Greystone Saga: Mit Schwert und Feder: 1 (German Edition)
den Tisch und sie sah ihn fragend an: „Hat Jake dir eigentlich erzählt, dass er in Lionsbridge gewesen war, um sich mit Galad auszusprechen? Aber die Torwachen haben ihn überhaupt nicht hineingelassen, weil Galad abwesend wäre.“ Bedauernd schüttelte sie den Kopf und griff in den Brotkorb.
Eine Weile aßen sie im einvernehmlichen Schweigen, dann ergriff Joanna erneut das Wort: „Ich habe es sehr vermisst, mit dir zusammen zu essen. Aber ab morgen wird alles so sein wie vorher.“ Sie lächelte. „Ich nehme den Unterricht und die Arbeit in der Apotheke wieder auf.“
„Das ist gut. Aber wenn ich Jake richtig verstanden habe, will er dich weiterhin möglichst bald verheiraten.“
Sie zerpflückte ihre Brotscheibe. „Mein Bruder sieht es als seine große Lebensaufgabe, mich unter die Haube zu bringen.“ Sie schnaubte. „Allerdings haben wir vereinbart, es ruhiger angehen zu lassen. Die Sache mit dem Korsett hat ihn sehr erschreckt.“ Überrascht betrachtete sie die Brösel, die vor ihr auf dem Tisch lagen. „Ich finde, das letzte halbe Jahr war ganz schön turbulent“, sagte sie schließlich. Mit einem Kichern fügte sie hinzu: „Erst kamst du, dann die Entführer und schließlich Lady Tamara.“
„So, ich stehe bei dir also in einer Reihe mit Verbrechern und Heiratsvermittlerinnen?“, fragte er in gespielter Empörung und warf ihr einen Apfel entgegen, den sie geschickt auffing.
„Immerhin habt ihr alle drei für großen Wirbel gesorgt. So viel Aufregung hatten wir in Greystone lange nicht mehr“, verteidigte sie sich. „Und wenn ich noch Galads geheimnisvollen Abgang und Jakes Anfälle brachialer Gewalt dazu nehme, frage ich mich ehrlich, wie wir das alles bis hierhin überstehen konnten.“
„Mit viel Humor, würde ich sagen. Wobei mir das Lachen das eine oder andere Mal dann doch vergangen ist.“ Sein Gesicht war ernst geworden.
Joanna legte den Rest ihres Brotes beiseite und ergriff seine Hand. „Es wird jetzt ruhiger. Ich meine, schlimmer als die letzten Monate kann es nicht mehr werden, oder? Du kannst dich nun entspannen.“
Entgeistert sah Ian sie an. „Joanna, es ist Mitte November! In vier Wochen findet die Zwischenprüfung statt. Das Letzte, an das ich denke, ist Entspannung.“
„Oh, das habe ich vergessen.“ Entschuldigend sah sie ihn an. „Es ist deine erste Prüfung, oder?“
„Nett von dir, mich daran zu erinnern“, erwiderte er ironisch.
Sie drückte seine Hand. „Du wirst diese Zwischenprüfung bestehen, und du wirst sie gut bestehen, dessen bin ich mir vollkommen sicher.“ Ihre Stimme nahm einen aufgeregten Tonfall an. „Und nach der Prüfung verbringen wir ein paar schöne Tage mit Ronen und Charlotte, hinterher reisen wir gemeinsam nach Delaria, und du bekommst endlich ein eigenes Schwert. Und ein paar Monate später bestehst du genauso gekonnt die Abschlussprüfung, und dann … stehen dir alle Türen offen.“
Und unsere Wege trennen sich für immer, vollendete Ian ihre Aufzählung in Gedanken. Er schaute sie an. Wenn er sich nicht täuschte, hatten ihre letzten Worte viel weniger begeistert geklungen als der Anfang ihrer kleinen Rede.
Joanna schien das ebenfalls bewusst geworden zu sein. „Hast du schon Pläne für die Zeit nach Greystone?“, fragte sie hastig.
Ian sah sie lange an, bevor er antwortete: „Ich will in das Heer des Königs eintreten. Wenn ich mich im Kampf bewähre, wird er mich vielleicht irgendwann …“ Er stockte. Bis jetzt hatte er noch niemandem von seiner Idee erzählt.
„Bitte, sprich weiter.“
„Es ist nur ein unsinniger Traum“, wehrte er ab aus Angst, sie würde ihn auslachen.
„Es ist dein Traum, und ich möchte ihn hören“, bat Joanna.
„Vielleicht belohnt mich der König mit einem Rittergut, wenn ich ihm erfolgreich diene.“ Er schaute sie an und wartete darauf, dass sie sich über ihn lustig machte.
Aber Joanna nickte mit dem Kopf. „Es stört dich sehr, keinen Familiennamen mehr zu haben.“
„Mehr als du dir vorstellen kannst. Auch wenn wahrscheinlich niemals jemand erfahren wird, dass ich den Namen Darkwood nicht mehr führen darf, hätte ich gerne etwas Eigenes, etwas Richtiges, das nur mir gehört.“
„Das kann ich gut verstehen und ich würde es dir gönnen. Was glaubst du, wie lange könnte es dauern?“
„Sehr lange, befürchte ich. Fünfzehn Jahre? Zwanzig Jahre?“
„Schade, das ist zu lange.“
„Wie meinst du das?“
„Wenn du so viel Zeit und Kraft in den Erwerb von Land
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