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Greywalker

Greywalker

Titel: Greywalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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schnürte mir Lunge und Luftröhre zu.
    Er lachte. Der Klang traf mich wie eiskalte Granatsplitter. »Und solche Kretins haben Sie hierhergebracht! Ich habe schon so lange auf Sie gewartet.« Er machte eine Bewegung, als ob er eine Tür öffnete. »Warum treten Sie nicht ganz ein und verschaffen sich selbst einen Eindruck?« Jegliches Geräusch verstummte mit einem Schlag, und eine Druckwelle durchlief die Kabine. Sie kam aus der hellen Tür, die sich auf einmal zwischen uns befand – die Tür ins Grau. Die Stille hämmerte in meinen Ohren und drückte mich tiefer in den Stuhl.
    Ich kämpfte mich hoch, stand auf und taumelte verzweifelt vorwärts, um durch die reale Tür die Kabine zu verlassen. Diesmal würde das rauchende Tor ins Grau nicht zu jenem weißen Ort führen, wohin ich Alice gejagt hatte. Es stank dort drin noch viel schlimmer als bisher. »Nein, danke«, sagte ich mühsam.
    »Oh doch«, brüllte er und stürzte sich durch das Tor, wodurch er den feinen Saum zwischen der normalen Welt und dem Grau zerriss und die glühende Grenze weiter öffnete.
    Als uns das Grau völlig umgab und mir jeglichen Atem raubte, zerbarst die reale Welt um mich herum mit lautem Getöse. Ich wehrte mich mit aller Kraft dagegen, aber meine Anstrengungen wurden wie von einem Sturm hinweggefegt. Ich schnappte nach Luft und kämpfte gegen den eiskalten Ansturm der Schatten und des kochenden grauen Nebels. Die Welt erbebte und der Drang, mich zu übergeben, füllte mich vollkommen aus. Weiße Klauen krallten sich in meine Oberarme und hielten mich so auf den Beinen. Ich atmete die schwere Kälte ein, kniff die Augen zu und schlug um mich. Verzweifelt begann ich zu schreien.
    Wygan schüttelte mich. »Schrei nur! Brüll, meine Wunderbare, mein Besitz. Hier kann dich keiner hören – nur ich. Keiner, niemand«, sang er in mein Ohr. Seine Stimme kroch so langsam und eisig unter meine Haut wie ein Fluss, der unter einer dicken Eisschicht leise vor sich hin plätschert. »Öffne die Augen, öffne die Augen und schau dir deine wundervolle neue Welt an. Schau dir an, was ich dir schenke. Ein Geschenk von mir, ein Geschenk.«
    Ich wehrte mich gegen seinen harten Griff, der sich wie ein Speer in mein Fleisch bohrte. Tränen liefen mir die Wangen hinab – warme Spuren in einer eiskalten Welt. Gegen meinen Willen öffnete ich die Augen.
    Wygan presste mich gegen die wattierte Wand. Seine Pupillen funkelten. Um uns herum stoben rote Flammen und weiße Funken in die Luft und der Raum wurde durch Blitze erhellt, sodass ich immer wieder die gequälten Schattengestalten um uns herum sehen konnte. Seine Augen waren die einer Schlange. Seine Haut glänzte silbrig und hatte jegliches menschliches Aussehen verloren. Er hatte nun winzige Schuppen an* Körper, während sein Haar, bläulich wie Eis, wie ein gefrorener Helm die wahre Form seines saurierartigen Schädels umschloss. Das Grau wogte um uns herum und ich hatte das Gefühl, jeden Augenblick für immer von seinen Fluten fortgerissen zu werden.
    Ich erwiderte seinen Blick, während die Lunge in meinem Körper gefroren zu sein schien. Wie eine Wahnsinnige versuchte ich um mich zu schlagen, ihm meine Fingernägel in die Augen zu bohren, wegzukriechen, mich ihm zu entwinden. Aber sein Blick hielt mich wie mit Ketten gefangen, und ich konnte nichts anderes tun als zittern. Ein merkwürdiges Lächeln teilte sein Gesicht.
    »Furcht«, murmelte er. Sein Atem roch nach alten Gräbern. »Ich konnte es schon lange an dir riechen. Schau dir meine Welt an. Mein Gefängnis aus Hunger, aus Kälte, aus Unüberwindbarkeit. Mein Gefängnis ohne Berührung, ohne Wärme außer jener, die ich ergattern kann. Das ist meine Qual, mein Geschenk. Sieh es dir an!«
    Er trieb mich weiter und schubste mich in einen Mahlstrom gequälter, sich windender Gestalten und belebter Kälte. Spiralförmige Wesen pressten sich gegen mich, schnappten nach Luft und verwandelten sich unaufhörlich in immer neue unfassbare Albträume, die mit ihren kalten, gierigen Fingern nach mir schnappten. Sie fraßen mich, rissen mich in Stücke, ergriffen mit ihren mundlosen Schreien von mir Besitz. Ich keuchte und schluchzte und versuchte mich ihnen zu entziehen, während sie Gedanken und Leben aus mir sogen, bis nichts mehr übrig, jegliches Gefühl verschwunden war. Selbst die Furcht und mein Selbsterhaltungstrieb existierten nicht mehr, ich versank nur noch in tiefster Verzweiflung. Meine Beine gaben nach und er ließ mich auf die Knie

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