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Grieche sucht Griechin - Grotesken

Grieche sucht Griechin - Grotesken

Titel: Grieche sucht Griechin - Grotesken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Dürrenmatt
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zwei Monaten zu seinem himmli-schen Vater heimgegangen, und da dachte ich schon seit einiger Zeit, ob nicht gerade Sie der geeignete Mann für diesen ehrenamtlichen Posten wären, was sich ja mit Ihrem Berufe als Generaldirektor wohl kombinieren ließe – man müßte nur die Atomkanonenabteilung vielleicht nicht zu sehr betonen –, brauchen wir doch Männer, die mit beiden Füßen mitten im harten und oft grauslichen Lebenskampf stehen, Herr Archilochos.«
    »Aber Herr Bischof …«
    »Nun, nehmen Sie an?«
    »Es ist mir eine unverhoffte Ehre …«
    »Dann darf ich Sie dem Weltkirchenrat vorschlagen?«
    »Wenn Sie meinen …«
    »Ich will nicht verhehlen, daß der Weltkirchenrat meinen Vorschlägen willig und oft nur allzu willig folgt. Stehe ich so doch nur allzu oft im Geruch, ein eigenwilliger Kirchenpapst zu sein. Sind alles gemütliche Herren und gute Christen freilich, das will ich dem Weltkirchenrat zubilligen, die froh sind, wenn ich ihnen das Organisatorische abnehme und hin und wieder auch für sie denke, eine Beschäftigung, die leider nicht immer jedermanns Sache ist, auch nicht die des Weltkirchenrats. Die nächste Sitzung, zu der Sie sich als Kandidat zu begeben hätten, findet in Sidney statt. Im Mai. Ist ja auch ein 61

    Gottesgeschenk, so ein Reischen, man lernt Land und Leute kennen, fremde Sitten, fremde Bräuche, die Not, die Probleme der lieben Menschheit auch in anderen Zonen. Die Spesen übernimmt selbstverständlich die altneupresbyteranische Kirche.«
    »Ich bin beschämt.«
    »Dies ist mein Anliegen«, lispelte der Bischof, »kommen wir nun zu Ihrem. Von Mann zu Mann gesprochen, Herr Generaldirektor. Errate ich den Grund doch schon. Sie trachten, sich zu verehelichen, sich mit einem trauten Weibe zu verbinden. Sah Sie gestern zwischen dem Krematorium und dem Landesmuseum, grüßte auch, mußte nur schleunigst in ein düsteres Nebengäßchen entwischen, ein altes, sterbendes Weiblein liegt mir dort am Herzen – auch so eine Stille im Lande.«
    »Gewiß doch, Herr Bischof.«
    »Nun, habe ich es erraten?«
    »Es ist so.«
    Bischof Moser schloß die griechische Bibel, die vor ihm lag.
    »War ein schmuckes Frauchen«, sagte er. »Wünsche Ihnen Glück. Wann soll denn die Hochzeit sein?«
    »Morgen. In der Heloisen-Kapelle wenn möglich – und wenn Sie die Trauung vollziehen könnten, wäre ich glücklich.«
    Der Bischof war irgendwie verlegen.
    »Eigentlich ist dies die Aufgabe des amtierenden Predigers«, stellte er fest. »Thürcker vollzieht die Trauungen vortrefflich, hat auch ein besonders wohltönendes Organ.«
    »Ich bitte Sie, eine Ausnahme zu machen«, bat Archilochos,
    »wenn ich jetzt schon Weltkirchenrat werden soll.«
    »Hm. Glauben Sie, mit den gesetzlichen Formalitäten durch-zukommen?« fragte der Bischof. Irgend etwas war ihm sichtlich peinlich.
    »Ich werde Maître Dutour damit beauftragen.«
    »Dann ja«, gab der Bischof endlich nach. »Sagen wir morgen, in der Heloisen-Kapelle, nachmittags um drei? Dürfte ich 62

    den Namen der Braut noch erfahren und ihre Personalien?«
    Der Bischof notierte sich das Nötige.
    »Herr Bischof«, sagte Archilochos, »meine beabsichtigte Heirat ist wohl ein zureichender Grund, Ihre Zeit in Anspruch zu nehmen, doch nicht der wichtigste, wenn ich so sagen darf, wenn es nicht ein Frevel ist, so was überhaupt auszusprechen, denn es kann doch nicht leicht etwas Wichtigeres geben, als die Verpflichtung einzugehen, mit einer Frau zusammenzusein ein Leben lang. Aber dennoch ist mir in dieser Stunde etwas noch viel wichtiger, weil es mir so schwer auf dem Herzen liegt.«
    »Sprechen Sie sich aus, lieber Generaldirektor«, antwortete der Bischof freundlich. »Courage. Wälzen Sie sich Ihre Sorgen von der Seele, sei es nun eine menschliche oder eine allzu-menschliche Last.«
    »Herr Bischof«, sagte Archilochos verzagt und setzte sich in seinem Lehnstuhl aufrechter, schlug auch die Beine übereinan-der, »verzeihen Sie mir, wenn ich vielleicht wirres Zeug rede.
    Noch diesen Morgen war ich ganz anders gekleidet, schäbig, ich sage es frei heraus, und der Anzug, den ich trug, als Sie mich Sonntag sahen, war mein Konfirmandenanzug, und jetzt stecke ich plötzlich in den teueren Kleidungsstücken von O’Neill-Papperer und Vatti. Ich bin geniert, Herr Bischof, Sie müssen doch denken, ich sei nun völlig der Welt und ihrem Blendwerk verfallen, wie Prediger Thürcker immer sagt.«
    »Im Gegenteil«, lächelte der hohe geistliche Herr: »Ein angenehmes

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