Greywalker
gekauft. Es handelt sich um eine Art Energieversorgungsnetz, wenn ich das mal so bezeichnen darf. Es verfügt über dieselbe Energie, die durch alles fließt, mag es nun übersinnlich oder magisch sein. Obwohl es chaotisch erscheinen mag, unterliegt es dennoch gewissen Regeln. Man muss also nur diese Regeln kennen.«
Ich setzte mich an den Küchentisch. Mara drehte sich nun ganz zu mir um und lehnte sich gegen die Spüle, während sie sich das Mehl von den Händen streifte.
Verwirrt starrte ich vor mich hin und sah zu, wie der Mehlstaub zu Boden schwebte. »Wieso sollte ich diese Regeln lernen wollen? Mir geht es gut, ich will nicht, dass sich daran etwas ändert. Ich bin hier, lebendig und mit beiden Beinen auf der Erde. Die Prellungen und Quetschungen werden wieder verschwinden und damit wird sich das Ganze in Luft auflösen.«
Die beiden schüttelten den Kopf.
»Ihr Energiezustand hat sich verändert«, meinte Ben, »und das kann man nicht mehr rückgängig machen – ganz egal, auf welchem Niveau Sie sich derzeit befinden. Diese Veränderung ist dauerhaft, Sie können nicht mehr zurück.«
Der kleine Junge schleuderte mit großem Schwung die Matroschka durch die Küche, sodass meine Erwiderung in einem lautem Scheppern unterging.
Ben stand auf und klemmte sich Brian unter den Arm. »Jetzt reicht es aber! Deine Mutter verwandelt dich noch in einen Frosch, wenn du nicht Ruhe gibst. Und dann musst du draußen im Garten wohnen.« Ben blickte seinen Sohn zärtlich an und murmelte leise vor sich hin: »An sich gar keine so schlechte Idee …«
Mara drohte ihm mit einem Geschirrtuch. »Sei vorsichtig, du Monster, sonst verwandele ich dich in etwas Grünes mit Warzen. Und du kannst dich darauf verlassen, dass ich dir nicht so schnell einen Erlösungskuss geben würde.«
Ben lachte und brachte den sich windenden Brian aus der Küche.
Mara bückte sich und sammelte die einzelnen Teile der Matroschka zusammen, um sie vor mir auf den Tisch zu stellen. »Wären Sie so freundlich, das Universum wieder zusammenzubauen?«
Sie selbst begann, einen Teig auszurollen, während sie sich über die Schulter hinweg mit mir unterhielt: »Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie das alles sehr aufwühlt.«
»Das stimmt. Ich verstehe nämlich noch so einiges nicht. Selbst wenn ich tatsächlich Geister sehen kann, wie steht es dann mit Leuten wie Ihnen?«
»Das alles hängt miteinander zusammen. Sie können Geister sehen, weil Sie in der Lage sind, das Grau zu betreten, in dem diese Wesen existieren. So etwas ist äußerst selten. Die meisten von uns, die dazu fähig sind, solche Erscheinungen wahrzunehmen, können nur bis an die Grenze des Grau vordringen und von dort aus ihre Angeln auswerfen, Wasser in Eimern an die Oberfläche holen oder hineinrufen und hoffen, dass wir erhört werden. Verstehen Sie, was ich meine? Unsere Methoden sind sehr beschränkt und wir laufen immer Gefahr, dass wir das falsche Wesen auf uns aufmerksam machen. Wenn wir das Grau betreten wollen, müssen wir unsere Körper zurücklassen und reisen ausschließlich mit Hilfe unserer Wahrnehmung. Das ist nicht nur extrem anstrengend, sondern auch höchst gefährlich. Es gibt nur wenige, die es länger als einige Minuten aushalten.«
»Sie meinen so genannte Medien?«
Mara lachte und legte klein geschnittenes Obst auf den Teig. »Die auch. Aber verstehen Sie – Sie besitzen die Kraft und die Möglichkeit, diese Welt mit Ihrem Körper zu besuchen. Sie haben es schon getan. Wenn Sie mehr Erfahrung hätten, könnten Sie durch das Grau laufen, bis Sie das gefunden haben, was Sie suchen. Sie hätten es gar nicht nötig, dass Ihnen irgendjemand dabei hilft. Sie brauchten keine Vermittler und müssten auch keine Angst haben, dass Sie das falsche Wesen hört. Selbstverständlich werfen Ihre Fähigkeiten andere Probleme auf, aber die Kraft, die Sie als körperlich anwesende Person im Grau besitzen, wo es fast nur Energiewesen gibt, ist groß. Es gibt zwar einige Kreaturen im Grau, die feste Körper besitzen – und die können sehr ungemütlich werden –, aber dafür haben sie andere Schwachstellen, die sie verwundbar machen.«
Sie trug den vorbereiteten Kuchen zum Ofen, wobei sie mit der Hand darüber wedelte und irgendetwas murmelte. Ihre Worte fielen wie ein blauer Nebel auf den Teig.
»Was machen Sie da?«, wollte ich wissen.
Sie schaute überrascht drein. »Oh! Ich habe nur einen kleinen Zauber über den Teig gesprochen. Ich hasse es, wenn der Kuchenboden
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