Grießnockerlaffäre: Ein Provinzkrimi (German Edition)
bleibt. Und fragen, ob vielleicht ein Arzt anwesend ist oder wenigstens eine Krankenschwester. Aber nix. Und seien wir einmal ehrlich, bis überhaupt hier bei uns in Niederkaltenkirchen ein Rettungswagen eintrifft, da kann schon gut und gerne ein Weilchenins Land ziehen. Schließlich muss der von Landshut kommen. Irgendwann aber trifft er tatsächlich ein.
Wie der Max mitsamt seiner Mutter endlich auf dem Weg ins Krankenhaus ist, fängt der Simmerl an zu flennen, das kann man kaum glauben. Er geht langsam um das Auto herum und tastet es ab. Fast könnte man sagen, er streichelt es zärtlich. Und kurz darauf brüllt er den Abschleppwagenfahrer an, er möge vorsichtig sein. Verdammt noch mal vorsichtig, sagt er. Ja, so hat halt jeder seine Prioritäten.
»Jetzt fährt der Depp doch tatsächlich mit diesem wunderbaren Wagen in eine Bushaltestelle«, wimmert er, nachdem der Blick auf dieselbige zu guter Letzt frei ist.
»Vielleicht liegt das ja irgendwie bei euch in der Familie«, fällt mir jetzt ein. »War es bei dir damals nicht eine Telefonzelle?«
»Da war ich besoffen!«
»Das kann man wohl sagen!«
Der Simmerl schüttelt den Kopf und wischt sich über die Augen.
»Ob der Max arg schlimm verletzt ist?«, flüstert er ganz besorgt.
»Nein, ein Schock halt. Vielleicht ein kleines Schleudertrauma. Sonst aber nix, wirst sehen.«
Dann hau ich ihm zur Aufmunterung auf die Schulter und bring ihn zur Metzgerei zurück.
Wie am Abend die drei heiligen Könige von ihrem Ausflug zurückkehren, haben sie freilich auch Geschenke dabei. Für die Oma ein Dirndl, da würde sie gut zweimal reinpassen. Und für mich einen Sepplhut. Der Leopold überreicht ihn mir feierlich und kriegt dabei sein saublödes Grinsen nicht aus der Visage. Im Grunde genommen ist es auch kein Grinsen, nein, vielmehr ein schallendes Gelächter. Er setzt miralso diesen depperten Hut auf und lacht. Und ich tret vor den Spiegel, rück den Filz ein wenig zurecht und bedanke mich vielmals. Ja, sag ich, so ein Teil hätt ich schon immer gern haben wollen. Wie er das nur gewusst hat. Herzlichen Dank auch. Ja, herzlichen Dank. Da bleibt ihm sein Lachen, sein saublödes, direkt im Halse stecken. Und so verräumt er seine Familie in den Wagen und fährt der Heimat entgegen.
Die Oma sagt, das Dirndl ist Scheiße, weil: viel zu groß. Und ich muss unbedingt mit ihr morgen Nachmittag da hinfahren, damit sie es umtauschen kann. Das werden wir dann wohl so machen, die Oma und ich. Gleich drauf kommt der Papa zur Tür rein.
»Der Simmerl steht im Hof und will den Doktor Eberhofer sprechen«, sagt er und wirkt ein bisserl verwirrt. So geh ich halt raus, und da hockt der Metzger tatsächlich in seinem eigenen – also intakten – BMW, hat den Ellbogen aus dem offenen Fenster gestreckt und trägt relativ unübersehbar den bösen Blick.
»Ja, du Siebengescheiter«, brummt er mir aus seinem Schweinsledersitz heraus. »Schleudertrauma … ein kleiner Schock … Ha! Dass ich nicht lache! An dem Max ist so ziemlich alles gebrochen, was sich ein Mensch nur brechen kann! Der wird so schnell nicht wieder Auto fahren können.«
»Was ein großer Verlust für die Fahrzeugindustrie ist«, sag ich und muss grinsen.
»Und die Gisela, die ist natürlich stocksauer auf mich!«
»Auf dich? Wieso denn auf dich? Du hast den Wagen doch nicht zu Schrott gefahren?«
»Nein, aber ich hab ihm den Wagen auf’s Aug gedrückt, verstehst. Und jetzt … jetzt liegt er da, der Bub. Und seine arme Mutter ist ganz fertig mit den Nerven.«
»Und was willst du jetzt machen?«
Der Simmerl zuckt mit den Schultern. »Ja, was wohl?Einen Polo werd ich ihm halt kaufen müssen. Mit einem Polo kann er niemals eine Bushaltestelle zerlegen.«
»Nein, eher nicht«, sag ich und nicke zustimmend.
»Du, sag einmal, warum hast du eigentlich so einen depperten Sepplhut auf, wenn ich fragen darf.«
»Ein Geschenk vom Leopold«, sag ich mit Blick nach oben. Der Simmerl muss grinsen. Dann verabreden wir uns auf ein Bier für später. Ich schnapp mir den Ludwig und wir wandern los.
Kapitel 18
Am nächsten Tag in der Früh fahr ich zuerst einmal in die PI Landshut rein. Und geh zielstrebig in das Büro von der Maierhofer. Sie hockt hinter ihrem PC und schlürft am Kaffee.
»Morgen, Eberhofer. Sie schon wieder? Hat es einen bestimmten Grund, warum es Sie in letzter Zeit ständig hierher verschlägt? Meinetwegen wird es sicher nicht sein, oder?«, begrüßt sie mich und bedeutet mir, Platz zu
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