auf die Couch vor dem Fernsehgerät.
    Sara streifte ihre Turnschuhe ab, zog die Beine unter sich auf die Couch und setzte sich neben Frank. Es war nach dem Abendessen, und alle außer Frank und Archie waren draußen zum Rauchen. Freizeit.
    Tierarztnotruf lief immer noch. Es musste eine Dauersendung sein.
    »Ist das, wo die Katze stirbt?«, fragte Sara.
    »Die Folge mit dem Frettchen«, sagte Frank.
    »Gut«, sagte Sara.
    Debbie wartete einen Moment, bis die Kinder in der Sendung versunken waren, dann ging sie zu Archie. »Was ist los?«, fragte sie. Sie hatte die Arme noch immer verschränkt. Er konnte sie riechen. Dasselbe Shampoo wie die Kinder, aber andere Gerüche mischten sich hinein – eine Moschuslotion und ein Parfüm, das er nicht kannte.
    Sie hatten sich vor fast zwanzig Jahren im College ineinander verliebt. Es fiel ihm immer noch schwer, sich ein Leben ohne sie vorzustellen. Aber er achtete darauf, dass sie es nicht sah. Er wollte nicht alles noch schwieriger machen, als es bereits war.
    »Was meinst du?«, sagte er und dachte an das Telefon in seiner Tasche.
    »Sie ist wieder da«, sagte Debbie.
    »Sie ist eine Serienmörderin«, sagte Archie. »Es war nur eine Frage der Zeit, bis es wieder losgehen würde.«
    »Ich dachte, sie wäre geflohen«, sagte Debbie. »Sie sei weit weg.« Sie machte eine hilflose Geste. »Irgendwo auf einer Eisscholle.«
    »Es wird sie wohl gelangweilt haben, Eskimos umzubringen«, sagte Archie.
    Die Balkontür ging auf, zwei Frauen kamen herein und setzten sich an einen Tisch in der Nähe des Fernsehers. Eine der Frauen war während Courtenays Zusammenbruch im Flur gewesen.
    »Wann wird das enden?«, sagte Debbie und schloss die Augen.
    »Wenn sie tot ist«, erwiderte

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