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Greywalker

Greywalker

Titel: Greywalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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schließe dann wieder hinter Ihnen ab.«
    Ihre entspannte Haltung überraschte mich zuerst, bis ich bemerkte, dass sowohl Mara als auch Carlos sie intensiv anstarrten. Wir hatten also mehr als eine linke Socke unter uns.
    Sobald die Kuratorin sich in ihr Büro zurückgezogen hatte, gingen wir die Treppe hinauf. Oben angelangt zögerte ich. Ich taumelte und mir wurde wieder schlecht. Mara hielt mich am Ellbogen fest, während Carlos an uns vorbeilief und die Türen zum Salon öffnete.
    Eine Woge von Finsternis schwappte uns entgegen. Ich zuckte zurück, bis ich realisierte, dass ich sie zuerst gesehen und dann erst gespürt hatte. Mein Herz fing heftig an zu pochen und ich spürte, wie meine Wirbelsäule von Eis überzogen wurde. Aber ich hielt durch.
    Mara nickte mir zu und führte mich in den Raum. Carlos stand nur einen knappen Meter von dem Harmonium entfernt und starrte es an. Er drehte den Kopf, um uns einen Blick zuzuwerfen. Sein Gesicht wurde von einem hässlichen Lächeln entstellt.
    »Unglaublich.«
    »Ich würde es eher als abscheulich bezeichnen«, antwortete Mara. Sie schob mich auf den Stuhl, der am weitesten von dem Instrument entfernt stand. »Fangen wir an.«
    Carlos zog die Augenbrauen zusammen und wandte sich dann wieder dem Harmonium zu. Mara trat einen Schritt zurück und begann, hinter seinem Rücken einige Zeichen zu machen, sodass Funken aufstieben. Auf einmal entstand daraus ein Schleier aus Nebel und weißen Symbolen. Ich konnte Carlos leise murmeln hören. Ein saurer Geruch verbreitete sich im Salon. Mara schritt in einem Bogen hinter Carlos vorbei und ließ einen schimmernden Halbkreis entstehen, der von Wand zu Wand reichte und den pulsierenden Gifthauch abschnitt, den das Harmonium mit seinem Licht, seinen Schatten, dem Gestank und dem Lärm verbreitete.
    Fratzen wie aus einem Albtraum und kochendes Grau fingen an, sich wie ein Panorama um das Möbelstück zu gruppieren. Darunter entdeckte ich Sergeyevs Gesicht. Es verschwand sofort wieder in dem Instrument, aber erst nachdem es den Mund zu einem lautlosen Schrei aufgerissen hatte. Ein Kaleidoskop anderer entsetzlicher Gesichter erschien und wurde dann wieder in das Harmonium gesogen. Ich erkannte niemanden. Ein merkwürdiger, gedämpfter Chor furchtbarer Schreie und Flüche ertönte um Carlos. Seine Schultern hoben und senkten sich immer wieder, während er die Hände vor sich hin und her bewegte. Ansonsten bewegte er sich nicht von der Stelle.
    Eine Böe schwarzen und roten Lichts fegte über die Tasten hinweg. Carlos duckte sich, und sie zerschmetterte an Maras magischem Kreis. Ihre schimmernden Sigillen lösten sich auf, und auf einmal war der ganze Raum von einem ohrenbetäubenden Kreischen und Heulen erfüllt. Carlos trat einen Schritt vor und legte seine Hände auf die Tasten.
    Das Harmonium schrie auf. Dann folgte ein Tosen, das um das Möbelstück herum zunahm und wie ein körperloser Wind gegen Carlos ankämpfte. Verwesungsgestank stieg auf. Ich war bereit, jederzeit die Flucht zu ergreifen. Der Puls des Grau in meinem Inneren schlug synchron mit meinem Herz und bohrte sich wie eine Messerklinge in mein Bewusstsein. Mara trat einige Schritte zurück und packte mich bei den Schultern. Ihre Augen waren weit aufgerissen und für einen Moment dachte ich, dass sie ebenfalls kurz davor war, zu fliehen. Ich konnte sie laut atmen hören.
    Mit erhobenen Händen zerfetzte Carlos die Luft. Auf einmal herrschte wieder Stille. Die graue Aura, die gerade noch das Instrument umgeben hatte, verschwand und brach zu einem sich windenden roten und schwarzen Strahlenkranz zusammen. Carlos ging langsam einige Schritte zurück, bis er Maras Kreis übertrat. Dann drehte er sich um und ging auf uns zu. Seine Augen funkelten vor Aufregung.
    »Hoch«, befahl er.
    Ich stand auf und er trieb uns aus der Tür, wo er auf der der Schwelle stehen blieb. »Und nun geht«, sagte er.
    Ich drehte mich bereits um, da Übelkeit und Erschöpfung mich zur Flucht drängten.
    Mara aber rührte sich nicht vom Fleck. Sie war wie eine Festung, die seinem Ansturm standhielt. »Nein.«
    Er zog eine Augenbraue in die Höhe und die Kraft seines Befehls schwebte wie ein schwarzer Insektenschwarm zwischen uns in der Luft.
    Mara starrte Carlos düster an. »So leicht werden Sie mich nicht los, Carlos. Ich lasse nicht zu, dass Sie es an sich reißen.«
    »Sie können mich nicht aufhalten.«
    »Ihre Vernunft wird Sie aufhalten. Es ist ein nekromantisches Artefakt, nicht

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