Grießnockerlaffäre: Ein Provinzkrimi (German Edition)
der Oma wie angegossen. Am Schluss haben wir ein Dirndl mit Gänseblümchen und orangener Schürze für die Oma und eins mit Veilchen und rosa Schürze für den Zwerg Nase. Und da auch meine filzige Kopfbedeckung zurück zum Erzeuger geht, kriegen wir sogar die Differenz ausbezahlt. Vierzehn Euro zwanzig sind das. Und die verbraten wir im nahe gelegenen Café für Schwarzwälder und Milchkaffee. Sitzen in der Sonne und schauen auf den wunderbaren See hinaus.
Auf der Heimfahrt schläft die Oma ein und wird erst wieder wach, wie wir übern Hofkies rumpeln. Hinten aus dem Garten erklingen ungewohnte Töne. »Flieger, grüß mir die Sonne …«, kann ich vernehmen. Weil es die Oma freilich nicht hören kann, geht sie schnurstracks in die Küche. Mich aber treiben nun die fremden Klänge und die damit hervorgerufene Neugier schnurstracks hinters Haus. Und dort sitzen sie dann vor dem Schallplattenspieler. Der Papa und der Paul in Wolldecken mit einer Flasche Rotwein am Gartentisch und schauen sich haufenweise Fotos an. Ich setz mich mal dazu. Sagen tut keiner was. Die Bilder wechseln wortlos die Betrachter, und ich gehör jetzt auch dazu. Es sind Aufnahmen aus dem Leben der beiden. Vom Kinde bis heute. Manche schwarz-weiß, manche farbig, etliche mit Zickzackrand, einige mit Rissen oder geknickt. Aber alle … alle haben eines gemeinsam. Es sind die Zeugen ihrer Vergangenheit. Und sie alle erzählen aus ihrem Leben. Jedes einzelne davon. Irgendwann zerstört die Oma diesen stillen Moment, indemsie mit einem Mordstablett auf uns zukommt. Der Papa geht ihr entgegen und befreit sie von der Last.
»Schneidig, Oma!«, begrüßt er sie mit ihrem geblümten Neuerwerb. Der Paul blickt auf. Und an seinen Gesichtszügen kann man gut ausmachen, dass ihm diese kleine Trachtlerin ebenfalls sehr gefällt. Nach dem Essen gibt’s ein Schnapserl, und danach nimmt die Oma ihren müden Seefahrer an der Hand und bringt ihn ins Bett.
»Irgendwie schön, die zwei«, sag ich so.
»Irgendwie schon«, brummt der Papa und schaut ihnen hinterher, bis sie ums Eck rum sind.
Am nächsten Tag in der Früh geh ich zuerst einmal zur Susi wegen Kaffee. Es duftet schon im Korridor danach. Wie nicht anders zu erwarten, ist die Kanne aber bereits leer. Weil die hier anwesenden Verwaltungsschnepfen nämlich Kaffeehaferl füllen, da könnte man gut ein Fußbad drin machen.
»Ich setz gleich noch mal neuen auf, Franz«, sagt die Susi, kommt um den Schreibtisch rum und zwickt mich in die Wange. »Gehst derweil kurz rüber zum Bürgermeister, der hat eh schon nach dir gefragt.«
Also geh ich dort rüber, wohl ahnend, dass wieder irgendwas völlig Nerviges ansteht. »Schauns’ doch selber, Eberhofer«, sagt der Bürgermeister, nachdem er sein Anliegen vorgebracht hat, und tritt ans Fenster. »Da kann man doch kaum noch auf den Gehweg sehen. Vom Marktplatz ganz zu schweigen.«
Und es ist ja wahr. Die Bäume vorm Rathaus haben eine Triebsamkeit, das kann man kaum glauben. Äste, so dicht wie im Regenwald, kratzen bereits an den rathäuslichen Scheiben. Da muss sich was ändern, ganz klar. Weil selbstverständlich ein Bürgermeister das Recht hat, einen freien Blick auf seine eigene Gemeinde werfen zu können. Dasdürfte wohl jedem einleuchten. Aber dass er dafür nun ausgerechnet meine Hilfe braucht, ist zwar ärgerlich, jedoch fällt mir so spontan leider nix ein, um aus der Nummer rauszukommen. Er freut sich.
»Schön, Eberhofer. Sehr schön«, sagt er. »Dann werd ich dem Hausmeister Bescheid sagen, dass Sie ihm zur Hand gehen, gell. Wann würd’s Ihnen denn passen?«
»Passen tut’s mir im Grunde überhaupt nicht. Nur dass das klar ist. Aber wenn ich hier schon den Handlanger spielen muss, dann am besten zügig, damit wir’s hinter uns bringen. Gleich morgen in der Früh vielleicht«, sag ich.
»Hervorragend, Eberhofer. Wirklich hervorragend!«
Bäume schneiden. Prima. Was muss man eigentlich noch alles ertragen, wenn man in so einem Kaff den Dorfgendarm gibt?
Ich verzichte nun auf Kaffee und geh direkt in mein Büro. Dann ruf ich erst mal den Birkenberger an. Mal schauen, ob der fleißig war und irgendwelche Nachrichten für mich hat.
»Du, Franz«, sagt er, und ich kann ihn nicht wirklich verstehen. Er flüstert kaum hörbar in den Hörer und nuschelt irgendwas von mordswichtig und Verhör und dass er sich meldet, sobald es halt passt. Ich leg mal besser auf.
Dann halt doch Kaffee.
Die Kanne ist leer, das ist doch unglaublich.
»Ja,
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