Greystone Saga: Mit Schwert und Feder: 1 (German Edition)
ich setze mich auf sie und halte ihre Hände fest.“ Mit gerunzelter Stirn kam er auf ihr zum Sitzen. „Das letzte Mal, als wir uns in so einer Position befanden, war ich acht Jahre alt und du hattest mir mein Spielzeugpferd weggenommen“, murmelte er. „Was nun, Ian?“
„Vergiss, dass du ihr Bruder bist und stell dir vor, du willst sie wirklich in eine kompromittierende Situation bringen.“
Jake verstärkte den Druck auf Joannas Hände. Joanna sah zu Ian, dieser nickte, und sie bewegte ruckartig ihre Arme und Hüften. Jake fiel von ihr herunter und sie zog ihr Knie an.
„Aua, Joanna, willst du mich entmannen?“, schrie er auf.
„Selbst schuld“, gab sie wenig mitfühlend zurück. „Ich beherrsche diese Übung noch nicht, weil du uns unterbrochen hast.“
Grummelnd rieb sich Jake über seinen schmerzenden Unterleib. „Du kannst dich übrigens wieder umdrehen, Ian. Ich sehe auch von hinten, dass du lachst. Und was dich angeht“, er sah Joanna streng an, „versprich mir, dass du das niemals bei deinem zukünftigen Ehemann machst!“ Vorsichtig kam er zum Stehen. „Eigentlich kannst du froh sein Ian, dass ich dich bewusstlos geschlagen habe, bevor Joanna dir bei weiteren Übungsversuchen versehentlich mit ihrem Knie die Männlichkeit geraubt hätte.“ Er strich seine Kleider glatt. „Was hast du als nächstes für ihr Training geplant?“
„Das nächste Mal wollte ich Joanna den Umgang mit Messer und Degen beibringen“, antwortete Ian vergnügt.
Jake stöhnte. „Diese Stunde übernimmt Adamo.“
Die bevorstehende Zwischenprüfung Mitte Dezember versetzte die Burg und ihre Bewohner täglich mehr in Aufregung. Es gab viel vorzubereiten, da die Prüfungen eine ganze Woche andauern würden. Höhepunkt war die Feier am vorletzten Abend, zu der die Familien der Studenten, Freunde und ehemalige Absolventen anreisten. Die letzte Prüfung, die am Tag darauf stattfand, war traditionell die Schwertkampfprüfung und danach begannen die Winterferien.
Ian war mit den Vorbereitungen für die Zwischenprüfung völlig ausgelastet. Er war zugegebenermaßen wirklich nervös, was seine drei Nachhilfeschüler anging. Da sie so gute Fortschritte gemacht hatten, wollte er nun, dass sie die Prüfung nicht nur bestanden, sie sollten sie bitte auch gut bestehen. Leider war Philipp von dem gleichen Ehrgeiz besessen, was seine Reitkünste betraf, sodass er ständig zwischen Waffenhalle und Pferdestall pendeln musste. In der verbleibenden freien Zeit lernte er für die mündlichen und schriftlichen Tests. Trotzdem hatte er darauf bestanden, weiterhin einmal in der Woche mit Joanna zu üben.
„Willst du dich nicht lieber ausruhen?“, fragte sie ihn, während sie gemeinsam zur Waffenhalle gingen, wo Adamo sie erwartete. „Du siehst müde aus.“
„Nein. Das Trainieren mit dir macht mir Spaß, und ich kann dabei den Prüfungsstress vergessen. Außerdem wollen wir doch heute mit dem Messer anfangen“, erinnerte er sie und schloss die Tür der Waffenhalle hinter ihnen.
„Oh, dann muss ich mich gut konzentrieren“, Joanna lachte, „damit ich dich nicht so kurz vor der Prüfung verletze.“
„Kein Problem, ich habe extra ein altes Hemd angezogen, ein paar Blutflecken oder Risse wären also nicht schlimm.“
Wie erstarrt blieb sie stehen. „Ach du meine Güte!“ Sie schlug sich mit der Hand an die Stirn. „Wie konnte mir das passieren? Was machen wir nur?“
„Joanna?“ Ian sah sie fragend an. „Wäre es möglich, dass du mir sagst, wovon du sprichst?“
„Du hast keine Kleider für die Feier.“
„Natürlich habe ich Kleidung für festliche Anlässe. Das weißt du doch.“
Ihr Blick wurde schuldbewusst. „Die Prüfungsfeier wird im Stil einer Grand Nuit ausgerichtet, wie sie am Königshof üblich ist. Dafür gibt es eine genaue Kleiderordnung. Du brauchst die Große Garderobe – und die besitzt du nicht.“
„Stimmt, Maître de Seyn hat beim Tanztraining darüber gesprochen. Allerdings dachte ich, meine Kleider wären ausreichend.“
Joanna schüttelte den Kopf. Das war einer der wenigen Momente, in dem man merkte, dass Ian die Erfahrung eines adligen Lebenswandels fehlte. „Leider nicht. Aber wo bekommen wir jetzt noch etwas für dich her? Wir haben keinen passenden Stoff da, der Händler kommt erst in ein paar Wochen und für eine Reise nach Kerlington oder Chesmuir fehlt die Zeit.“ Sie kaute auf ihrer Unterlippe, doch dann huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. „Adamo, heute Abend
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