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Gretchen

Titel: Gretchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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in kurzen Stößen. Archie machte sich Sorgen, sie könnte zu hyperventilieren beginnen. Er brauchte sie bei klarem Verstand.
    Er griff mit seiner linken Hand nach ihrer rechten und drückte sie. Ihre Hand fühlte sich kalt an. Er spürte ihren Puls durch die Handfläche.
    Aber sie sah ihn an. Und sie erwiderte den Händedruck.
    Archie hatte einen Plan.
    Er streckte die rechte Hand nach dem Skalpell aus. Shark Boy legte es ihm in die Handfläche. Es war größer als das Skalpell, mit dem Gretchen in Archies Brust geschnitten hatte, aber nicht so hübsch. Das hier war eins zum Wegwerfen, Plastik und Stahl. Gretchens war erstklassig gewesen.
    Archie schloss die Hand um den Plastikgriff.
    »Wo?«, fragte er den Maskierten.
    Er konnte den sauren Atem des Maskenmanns riechen, hörte Shark Boys Zähne klicken, fühlte Susans Puls in seinen Fingerspitzen.
    Wäre jemand jetzt in den Raum gekommen, er hätte gedacht, die vier führten eine vertrauliche Unterredung – der Maskenmann dicht neben Susan, Shark Boy hinter ihr, Archie, das Gesicht Susan zugewandt, ihre Hand haltend.
    »Heb mein Hemd hoch«, sagte der Maskierte.
    Archie drückte Susans Hand noch einmal fest und ließ sie dann los.
    Er machte einen Schritt vorwärts. Er war jetzt so nahe an Susan, dass seine rechte Schulter ihre nackte linke Schulter direkt über der Stelle berührte, wo Shark Boy den Arm um sie geschlungen hatte. Er spürte durch sein Hemd, wie sich ihre Brust hob und senkte. Archie zog das T-Shirt des Maskierten aus dessen Hose und hob es an. Er wartete einen Moment, bis er nach unten blickte. Er wusste, was er sehen würde.
    Die Brust des Maskierten war eine einzige Masse Narbengewebe.
    Die Narben waren besser verheilt als die von Shark Boy. Es waren Dutzende. Sie waren über einen längeren Zeitraum entstanden, die ältesten sahen mindestens ein Jahr alt aus. Die jüngsten waren noch rot und wund.
    »Ich habe es selbst gemacht«, sagte der Maskierte. »Ich will, dass du es besser machst. Ich will, dass sie aussehen wie deine.«
    »Ich sehe, du hast Wachs benutzt«, sagte Archie.
    Susan begann zu lächeln, zuckte aber zusammen, als sich die Nadel in ihrem Gesicht bewegte.
    Der Maskierte wies mit dem Kinn auf das Skalpell in Archies Hand. »Los«, sagte er. »Schneide mich.«
    Archie hielt das Skalpell in die Höhe und wackelte damit. »Lasst sie gehen«, sagte er.
    Niemand rührte sich.
    Archie veränderte seinen Griff an dem Skalpell. »Das ist der Palmar-Griff«, sagte er und hielt das Gerät mit Mittel-, Ring- und kleinem Finger, wobei die Daumenwurzel es auf der anderen Seite stabilisierte und der Zeigefinger auf der Rückseite der Schneide lag. »Man nennt es auch Speisemessergriff.« Er sägte in der Luft damit herum. »Man versteht, wieso.« Er betrachtete das Skalpell. Selbst bei der schwachen Beleuchtung funkelte es. Sein Magen zog sich allein beim Anblick der Klinge zusammen, aber er ließ sich nichts anmerken. »Das ist der beste Griff für erste Einschnitte und größere Schnitte.«
    Er veränderte den Griff erneut, diesmal hielt er das Skalpell mit den Spitzen von Zeige- und Mittelfinger sowie der Daumenspitze, sodass der Plastikgriff in der Beuge zwischen Daumen und Zeigefinger lag. Er schrieb etwas Imaginäres in die Luft. »Der Bleistiftgriff«, sagte er. »Bei dem muss man aufpassen, dass man den Griff nicht zu nah am Zeigefinger liegen lässt. Sonst bekommt man leicht einen Krampf.« Archie betrachtete die Klinge und runzelte die Stirn. »Besser für kleinere Skalpelle geeignet.«
    »Gretchen hat den Palmar bevorzugt«, sagte er. »Wie die meisten Chirurgen.« Er lehnte sich gegen den Maskenmann, so nahe, dass er seine Augenfarbe durch das Nylon sehen konnte – blau. »Lass sie gehen«, sagte Archie. »Dann tue ich, was du willst.«
    Der Maskierte bewegte die zweite Nadel von Susans Kinn weg und packte mit derselben Hand das Ende der Nadel, die in ihrer Wange steckte. Mit einer fließenden Bewegung zog er sie heraus.
    »Scheiße«, schrie sie auf. Diesmal ließ Shark Boy sie die Hände heben, und sie legte beide an ihre blutende Wange.
    »Verschwinde von hier«, sagte der Maskenmann leise.
    Sie riss wütend den Kopf zurück. »Nein«, sagte sie.
    Archie ließ das Skalpell sinken und beugte sich zu Susan vor. Er küsste die Hand, die die Wange bedeckte. »Vertrau mir«, flüsterte er.
    Sie funkelte alle zornig an, dann machte sie einen Schritt auf ihre Handtasche zu, die nahe der Wand auf dem Boden lag.
    »Nein«, sagte der

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