Greystone Saga: Mit Schwert und Feder: 1 (German Edition)
Baroness, die Joanna nicht besonders leiden konnte.
Nach Beendigung des Mahls bat Jake die Gäste zum Tanz. Ian kam zu ihr, bot ihr seinen Arm und führte sie in die Mitte des Saales. Joannas Herzschlag beschleunigte sich. Reiß dich zusammen, ermahnte sie sich selbst. Das war nur Ian. Er hatte Grund, aufgeregt zu sein, nicht sie! Sie sah in seine dunklen Augen, die freundlich und warm schimmerten. Ihre Knie zitterten. Die ersten Takte der Musik erklangen und Ian ergriff ihre Hände. Joanna konnte kaum mehr einen klaren Gedanken fassen. Vorgestern hatten sie hier gemeinsam geübt und da war alles normal gewesen. Es musste die Hitze heute Abend im Saal sein, die ihr so zusetzte. Merkte Ian, wie durcheinander sie war? Sein Gesichtsausdruck hatte sich verändert. Es lag etwas darin, das Joanna bei ihm noch nie zuvor gesehen hatte. Eine besondere Art von Interesse, eine unausgesprochene Frage. Sie atmete schneller. Dort wo er sie berührte, schien ihre Haut zu glühen. Das konnte doch nicht sein! Aber es war eindeutig so, und wenn sie nicht ganz falsch lag, spürte er es auch. Zum Glück waren viele Leute um sie herum. Wären sie jetzt alleine, dann …
„Joanna!“ Jake stand plötzlich neben ihr. Er wies auf einen Boten, der am Eingang des Festsaals wartete.
Widerwillig löste sie sich von Ian und ging mit ihrem Bruder zusammen auf den Mann zu.
„Lord Greystone, Lady Joanna.“ Der Bote verneigte sich vor ihnen. „Ich bringe eine dringende Nachricht von der Countess of Skye Forrest.“
„Tante Sophie!“, rief Joanna. „Was ist passiert?“
„Die Countess ist heftig erkrankt und wünscht sich Euren Beistand, Mylady.“
Joanna erbleichte. „Ich komme sofort mit.“
Jake umfasste ihr Handgelenk. „Heute Nacht nicht mehr. Du brichst bei Tagesanbruch auf, das ist sicherer.“
Galad, der zu ihnen gekommen war, bot ihr seinen Arm, um sie zu ihrem Zimmer zu geleiten. Bevor sie den Festsaal verließen, blickte Joanna zurück. Doch das Gesicht, das sie suchte, konnte sie in der Menge nicht entdecken.
Das Gras war noch nass vom Tau, als Joanna in Begleitung ihres Bruders und ihrer Zofe in der Morgendämmerung aus der Burg trat. Zwei Diener mit Fackeln leuchteten ihnen den Weg bis zur abfahrbereiten Kutsche. Sie wandte sich zu ihrem Bruder, um sich von ihm zu verabschieden, und war überrascht, Ian ein paar Schritte entfernt hinter ihnen stehen zu sehen.
Jake umarmte sie und küsste sie auf die Stirn. „Richte unserer Tante meine besten Genesungswünsche aus. Meine Gedanken sind bei ihr.“
Joanna nickte, dann sah sie Ian an, der näher gekommen war. „Du bist meinetwegen aufgestanden?“
„Ich wollte dir eine gute Reise wünschen.“ Er hob die Arme, ließ sie aber zu ihrem Bedauern wieder sinken. „Ich hoffe, deiner Tante geht es bald besser.“
„Ich schreibe euch. Und spätestens bei der Eröffnungsfeier setzen wir unseren Tanz fort.“ Sie stieg zu ihrer Zofe in die Kutsche und winkte Jake und Ian mit einem gequälten Lächeln zu. Als der Wagen anfuhr, sank sie in das Polster zurück. Es gab einiges, über das sie nachzudenken hatte.
8
Joannas erster Brief kam bereits eine Woche nach ihrer Abreise in Greystone an. Jake las ihn Galad und Ian beim Mittagessen vor:
„… Tante Sophies Gesundheitszustand ist immer noch schlecht, aber sie befindet sich auf dem Weg der Besserung. Ich hoffe, ihre Genesung geht zügig voran, sodass ich spätestens in drei Wochen wieder zurück sein kann. Bitte richte Galad und Ian herzliche Grüße von mir aus.“
Sorgenfalten erschienen auf der Stirn des Earls. „Tante Sophie hat sich wirklich den besten Zeitpunkt für ihre Krankheit ausgesucht. Durch Joannas Abwesenheit wird viel zusätzliche Arbeit auf uns zukommen, Galad.“
Es dauerte einen Moment bis Ian, der sich sehr über Joannas Gruß an ihn gefreut hatte, verstand, was Jake meinte. Der Beginn des Ausbildungsjahres stand kurz bevor, und täglich kamen Boten mit Briefen oder Kleidungskisten der zukünftigen Studenten und Studentinnen an. Diener füllten die Vorratslager im Keller der Burg und bereiteten die Schlafzimmer der Studenten vor. Dies alles zu beaufsichtigen wäre Joannas Pflicht als Burgherrin gewesen – nun mussten sich Galad und Jake damit abwechseln, wodurch ihnen wertvolle Zeit für ihre Verwaltungsaufgaben verloren ging.
Galad nickte seinem Freund aufmunternd zu, bevor er sich an Ian wandte. „Wäre es vor diesem Hintergrund in Ordnung, wenn ich dich nur noch einmal am
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