Griechisches Feuer
Und wenn das Jahr vorbei ist, schenke ich dir wieder zwölf neue Blätter, und im Jahr darauf wieder und dann wieder, bis ans Ende unseres Lebens. So können wir sicher sein, dass unsere gemeinsame Zeit nur vom Glück begünstigt ist."
Aber dieses Versprechen hatte er nicht eingehalten. Noch bevor das erste Jahr vorbei war, hatte Paula mit ihren boshaften Lügen alles zerstört.
"O Constantine!" schluchzte Grace. Sie drückte die Kette fest an sich, und Tränen liefen ihr über die Wangen. Sie weinte um die verzauberten, wundervollen Tage, die sie beide zusammen verbracht hatten. Tage, an denen Constantine ihr einfache, aber für sie ganz besondere Geschenke gemacht und sie nicht mit sündhaft teuren, aber ohne Liebe ausgesuchten Präsenten überschüttet hatte. Damals, als sie sich noch vorbehaltlos und aus ganzem Herzen geliebt hatten.
Am heftigsten weinte sie bei dem Gedanken, dass diese Tage ein für alle Mal vorbei waren.
9. KAPITEL
Dankbar betrat Grace den kühlen Flur. Sie seufzte leise und versuchte, ihre schmerzenden Schultermuskeln zu entspannen.
"Müde?" fragte Constantine, dem ihre Reaktion nicht entgangen war.
Sie nickte. "Es war eine lange Reise, und es ist so heiß!"
Grace fühlte sich in ihrem grauen Hosenanzug, den sie extra für die Reise gekauft hatte, mehr als unwohl. In London war er gerade richtig gewesen, aber dort war es im August auch viel kühler als hier in der Gluthitze, die auf den Sporaden in der Ägäis herrschte.
"Du solltest dankbar sein, dass wir einen Hubschrauber besitzen", bemerkte Constantine trocken. "Wenn wir mit der Fähre oder dem Tragflächenboot gefahren wären, hätte es noch viel länger gedauert. Selbst im Idealfall braucht die Fähre von Athen bis hierher sieben Stunden. Skyros ist die abgelegenste Insel der Gruppe - hier scheint das Leben stillzustehen."
"Da kann ich dir nur Recht geben." Grace dachte an die alten Männer in ihren ausgebeulten blauen Hosen und mit den schwärzen Mützen und Ledersandalen und an die Frauen mit den langen, um den Kopf gebundenen Schals, die sie auf dem Weg zum Haus gesehen hatte. "Man glaubt wirklich, in die Vergangenheit gereist zu sein."
"Die Einheimischen sind fest von ihren Traditionen überzeugt."
"Aber deine Familie hat damit gebrochen. Ihr wärt im Geschäftsleben nicht so erfolgreich, wenn ihr nicht alles über Bord geworfen hättet."
"Das stimmt." Constantine nickte. "Mein Großvater war ein Verfechter des Fortschritts. Er wollte mehr als nur ein Haus auf einer kleinen felsigen Insel. Ach, da bist du ja, Floriana."
Freundlich begrüßte er die kleine, ganz in Schwarz gekleidete Frau, die am anderen Ende des Korridors aufgetaucht war.
"Du erinnerst dich doch noch an Miss Vernon?"
Florianas einzige Reaktion war ein knappes Nicken.
Natürlich erinnerte sie sich, und zwar vor allem daran, was Grace dem über alles geliebten einzigen Sohn der Kiriazis-Familie angetan hatte.
Grace sah den feindseligen Blick, und ihr Lächeln verschwand. Sie hätte nicht kommen dürfen. Wieso nur hatte sie sich überreden lassen? Warum hatte sie die warnende Stimme in ihrem Inneren ignoriert? Einen größeren Unterschied zwischen ihrer Ankunft heute und vor zweieinhalb Jahren konnte es kaum geben.
Damals war sie über alle Maßen euphorisch gewesen. Sie war bis über beide Ohren verliebt gewesen und hatte an immerwährendes Glück geglaubt. Nichts hatte ihre Freude trüben können. Grace war von diesem großen, alten Steinhaus mit dem roten Schieferdach überwältigt gewesen. Die Lage des Hauses im Norden der Insel auf einem Hügel mit Blick auf eine kleine Bucht hatte sie begeistert. Und was noch schöner war: Alle Bewohner - von Constantines Eltern bis hin zu den Bediensteten - hatten sie gemocht.
Aber Florianas unfreundliche Begrüßung erinnerte Grace wieder daran, wie kurzlebig Freude und Glück sein konnten.
"Floriana!" Constantine blickte die Frau stirnrunzelnd an und fügte noch etwas auf Griechisch hinzu, das wie ein Tadel klang.
Dann drehte er sich zu Grace um und sagte: "Floriana wird dir dein Zimmer zeigen. Du willst sicher duschen und dich umziehen. Ich muss noch einige Telefonate erledigen."
Auch das ist anders, dachte Grace betrübt, als sie einer schweigenden, feindseligen Floriana die Holztreppe hoch und dann den Gang entlang folgte. Letztes Mal hatte Constantine sie zu ihrem Zimmer gebracht.
Damals hatte er ihr voller Freude und Stolz das ganze Haus gezeigt. Sie sollte sehen, wo er geboren und aufgewachsen
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