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Greywalker

Greywalker

Titel: Greywalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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Vampir-Kram wissen. Mir war zwar klar, dass ich etwas Schlimmes hatte, ich glaubte aber, früher oder später darüber hinweg zu kommen oder eben sonst zum Arzt zu müssen. Als ich dann herausfand, was wirklich mit mir los war – ich meine, als ich es verstanden und akzeptiert hatte –, da bin ich in Panik ausgebrochen.«
    »Sie scheinen sich inzwischen aber ganz gut in Ihrer neuen Situation zurechtzufinden. Wenn Sie Ihre Mutter angerufen hätten, wäre ihr ziemlich viel Leid erspart geblieben.« Angewidert stellte ich fest, dass ich wie eine fürsorgliche Tante klang.
    »Was hätte ich denn sagen sollen? ›Hallo, Mom. Tut mir wirklich leid, dass ich nicht zu deiner Geburtstagsfeier kommen kann. Ich bin jetzt nämlich ein Vampir und möchte dich nicht in eine peinliche Lage bringen, indem ich einige deiner Gäste beiße.‹«
    »Sie hätten auch sagen können, dass Sie gerade krank sind, sich aber wieder melden werden, sobald es Ihnen besser geht.«
    Er seufzte und senkte den Kopf. »Ich habe nicht nachgedacht – das stimmt. Aber ich weiß einfach nicht, was ich tun soll. Verstehen Sie, ich bin noch nicht besonders gut in diesem ganzen Vampirkram.«
    »Soll das heißen, dass man nicht eines Nachts aufwacht und alles weiß, was man als Vampir so braucht?«
    »Keine Spur. Aber normalerweise hat man zuerst eine Art Lehrer … Eine Bezugsperson, die sich um einen kümmert und die einem alles beibringt, bis man selbst so weit ist und allein überleben kann.«
    »Und was ist mit Ihrem … Lehrer passiert?«
    Cameron machte sich ganz klein. »Er hat mich rausgeworfen«, flüsterte er.
    Wäre ich eine Zeichentrickfigur gewesen, dann wäre in diesem Moment mein Unterkiefer mit einem lauten Krach auf die Schreibtischplatte geknallt. Cameron zuckte zusammen und warf mir einen beschämten Seitenblick zu. Ich kniff die Augen zusammen und versuchte, meine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle zu bekommen.
    »Sie rausgeworfen?«, wiederholte ich mit trockenem Mund. Ich schluckte und versuchte es noch einmal. »Wieso rausgeworfen?«
    »Er meinte – Er wollte – Ich wollte nicht – Ich –« Frustriert vergrub er sein Gesicht in den Händen. »Ich kann es nicht!«, schrie er. »Ich kann es einfach nicht!«
    Mir war keineswegs zum Lachen zumute, auch wenn die Situation einer gewissen Komik nicht entbehrte. Ich stand auf, ging um den Schreibtisch herum und legte Cameron eine beruhigende Hand auf die Schulter … und stürzte direkt durch ihn hindurch ins Grau.
    Plötzlich konnte ich kaum noch atmen. Mir war kalt, ich fühlte mich wie erfroren und ich fiel und glitt in etwas sich Windendes, das gegen meinen Körper drückte. Schwarze Kälte umgab mich. Cameron hob den Kopf und sah mich an. Sein Blick war scharf wie eine Rasierklinge. Ich riss meine Hand von seinem kalten oder auch heißen, von seinem lebenden oder vielmehr toten Fleisch …
    … und taumelte rückwärts. Ich stieß, nach Luft schnappend, gegen den Schreibtisch und plumpste auf die Schreibplatte.
    »Was ist mit Ihnen los?«, wollte Cameron wissen und sprang besorgt auf.
    Ich konzentrierte mich auf den Raum zwischen uns. »Fassen Sie mich nicht an!«
    Er zog sich zurück als hätte ich ihn geohrfeigt und drückte die Hände gegen die Brust.
    Währenddessen atmete ich langsam ein und aus und rang um Fassung.
    »Das habe ich … das habe ich wirklich nicht erwartet.« Ich richtete mich auf und versuchte sogar zu lächeln.
    »Was ist passiert? Geht es Ihnen gut? Sie … Sie haben geflimmert.« Er schaute mich an, wobei er den Kopf schief legte und verwirrt blinzelte. »Was sind Sie eigentlich?«, wollte er wissen und trat einen Schritt zurück.
    Ich lachte. »Haben Sie jetzt etwa Angst vor mir?« Ich fuhr mit einer Hand über meinen Körper. »Sehen Sie mich an: Eine ehemalige Tänzerin mit einer Laufmasche im Strumpf und Rissen in der Bluse. Warum sollten Sie Angst vor mir haben? Sie sind doch der Vampir! Derjenige, der zwischen Leben und Tod existiert. Und was zum Teufel bin ich?«
    »Sie … Sie sind etwas – ich weiß nicht, was Sie sind. Sie sind präsenter als die meisten Leute.«
    »Passen Sie auf, Cameron, ich werde Ihnen mein Geheimnis verraten. Aber dann sind Sie an der Reihe, abgemacht? Und übrigens – nenn mich Harper.«

Siebzehn
     
     
    Cameron nickte zustimmend. »Ich scheine Dinge sehen zu können, die von den meisten anderen nicht wahrgenommen werden«, fing ich an. »Ich habe vor kurzem ein Ehepaar kennen gelernt, das glaubt, dass … dass eine

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