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Greywalker

Greywalker

Titel: Greywalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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Ihnen nichts aus, wenn wir zuerst in die Küche gehen. Ich rolle gerade den Teig aus, und ich hasse es, meine Gäste anbrüllen zu müssen, um eine Unterhaltung zu führen. Ich mache heute nochmal Pastete, da Sie die letzte ja versäumt haben.«
    Wir gingen also in die Küche. »Setzen Sie sich doch bitte und öffnen Sie schon mal den Wein, dann können wir ein Gläschen trinken, während ich noch schnell den Teig fertig mache. Der Korkenzieher ist in der Tischschublade, und die Gläser stehen im Regal da oben.«
    Ich entledigte mich meiner Jacke und der Tasche und hängte beides über eine Stuhllehne. Dann widmete ich mich der ersten Flasche Wein, füllte die Gläser und lehnte mich gegen die Arbeitsplatte, während Mara den Teig über der Kuchenform ausbreitete und den Rand abschnitt.
    Sie nahm einen Schluck Wein, hielt dann das Glas mit ausgestrecktem Arm vor sich und begutachtete seinen Inhalt. »Das gibt es ja nicht! Das ist grüner Wein! Wo um alles in der Welt haben Sie grünen Wein aufgetrieben?«
    »Bei Larry’s. Er ist gar nicht so schlecht, oder?«
    Sie nippte erneut und warf mir einen schelmischen Blick zu. »Es ist ein tolles Grün, das muss ich schon sagen.« Dann lachte sie laut auf und ihre Augen verengten sich amüsiert.
    Ich konnte nicht anders als mit ihr zu lachen. Sie wirkte nun viel entspannter, nachdem wir beschlossen hatten, uns als Bekannte zu treffen, statt als … Ja, statt als was eigentlich? Statt als magische Gefährten? Statt als Lehrerin und Schülerin?
    Ich bemerkte, dass sie sich mit der Vorbereitung der Pastete große Mühe gab und sich konzentriert auf die Unterlippe biss.
    Ich wollte gerade den Mund aufmachen, als sie mir zuvor kam. »Harper, heute Morgen war ich viel zu aufdringlich. Sie haben natürlich recht damit, eine gewisse Vorsicht walten zu lassen, aber daran habe ich in dem Moment überhaupt nicht gedacht. Verstehen Sie, ich bin das Ganze schon so gewöhnt und habe dabei ganz vergessen, dass Sie es anders sehen, weil Sie nicht so sind wie ich.«
    Ich zuckte mit den Schultern und nahm einen Schluck Wein, bevor ich antwortete. »Ich nehme an, dass es nicht viele Leute wie mich gibt.«
    »Das stimmt allerdings. Und wir wissen eigentlich immer noch nicht, was Sie genau sind. Theorie und Philosophie sind ja schön und gut, aber die Realität kann das ganze Gebilde leicht zum Einstürzen bringen. Und man kann auch nicht gerade behaupten, dass es auf diesem Gebiet viel Feldforschung gibt – nicht wie in der Astrophysik oder der Chemie. Und dann übt es selbstverständlich eine gewisse Anziehungskraft auf Idioten und Verrückte aus, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    »Sie meinen wahrscheinlich Löffel-Verbieger und irgendwelche Typen, die Bücher über Astronauten schreiben, die angeblich das verschwundene Atlantis erbaut haben sollen«, schlug ich vor.
    »Genau solche meine ich. Und das bringt mich auch schon zu dem, was ich Ihnen noch sagen wollte, ehe Ben nach Hause kommt. Wissen Sie, er ist von einigen Theorien fasziniert, die man weder beweisen noch widerlegen kann. Folglich ist es unmöglich, Unstimmigkeiten zwischen Theorie und Praxis zu erkennen. Oder was noch schlimmer ist -man kann das Schwachsinnige nicht vom wissenschaftlich Plausiblen trennen. Lustigerweise ist Ben von Natur aus eigentlich sehr kritisch, genauso wie seine Wissenschaftler-Kollegen. Nur jemand wie Sie kann es wirklich herausfinden – auch wenn Ihnen kein einziger Naturwissenschaftler glauben würde –, aber über eventuelle Unstimmigkeiten werden Sie erst stolpern, nachdem irgendeine von Bens Theorien Sie in das Schlamassel reingebracht hat. Verstehen Sie jetzt, warum ich beunruhigt bin?«
    Ich nickte. »Aber warum erklären Sie Ben dann nicht einfach, dass manche seiner Theorien und Philosophien nichts als Humbug sind? Sie können es doch sogar belegen! Als Hexe, meine ich!«
    Sie kniff die Augen zusammen und warf mir über ihre Brille hinweg einen scharfen Blick zu. »Sie waren noch nie verheiratet, was?«
    »Nein, und selbst einen Freund länger zu halten scheint nicht gerade meine Stärke zu sein«, gab ich zu.
    »Das geht vielen von uns so. Wir nehmen zu viel wahr, und es fällt uns schwer, all die Schichten auseinander zu halten.«
    Ich stellte mir vor, wie Will wohl ausgesehen haben musste, als ich ihn von der Polizeistation aus angerufen hatte. »Ja, das können Sie laut sagen«, stimmte ich zu.
    Wir nahmen beide einen Schluck Wein, und ich beschloss, einfach ins kalte Wasser zu springen.

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