Greystone Saga: Mit Schwert und Feder: 1 (German Edition)
Patsche!“, antwortete Joanna. „Ian, glaube ihm bloß kein Wort, er genießt sein Junggesellendasein in vollen Zügen.“
Ian lächelte. Er war sicher, dass hinter diesem Wortgeplänkel zwischen ihr und Galad nichts Ernsthaftes steckte. Aber wenn doch? Würde Jake Galad erlauben Joanna zu heiraten? Er war sein bester Freund, trotzdem wäre es für Joanna eine Verbindung weit unter ihrem Stand und würde einen gesellschaftlichen Abstieg für sie bedeuten.
„Was ich eigentlich sagen wollte“, Galad bemühte sich vergebens um einen würdevollen Gesichtsausdruck, „in meiner spärlichen freien Zeit musiziere ich gerne. So, und jetzt Schluss mit der Albernheit! Der Hauptgang steht längst auf dem Tisch und ich habe Hunger.“ Doch kaum hatte er ein paar Bissen gegessen, sprach Galad weiter: „Habe ich euch schon erzählt, wie mein ältester Bruder Lucas seine Frau Ava kennenlernte und dabei fast einen Krieg auslöste?“
„Lucas ist Diplomat am Königshof“, erklärte Jake. „Genau wie die anderen beiden.“
„Ich habe insgesamt drei ältere Brüder“, versuchte Galad seine familiären Gegebenheiten zu entwirren. „Du siehst Ian, nicht nur du hattest eine schwere Kindheit. Drei ältere Brüder sind kein Zuckerschlecken.“
Joanna wollte Galad für seinen unbedachten Scherz zurechtweisen, doch wider Erwarten schmunzelte Ian, und so schloss sie ihren Mund.
„Wie war das jetzt mit Lucas und Ava?“, fragte Jake seinen Freund.
„Lucas begleitete König Theodoric zu Friedensverhandlungen in den Norden. Die Gespräche gestalteten sich äußerst schwierig, die Stimmung war entsprechend gereizt. Außerhalb der Verhandlungen sprachen die beiden Parteien kein Wort miteinander. Eines Abends sah Lucas Ava und verliebte sich auf der Stelle in sie. Ava erwiderte seine Gefühle, doch ungünstigerweise war sie die Nichte des feindlichen Königs.“
„Oh, ich ahne Schreckliches“, sagte Joanna.
Galad nickte. „Das Versteckspiel der beiden ging nur ein paar Tage lang gut. Als es aufflog, stand das Friedensabkommen kurz vor dem Scheitern. Lucas wurde vom nördlichen König der Spionage und von Theodoric des Verrats bezichtigt. Töten wollten sie ihn beide.“ Galads Grinsen wurde breiter. „Es war mit Sicherheit die größte diplomatische Leistung im Leben meines Bruders, heil aus der Sache herauszukommen. Obwohl es genau genommen Avas Verdienst war. Während sich abends alle im Saal anschrien, ging sie zum Fenster und verkündete laut, sie werde springen, wenn sie Lucas nicht heiraten dürfte.“
„Wie mutig von ihr“, erklärte Joanna.
„Na ja“, erwiderte Galad, „wie man es nimmt. Der Verhandlungsaal lag ebenerdig – nur hat in dem ganzen Tumult niemand daran gedacht. Und als der Nordkönig dessen gewahr wurde, hatte er seine Zustimmung schon offiziell gegeben.“
Joanna kicherte. „Das darf nicht wahr sein!“
„Unnötig zu sagen, dass die Friedensverhandlungen ab diesem Zeitpunkt atemberaubend schnell vonstattengingen.“ Galad hob die Hände. „Und jetzt kennt ihr den wahren Grund, warum ich nicht heiraten will: Die Brautwerbung ist mir zu gefährlich.“ Gelächter folgte dem Abschluss seiner Anekdote und Joanna stellte zufrieden fest, dass auch Ian lachte. Sie warf Galad einen dankbaren Blick zu, den der junge Lehrer mit einer angedeuteten Verbeugung erwiderte.
Ihr Bruder erhob sich, immer noch amüsiert über die Geschichte. „Es tut mir leid, den schönen Abend zu beenden, aber Joanna und ich müssen noch Einzelheiten für unsere Erledigungen in Kerlington besprechen.“ Er nickte ihr zu und sie erhob sich ebenfalls. Beim Hinausgehen rief sie Ian zu, morgen früh wieder in die Apotheke zu kommen.
Ian stand auf, um auch zu gehen. Doch Galad legte ihm seine Hand auf die Schulter und hielt ihn zurück. „Ian, ich wollte dir zwei Dinge mitteilen, bevor du zu Bett gehst. Zum einen hoffe ich, du konntest deinen ersten Eindruck von mir ändern und trägst mir mein Verhalten nicht nach.“
„Das ist schon vergessen.“
„Zum anderen finde ich deine Entscheidung, nach Greystone zu kommen, sehr mutig und bewundernswert. Ich kenne das Gefühl, eine Wahl zwischen den Erwartungen der Familie und seinen eigenen Wünschen treffen zu müssen. Der Preis, den man zahlen muss, ist hoch. Und manchmal fragt man sich, ob es das Ganze wert ist.“ In Galads Augen trat ein wehmütiger Ausdruck und er schien in Gedanken weit weg zu sein. „Was ich dir sagen will“, fuhr er schließlich fort, „wenn du
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