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Gretchen

Titel: Gretchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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Gretchen Isabel zugefügt hatte und keinem ihrer übrigen Opfer.
    Er ließ die Klinge auf seinen Oberschenkel sinken, auf die Innenseite, direkt über dem linken Knie, und zog das Skalpell über die Haut. Es war leicht. Die Klinge war scharf, und es tat nicht weh. Sofort bildete sich eine zwei Zentimeter lange Linie aus Blut.
    »Sie hatte einen Socken mit einem Ziegel darin, und damit schlug sie Isabel immer auf den Kopf«, sagte Jeremy.
    Archie blickte auf.
    Jeremy erinnerte sich tatsächlich.
    Und obwohl Archie wusste, dass er an Jeremys fragile Psyche denken sollte, daran, den Fall abzuschließen und noch mehr Beweise gegen Gretchen zusammenzutragen, war er nur zu einem Gedanken fähig: Ich bin nicht allein.
    Und er war froh. Darum ging es ihm im Grunde, nicht wahr? Er wollte, dass sich Jeremy erinnerte, weil es bedeuten würde, dass es noch jemanden gab, der Bescheid wusste. Jemanden, der überlebt hatte. Jemand, der so beschädigt war wie Archie.
    Er wollte nicht allein sein.
    Sie beide wollten es nicht.
    Jeremy starrte an ihm vorbei. Das halb geschnittene Herz auf seiner Brust blutete immer noch, und Jeremy musste Blut an seine Hände bekommen haben, denn es war über sein Gesicht und auf dem Arm verschmiert.
    »Sie schwang den Socken mit Wucht«, sagte er. »Er traf sie hier.« Er berührte seinen Schädel hinter dem linken Ohr. Archie erinnerte sich an Isabels Autopsiebericht. Es stimmte mit der Stelle einer kleinen Fraktur überein, die der Gerichtsmediziner gefunden hatte. »Dann hat sie sie gefesselt.«
    Jeremy hielt inne und sah Archie an, sein Blick huschte zu dem kleinen Schnitt, den Archie an seinem Oberschenkel zuwege gebracht hatte.
    Archie hob das Skalpell wieder und zog eine weitere Linie Blut in seinen Oberschenkel. Er tat es langsam diesmal. Er musste vorsichtig sein. Wenn er nur den leisesten Druck ausübte, würde das Skalpell zu tief schneiden.
    Jeremy fuhr fort. »Isabel war auf dem Rücksitz. Ich war auf dem Beifahrersitz. Sie hat mich nicht gefesselt. Wir haben nicht geredet. Sie fuhr in den Wald mit uns.« Seine Stimme war jetzt ausdruckslos, distanziert, als würde jemand die Einzelheiten eines Traums berichten. Archie wischte sein Blut vom Skalpell auf das Handtuch.
    »Es muss eine Forststraße gewesen sein«, sagte Jeremy. »Sie musste aussteigen und eins von diesen Gattern öffnen. Wir fuhren sehr lange. Sie sagte nichts. Isabel wachte auf und weinte auf dem Rücksitz. Ich konnte sie hören, aber ich traute mich nicht, mich umzudrehen oder etwas zu sagen.«
    Archie drückte die Klinge wieder in sein Fleisch. Vier Kinder wurden als mutmaßliche Opfer von Gretchen geführt, alle waren gefoltert worden und trugen ihre Herz-Signatur auf der Brust. Archie hatte Gretchen nie dazu bringen können, sich zu einem davon zu bekennen. Sie hielt sie als den letzten Preis zurück, immer gerade außer Reichweite.
    »Wir hielten am Rand des Wegs«, sagte Jeremy. »Und Gretchen stieg zu meiner Schwester auf den Rücksitz.«
    Archie drückte die Klinge fester hinein. Er wollte es spüren. Er hatte es verdient. Gretchen hatte die Kinder wie Bonbons vor ihnen baumeln lassen. Aber Archie hatte nie gewollt, dass sie gestand, denn er hätte ihre Geständnisse anhören müssen, hätte hören müssen, was sie ihnen angetan hatte, und es mit all den Nächten in Beziehung setzen müssen, die er mit seinem Glied in der Hand an sie gedacht hatte.
    »Sie schnitt sie mit einem Schablonenmesser«, sagte Jeremy. »Sie hatte eine Packung Klingen, und wenn eine stumpf wurde, ersetzte sie sie durch eine neue. Isabel schrie. Sie sah so verängstigt aus. Gretchen schnitt eine ihrer Brüste ab. Sie sagte, Amazonen hätten sich eine Brust abgeschnitten, weil sie dann leichter mit einem Bogen schießen konnten. Als sie die Brust vom Muskel abgetrennt hatte, warf sie sie aus dem Fenster und sagte: ›Jetzt ist sie eine Amazone.«‹
    Archie fühlte etwas. Aber es war nicht Schmerz – es war Abscheu. Und zum ersten Mal seit Jahren war er nicht nach innen gerichtet. Er verabscheute Gretchen. Er wollte, dass Jeremy weitererzählte. Er wollte jedes blutige Detail wissen. Weil er sie mit jedem Schrecken, den sie begangen hatte, nur noch mehr hasste. Die Wut pulsierte wie Endorphine durch seine Blutbahn.
    »Ich weiß nicht, wie lange es dauerte«, sagte Jeremy. »Stunden. Nach einer Weile wurden Isabels Augen glasig, und sie wurde sehr bleich und schlaff. Gretchen setzte eine neue Klinge ein und schnitt ihr die Kehle durch. Sie

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