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Grießnockerlaffäre: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Grießnockerlaffäre: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Grießnockerlaffäre: Ein Provinzkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Falk
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kommen, weil er da schon lang nicht mehr war, sagt er. Und sowieso, weil’s dort so schön ist. Außerdem hätten die ein wirklich hammermäßiges Bier und eine ebenso gute Küche. Dann legen wir auf.
    Nach der Dusche leg ich dann feierlich mein Rasierzeug zurecht. Und das ist jetzt ein Aufwand, das kann man gar nicht erzählen. Nicht so wie sonst, mal kurz mit dem Messer über das Kinn. Nein, weit gefehlt. So einen Vollbart zu entfernen, das kann schon mal gut und gerne den halben Vormittag in Anspruch nehmen. Zwischenzeitlich kommt die Oma wegen Frühstück, verschwindet aber gleich wieder, weil sie meinen halb rasierten und eingeschäumten Anblick nicht ertragen kann. Sie sagt irgendetwas von »Ja, Pfiati Gott!«, und überlässt mich weiter der zuckenden Klinge. Meine Haut brennt wie Feuer und hat auch noch die gleiche Farbe. Dann ruft die Susi an, weil der Bürgermeister nach mir gefragt hat.
    »Bist du krank?«, fragt sie gleich ganz besorgt.
    »Höchstens halbseitig!«, sag ich und verspreche, bis mittags wieder zu genesen. Und die Tortur nimmt kein Ende. Ich schäume und rasiere und kühle die Haut mit kaltemWasser. Zwischenzeitlich deck ich mit winzigen Watteflocken die diversen Schnittwunden ab und tupf mir die Tränen aus den Augen. Aber irgendwann ist es geschafft. Ich betrachte mich im Spiegel, und was ich seh, kommt mir fremd vor. Sehr fremd sogar. Was nicht nur an den unzähligen Watteflocken liegt. Aber vielleicht wird es besser, wenn die weg sind und meine natürliche Hautfarbe zurück ist. Wer weiß.
    Bevor ich mich auf den Weg ins Büro mach, schau ich noch schnell zu der Oma in die Küche. Der kurze Weg über den Hof ist äußerst unangenehm, weil es mich jetzt so dermaßen ins Gesicht friert, und das, obwohl es noch nicht einmal kalt ist. Unglaublich.
    Der Papa und die Oma können mit meinem neuen, alten Antlitz wohl auch wenig anfangen. Beide starren mich an, als hätt ich die Krätze. Also schnapp ich mir nur schnell eine Semmel, hau ein Paar Scheiben Wurst drauf und verlasse das ungastliche Gehöft. Im Büro ist es dann deutlich besser. Die Susi freut sich, dass ich sie nicht mehr kratzen kann, und auch die Silvie wirft ein paar neckische Blicke durch den Raum.
    »Ah, Eberhofer!«, schreit der Bürgermeister schon von Weitem. »Schön, dass Sie wieder menschliche Züge annehmen, sehr schön, ja. Und diese feuerroten Dellen, die verschwinden in ein paar Tagen ganz von allein. Sie werden sehen!«

Kapitel 15
    Bevor ich am Abend zur familiären Essensaufnahme schreite, begeb ich mich noch kurz in meinen Saustall rüber, um den Verlauf der Schwellungen zu kontrollieren. Ich geh also ins Badezimmer, knips das Licht an und stell mich vor den Spiegel. Entferne die Watteflocken, die noch nicht selbst die Flucht ergriffen haben, und kühle mit einem kalten Lappen die noch immer leicht geröteten Stellen. Es sieht tausendmal besser aus wie noch heute Mittag. Sogar aus der Nähe. Zufrieden tret ich noch näher an den Spiegel. Aber was ich dann sehe … was ich dann sehe … mir fehlen einfach die Worte. Dieses Gesicht hab ich doch schon mal …
    »Oma!«, schrei ich gleich, wie ich zur Tür reinkomm. Natürlich hört sie es nicht, aber sie kann es fühlen, gar keine Frage. Sie erhebt sich vom Stuhl, kommt auf mich zu und streicht mir ganz sanft übers Gesicht.
    »Setz dich hin, Bub, setz dich!«, sagt sie und ich tu, wie mir geheißen. Weil mir momentan ohnehin die Füße wegkippen wie nix.
    Der Papa kommt in die Küche geschlurft. Ganz langsam schaut er in die Runde. Zuerst zur Oma, dann zum Paul auf dem Sofa und schließlich zu mir. Dort bleibt sein Blick hängen und geht nicht mehr weg. Er zieht langsam einen Stuhl hervor und lässt sich schwerfällig drauffallen, ohne michauch nur einen Wimpernschlag aus den Augen zu lassen. Die Oma bringt Gläser und eine Flasche Schnaps. Den brauchen wir jetzt. Alle.
    Dann beginnt sie zu erzählen. Ganz ruhig, ja beinahe sachlich. Und trotzdem schwingt in ihrer Stimme eine Gewalt, eine solche Gewalt, die ich noch nie zuvor an ihr erlebt habe. Sie sitzt dort am Tisch, dieses winzige Weiblein, und redet und redet und schaut dabei ständig auf ihre Hände. Auf diese faltigen, fleißigen kleinen Hände. Nur ab und zu hebt sie den Blick und starrt ins Leere. Wir anderen lauschen gespannt, und fast möchte man sich das Atmen verkneifen.
    Wenn ich mir den Paul heut so anschau, wie er drüben liegt, dort an der Wand unter seiner Wolldecke, dann weiß ich genau, wie ich

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