Greystone Saga: Mit Schwert und Feder: 1 (German Edition)
bronzefarbene Haut des Südländers und das schwarze, lockige Haar standen in einem auffälligen Gegensatz zu seinen blauen Augen. Für einen Sekretär war er außerdem auffallend muskulös.
„Oh, ein neues Opfer für die Studentinnen“, scherzte Laurentin leise, der den Sekretär ebenfalls einer eingehenden Musterung unterzogen hatte. Ian warf seinem Freund einen entnervten Blick zu. Schließlich kam er bei Lord de Sarona an und reichte ihm die Hand. „Ich bin Ian, Mylord. Bitte nehmt auf der Tribüne Platz, bis wir das Training beendet haben.“
„Dürfte ich mitmachen?“, fragte der Sekretär. „Nach der langen Kutschfahrt käme mir Bewegung sehr gelegen.“
„Selbstverständlich, Lord de Sarona“, erwiderte Ian erstaunt.
„Wunderbar!“ Der junge Mann lachte. „Und nenn mich bitte Kaylan.“ Begeistert folgte er Ian auf die Kampffläche. „Dein Gesichtsausdruck verrät mir, dass du nicht gerade glücklich bist, mein Kindermädchen zu spielen?“ Kaylan sah ihn offen an.
„Nein, ich mache das gerne. Ich bin nur etwas überrascht, weil Jake mir vorher nicht Bescheid gesagt hat.“
„Jake?“ Kaylan schien verwundert. „Bist du mit dem Earl verwandt oder seid ihr befreundet?“
„Weder das eine noch das andere“, sagte Ian. Es gelang ihm nicht, den bedauernden Unterton in seiner Stimme zu unterdrücken. „Ich habe ihm in einer Notsituation geholfen und seitdem darf ich ihn mit dem Vornamen ansprechen.“
Kaylan nickte und zog seine Waffe, ein Krummschwert, das Ian unter dem längeren Wams des Südländers nicht gesehen hatte.
Schnell zeigte sich, dass der junge Mann ein außergewöhnlich guter Kämpfer war. „Können alle Sekretäre im Südland so geschickt mit der Waffe umgehen wie du?“, wollte Ian wissen.
„Nein“, Kaylan lächelte, „das ist meine persönliche Leidenschaft.“
Nach dem Training gingen Ian und Kaylan gemeinsam mit Laurentin und Colin in die große Halle.
„Wie alt bist du, Kaylan?“, erkundigte sich Laurentin neugierig.
„Ich bin sechsundzwanzig.“
Laurentin nickte anerkennend. „Das ist sehr jung für einen so hochrangigen und verantwortungsvollen Posten, wie du ihn bekleidest.“
„Was musstest du tun, um diese Stellung zu erreichen?“, hakte Ian nach und wartete gebannt wartete auf die Antwort.
Kaylan schnitt eine Grimasse. „Ausschlaggebend war vor allem meine verwandtschaftliche Beziehung zum Königshaus.“
Laurentin seufzte laut. „Ich bin ebenfalls mit einem König verwandt. Aber mir hat er noch nie ein solch wichtiges Amt angeboten.“
Alle lachten, bis auf Ian. Kaylans Aussage hatte es ihm wieder deutlich gemacht: Ohne Namen und eine einflussreiche Familie war eine anspruchsvolle Anstellung unmöglich.
In den nächsten Tagen begleitete Kaylan Ian zum Unterricht und zu den Trainingsstunden und stellte ihm viele Fragen über die Akademie. Bei den gemeinsamen Mahlzeiten erzählte der Sekretär dann im Gegenzug von seiner Heimat und Ian lauschte fasziniert seinen Berichten über fremde Tiere und Landschaften, in denen es nur Sand und kein Wasser gab.
Kaylan nahm sein Interesse erfreut zur Kenntnis. „Wenn du willst, besuch mich am Königshof. Der goldene Palast von Sarona wird dir sicher gefallen.“
„Nein“, antwortete Ian rasch. „Ich … ich denke nicht, dass ich dort erwünscht wäre.“ Er verzog das Gesicht. „Du hast sicher schon von meiner Enterbung gehört.“
„Der Earl hat mir davon erzählt, ja.“ Der junge Sekretär zuckte mit den Achseln. „Wir im Südland legen nicht viel Wert auf Namen und Titel. Du bist ein freier Mann, das ist das Einzige was zählt. Die Gesetze Telamens haben bei uns keinerlei Bedeutung.“
Erstaunt sah Ian ihn an. Das hatte er nicht gewusst!
Kaylan bemerkte seinen Blick. „Wie gesagt, du bist herzlich eingeladen!“ Er erhob sich. „Ich lasse dich jetzt alleine, damit du dich noch einmal in Ruhe auf deine erste Prüfung morgen früh vorbereiten kannst. Ich wünsche dir eine gute Nacht und viel Erfolg.“
Nachdenklich ging Ian zu seinem Zimmer. Es würde ihm schwer fallen, den Lernstoff zu wiederholen. In seinem Kopf eröffneten sich gerade ungeahnte Möglichkeiten. Seit langem verspürte er wieder ein Gefühl der Hoffnung, dass das Leben für ihn doch noch nicht vorbei war. Sobald die Prüfungen beendet waren, musste er nochmals mit Kaylan darüber sprechen.
Als Ian am nächsten Mittag den Prüfungsraum verließ, erwartete ihn der junge Sekretär vor der Tür. „Wie ist es
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