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Gretchen

Titel: Gretchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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Interesse an dem Fall.« Er hielt inne. Eine Möwe stieß kreischend auf die Anlegestelle herab. »Irgendwann geriet ihm alles durcheinander«, fuhr Jack fort. »Er romantisierte den Beauty Killer. Jeremy erinnerte sich an nichts, deshalb malte er Bilder von ihm – es war immer ein Er –, wie er sich sein Aussehen vorstellte, mit großen schwarzen Flügeln und Hörnern. Die Therapeuten sagten, er werde von der Kraft des Mörders angezogen. Als man Gretchen fasste, war Jeremy sofort verliebt.«
    »Er war ein zartes Kind«, sagte Archie freundlich.
    Jack betrachtete weiter sein Boot. »Er hat Sie immer verehrt.«
    Die Möwe flog auf. Das Boot schaukelte. »Wissen Sie, wo er ist?«, fragte Archie.
    Jack Reynolds setzte eine entschlossene Miene auf. »Ich kann ihn suchen«, sagte er.
    Archie machte einen Schritt auf ihn zu. »Suchen Sie ihn«, sagte er. »Bringen Sie ihn von dieser Geschichte ab. Aber zuerst will ich wissen, wo er ist und mit wem er sich eingelassen hat.«
    Jack lächelte, aber in seinen Augen blitzte etwas Düstereres auf. »Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Archie?«
    »Ja. Ich brauche eine Waffe«, sagte Archie. »Und ein Handy mit Prepaid-Karte.«

_ 34 _
    Die Möwe war fortgeflogen.
    Es war zehn Minuten her, seit Archie Jack Reynolds in das Tudor-Schloss gefolgt war und Susan mit dem Anwalt auf dem Pier stehen lassen hatte.
    Der Anwalt räusperte sich. »Und sind Sie in Oregon aufgewachsen?«, fragte er.
    Susan hatte bisher demonstrativ geschwiegen. Offenbar kapierte er es nicht. »Ihr Klient hat übrige Waffen und Handys mit Prepaid-Karte herumliegen?«
    Der Anwalt trug einen teuren grauen Anzug und ein schwarzes Hemd, das am Kragen offen war. Susan konnte seine Kleidung bewundern und ihn trotzdem nicht mögen. »Er ist gern vorbereitet«, sagte er.
    Klar. Susan kniff die Augen zusammen. »Was genau macht Ihr Klient?«
    Der Anwalt lächelte sie nachdenklich an. »Er ist im Immobiliengeschäft.«
    »Aha«, sagte Susan. Sie holte ihre Zigaretten aus der Handtasche, zündete sich eine an und machte einen Zug. Normalerweise hätte sie um Erlaubnis gefragt. »Er und Archie sind Freunde?«
    Der Anwalt hielt inne und schien über eine Antwort nachzudenken. »Archie hat die Familie immer großzügig über den Fall auf dem Laufenden gehalten. Sie kennen sich schon sehr lange.«
    »Wie lange arbeiten Sie schon für ihn?«
    »Er war mein erster Klient. Direkt nach dem Jurastudium.«
    »Lassen Sie mich raten«, sagte sie. »Lewis and Clark?« Alle Anwälte in der Stadt studierten dort. Susan glaubte manchmal, es musste eine Vorbedingung sein, um in die Anwaltskammer aufgenommen zu werden.
    »Hat Archie Probleme?«
    Susan verdrehte die Augen. »Verglichen mit …«
    Er zückte seine Brieftasche, entnahm ihr eine teuer aussehende Visitenkarte und drückte sie ihr in die Hand. »Sie können mich immer anrufen«, sagte er. »Ich bin tatsächlich Anwalt.« Seine Mundwinkel zuckten. »Und ich bin diskret.«
    Susan wurde nicht ganz schlau aus ihm. Und das gefiel ihr nicht. Sie schaute auf ihre Schuhe hinunter. »Es ist hübsch hier draußen.«
    »Bildhübsch.« Er nahm ihr die Zigarette aus der Hand, zog daran und gab sie ihr zurück.
    Susan sah die Zigarette an.
    »Danke«, sagte er. »Ich gewöhne es mir gerade ab. Aber hin und wieder mache ich heimlich einen Zug.«
    Eine weitere Möwe landete auf der Anlegestelle und pickte an einem alten Köder, der dort lag und in der Sonne briet.
    »Wie hieß seine Tochter?«, fragte Susan.
    Der Anwalt deutete auf das Boot. Über dem Ruder prangte in goldglänzender Kursivschrift ein Mädchenname. »Isabel«, sagte er. »Sie war meine Schwester.« Er nahm ihr die Zigarette wieder aus der Hand und machte noch einen Zug. »Jack Reynolds ist mein Vater. Jeremy ist mein kleiner Bruder.« Er rauchte die Zigarette zu Ende, warf sie auf den Boden und trat darauf. »Eine große, glückliche Scheißfamilie.«

_ 35 _
    »Wir reden nicht?«, sagte Archie.
    Sie fuhren in südlicher Richtung auf dem Highway 43 nach Portland zurück, das alpine Einkaufszentrum von Lake Oswego lag zu ihrer Linken. Susan antwortete nicht. Ein DJ des alternativen Rocksenders quasselte über Laserchirurgie.
    Archie zuckte die Achseln. Die Waffe und das Handy, die er von Jack Reynolds bekommen hatte, lagen in seinem Schoß. Er leerte die Kammer der Waffe, verstaute die Kugeln in einer für Kleingeld gedachten Ablage in der Mittelkonsole und die Waffe und das Handy in Susans Handschuhfach.
    »Was soll das

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