Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Greywalker

Greywalker

Titel: Greywalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
Vom Netzwerk:
zu schließen, denn das Loch, das die Kugel in das Fleisch gerissen hatte, wurde sichtbar kleiner. Es geschah zwar nicht besonders schnell, aber doch schnell genug, um zu begreifen, dass Cameron Shadleys Körper nicht mehr wie der eines normalen Menschen funktionierte. Ich starrte ihn wortlos an und er erwiderte trotzig meinen Blick. Ein oder zwei Mal musste ich schlucken, ehe ich genügend Speichel hatte, um den Mund zu öffnen und meinen Magen unter Kontrolle zu halten.
    »Ich muss Sie so schnell wie möglich von hier wegbringen.«
    »Das wird schon wieder.«
    »Nicht, wenn erst einmal der Abschleppwagen da ist.«
    »Der Abschleppwagen?«
    »Genau.« Ich richtete mich auf. »Ihr Auto wird in den nächsten Minuten von der Polizei abgeschleppt – es sei denn, wir unternehmen etwas.«
    Er stöhnte wie die Diva aus einer Daily Soap und ließ den Kopf hängen. »Großartig! Einfach großartig! Und wie soll ich mit nur einer Hand fahren? Der Wagen hat eine manuelle Schaltung.«
    »Ich fahre.«
    »Und was ist mit Ihrem Auto? Sie sind doch sicher damit hergekommen, oder?«
    »Ja, aber die Polizei ist schließlich nicht hinter meinem Wagen her, sondern hinter Ihrem. Los, kommen Sie – geben Sie mir die Schlüssel.«
    Cameron grummelte etwas Unverständliches und griff in seine linke Hosentasche, um mir den Wagenschlüssel zu geben.
    Erschöpft ließ er sich auf den Beifahrersitz fallen, während ich den Kofferraum mit dem kaputten Schloss mit Hilfe eines Stricks zuband. Danach setzte ich mich ans Steuer und innerhalb weniger Minuten standen wir vor der Ausgangsschranke.
    »Ihr Parkticket?«, fragte der Kassierer.
    Ich sah Cameron an, der mit den Achseln zuckte.
    »Verloren.«
    »Wenn Sie Ihr Ticket verloren haben, kostet das zwanzig Dollar.«
    Ich reichte ihm eine Zwanzig-Dollar-Note und verlangte eine Quittung. Gerade als wir das Parkhaus verließen und um die Ecke bogen, sahen wir den Abschleppwagen heranfahren. Ich parkte das Auto unter dem Viadukt und drehte mich zu Cameron um.
    »Sie rühren sich nicht von der Stelle, während ich meinen Wagen hole. Ich will Sie nicht nochmal suchen müssen. Verstanden?«
    »Keine Angst, ich mache mich schon nicht aus dem Staub«, seufzte er. »Versprochen.«
    Ich stieg aus, wobei ich vorsichtshalber die Wagenschlüssel mitnahm, und ging zur Tiefgarage zurück. Als ich mit meinem Auto vor der Schranke hielt, war der Kassierer überrascht, mich schon wieder zu sehen. »Waren Sie nicht gerade erst hier?«
    »Ja, ich musste das Auto von meinem kleinen Bruder fahren. Der ist so betrunken, dass er kaum noch gehen kann.«
    Er brummte etwas und nahm mein Geld entgegen. »Möchten Sie diesmal auch wieder eine Quittung?«
    »Selbstverständlich. Er wird mir jeden Cent zurückzahlen.«
    Lachend reichte er mir das Papier. Ich fuhr los und stellte mich kurz darauf neben Camerons Camaro. Der Wagen war immer noch da, wo ich ihn abgestellt hatte. Allerdings ohne Cameron.
    »Cameron?«, rief ich und sah mich suchend um. Er war nirgends zu sehen. Ich ging um das Auto herum und beäugte den Beifahrersitz. Frustriert knirschte ich mit den Zähnen. Da flimmerte etwas. Ich atmete tief ein und konzentrierte mich auf die flatternde Grenze des Grau, die sich vor mir auf tat. Dann streckte ich den Arm aus, griff nach vorne und riss die Wagentür auf.
    Cameron fiel aus dem Auto auf die Straße.
    »Hey!«, schrie er mich empört an und sprang auf die Beine. »Sie dürften mich gar nicht sehen! Das ist mein bester Trick überhaupt!«
    »Ich habe Sie auch gar nicht gesehen, sondern nur Ihren Schatten im Grau.«
    »Ich werfe keinen Schatten mehr.«
    »Oh, doch. Man muss nur wissen, wo man danach zu suchen hat.«
    »Wie bitte? Was soll das heißen?«
    »Ach, Sie würden es sowieso nicht verstehen. Ich kann Sie jedenfalls sehen. Aber warum sind Sie im Paranormalen sichtbar?«
    »Habe ich doch schon gesagt – ich bin ein Vampir«, erwiderte er pampig. Dann starrte er mich wieder mit diesem seltsamen Blick an. Obwohl ich diesmal besser darauf vorbereitet war, lief es mir wieder kalt den Rücken hinunter.
    Ich betrachtete ihn genauer. Seine Haut wies eine Blässe auf, die man nicht mehr nur als krank bezeichnen konnte. Sie war wächsern. Und seine Augen … Ein trüber Schleier lag über den Pupillen, der das kräftige Violett, das ich eigentlich erwartet hatte, zu einem dumpfen pastellfarbenen Lila werden ließ. Sein Lächeln war mehr als eindeutig. Es entblößte seine spitzen Eckzähne, an denen sich das

Weitere Kostenlose Bücher