Gretchen
Negro«, sagte Susan.
Archie runzelte die Stirn. »Ich glaube nicht, dass es noch so genannt wird.«
»In meiner Highschoolzeit bin ich zu Partys hier draußen gegangen«, sagte Susan. »Sie hatten die besten Drogen.«
Sie kamen an einem neu erbauten Einkaufszentrum in der Ortsmitte vorbei. Es hatte die Fassade einer alpinen Skihütte. »Die reichen Müßiggänger«, sagte Archie.
Sie fuhren eine Weile schweigend mit offenem Fenster. Schließlich wurde Susan nervös und schaltete einen alternativen Rocksender ein. Sie hatte schon ein paar iPods besessen, aber sie wurden ihr immer aus dem Wagen gestohlen. So war Portland. Es wimmelte von Pazifisten und Vegetariern, aber wenn man seinen Wagen an der Straße parkte, konnte es gut sein, dass jemand das Schloss aufhebelte und deinen iPod an sich brachte.
Sie fuhren über Eisenbahngleise und an der Privatzufahrt vorbei, die zum Oswego Yacht Club führte, dann über eine malerische Steinbrücke. Enten schwammen auf dem See. Die Wohngegend wurde nun immer ungestörter und ruhiger. Die Häuser sahen aus wie Hausboote am Strand, mit Anlegestellen, an denen Motorboote erwartungsvoll auf und ab schaukelten. Je weiter sie um den See fuhren, desto größer wurden die Häuser und desto dünner der Verkehr. Alle Leute, die ihnen begegneten, lächelten und winkten. Die Häuser sahen aus, als wären sie aus einem Möbelkatalog bestellt und aus Bausätzen zusammengefügt worden. Die Autos waren lauter Land Rover, Volvos und BMWs. Ein paar Civics – aber Susan war sich ziemlich sicher, dass sie Söhnen und Töchtern gehörten, die in den Semesterferien zu Hause waren.
Archie dirigierte sie an einem gelben Briefkasten vorbei und eine private Zufahrt entlang, die an einem Eisentor endete. »Halten Sie hier«, sagte er.
Susan konnte das Haus nicht sehen, aber das Tor war verdammt beeindruckend.
»Wer wohnt hier?«, fragte sie.
»Er heißt Jack Reynolds«, sagte Archie.
Susan zog die Augenbrauen hoch. »Er ist reich«, sagte sie.
»Er ist sehr reich«, erwiderte Archie. Eine Autolänge vom Tor entfernt gab es eine Sprechanlage auf einem Pfosten. Sie sah aus wie etwas, wo man einen Burger bestellen konnte.
Archie löste seinen Sicherheitsgurt und beugte sich über Susan. Seine plötzliche Nähe verursachte ihr Bauchgrimmen. Sein dunkles, grau gesprenkeltes Haar war nur Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt.
Wenn man errötet, wird die Innenseite des Magens ebenfalls rot. »Die Wissenschaft der Gefühle« war Susans erster Artikel gewesen, mit dem sie es auf die Titelseite der Lifestyle-Beilage gebracht hatte.
Archie drückte auf einen Knopf und sagte: »Hier ist Archie Sheridan.« Es gab keine hörbare Antwort, aber ein rotes Licht über dem Lautsprecher wurde grün, und das Tor ging auf. Archie sank wieder auf seinen Sitz zurück.
»Sie können hineinfahren«, sagte er.
Susan hustete. »Gut«, sagte sie.
Sie fuhren durch das Tor und auf eine Brücke. Sie war nicht lang, nicht einmal zehn Meter, und bestand aus grob gehauenen Steinen.
»Es ist eine Insel«, sagte Susan. »Sie wohnen auf einer verdammten Insel.«
» Parken Sie hier«, sagte Archie und deutete auf einen gepflasterten Parkbereich, wo bereits vier Fahrzeuge standen.
Susan parkte neben dem Pick-up eines Gartenbauunternehmens.
Es gab nur eine begrenzte Anzahl von Möglichkeiten, in Oregon so reich zu werden, dass man sich eine Insel leisten konnte. Susan vermutete, dass der Typ hier rechtzeitig vor dem Platzen der Internet-Blase ausgestiegen war. Oder das Polarfleece erfunden hatte. Was er auch tat, er musste sein Geschäft gut beherrschen. Sie fragte sich, ob es schon einmal ein Porträt von ihm im Herald gegeben hatte.
»Und in welcher Beziehung steht der Typ hier zu dem Jungen, den Sie auf dem Foto erkannt haben?«
»Gretchen hat vor zwölf Jahren seine Tochter ermordet«, sagte Archie. »Der Junge auf dem Foto ist sein Sohn.«
»Kommen Sie viel hier heraus?«, fragte Susan.
»Früher ja«, antwortete Archie. »Inzwischen ist es ein paar Jahre her.«
Zwei Jahre, übersetzte Susan. Seit Gretchen ihn gefangen genommen hatte.
Archie öffnete die Tür und stieg aus. Susan tat es ihm gleich. Sie schaute sich um. »Ich vermute, ich muss den Wagen nicht abschließen«, sagte sie.
Die Insel war nicht groß. Susan schätzte sie auf einen halben Hektar, wenngleich sie eigentlich nicht genau wusste, wie viel das war. Das Haus war alt oder sah zumindest so aus – wie eine Filmkulissenversion eines Landsitzes
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