Grim - Das Erbe des Lichts
Rücken, und während der Hippogryph sich weit in die Luft erhob, duckten sie sich mit Carven hinter einem zerbrochenen Sarkophag. Remis flog mit wirrem Blick auf Mias Schulter. Grim sah die Lichter der magischen Explosionen in seinen Augen und folgte dem Blick des Kobolds.
Die Hügel Taras waren verschwunden. Stattdessen flossen Ströme aus roter und silberner Magie an den in schwarzen Flammen stehenden Eichen vorbei über die Ebene, fauchende Spiralen aus Feuer stoben aus klaffenden Löchern in die Nacht, und der Himmel wurde von einem Chor aus tanzenden Nordlichtern überzogen. Grim erinnerte sich daran, dass auch in der Nacht, da Morrígan ihnen erschienen war, Nordlichter über den Himmel gezogen waren — sie hatten das Kommen der Feen angekündigt. Ein kalter Wind wehte über die Flammen zu ihm herüber, er spürte ihn wie eine grausame Hand an seiner Kehle und hustete. Er fröstelte, als ein Gesicht vor ihm auftauchte — das Gesicht einer Frau aus Eis und Verdammnis. Ihr Name strich über seine Lippen, doch noch ehe er ihn aussprechen konnte, ging eine Erschütterung durch den Boden, dicht gefolgt von einem Geräusch, das ihm den Atem nahm.
Es war, als würden Gebirge zerreißen. Schreie zerfetzten die Luft — Schreie aus unmenschlichen Kehlen. Grim spürte, wie sie durch sein Fleisch, seine Knochen drangen und jeden seiner Gedanken verbrannten wie einen armseligen Fetzen Papier. Wellen aus uralter, mächtiger Magie rollten auf ihn zu, sie dröhnten in seinen Ohren. Mit aller Kraft hielt er den Schutzwall aufrecht und schaute hinüber zum Lia Fáil, dem Schicksalsstein, der einst die Magie aller Feenorte der Welt in sich hatte bündeln können. Der Stein glühte in tiefrotem Licht, das rasch heller wurde und schließlich mit einem gewaltigen Knall die steinerne Kruste von einem funkelnden Kristall sprengte, der zunehmend größer wurde und unzählige Lanzen aus rotem Licht in den Himmel stach. Im selben Moment brach die Erde rings um ihn auf, und wilde Schleier aus Magie strömten in schillernden Farben in die Nacht. Und aus ihrer Mitte schob sich ein Schloss in die Dunkelheit, das den Kristall des Schicksals in sich aufnahm — ein Schloss wie aus Mondlicht.
In sanftem Schimmer erhoben sich Zinnen und Erker, Pinakel, Wehrmauern und Balustraden. Filigran gestaltete Brücken und Strebebögen verbanden die zahlreichen Türme miteinander, die sich mit kunstvollem Maßwerk in die Nacht schoben. Das Gebäude schimmerte aus sich selbst heraus, ein sanfter Nebel umgab jeden Stein, sodass es auf den ersten Blick wirkte wie eine Traumfigur. Doch Grim spürte die Magie, die von ihm ausging — kühl und mächtig strahlte sie zu ihm herüber und ließ seine Augen tränen. Für einen Moment meinte er, wieder vom dunklen Rand des Waldes auf die Lichtung zu schauen, über deren Blumenfeld der Mond prangte, und Theryons Stimme ging ihm durch den Kopf wie ein Flüstern.
Die Poesie der Welt.
Grim spürte, dass er aufgehört hatte zu atmen. Dieses Schloss war reine Magie — eine Erinnerung aus den Annalen der Ersten Zeit, da die Welt noch gewusst hatte, dass es Wunder gibt.
»Fynturil«, flüsterte er und hörte selbst die Bewunderung, die in seiner Stimme mitschwang. »Der Königssitz der Feen.«
Er spürte, wie Theryon sich neben ihm niederließ, doch er konnte sich nicht von dem Anblick abwenden, der sich ihm jetzt bot. Die Nordlichter strichen über die silbernen Mauern des Schlosses, sie schlangen sich wie Fahnen um die Zinnen und Türme und hießen den Sitz der Feen willkommen in der Welt der Menschen.
»Ja«, wisperte Theryon. »Hier regierten die Túatha Dé Danann, das Urvolk der Alben. Sie errichteten das Schloss aus Tränen und Mondlicht, so sagen es die Legenden, und übergaben es einst an die Feen, die bis heute aus beidem bestehen sollen. Vieles ist hier geschehen, in diesem Herzstück meines Volkes. Hier wurde Sintoryn geboren, der Erste König der Feen, hier ergriff Morrígan die Macht, und hier fassten die Ersten meines Volkes den Entschluss, die Welt der Menschen zu verlassen. Blutige Schlachten wurden auf den Feldern um dieses Schloss geschlagen, und obgleich später die Hochkönige der Menschen hier ihren Sitz hatten, verlor sich doch nie der Zauber der Ersten Stunde. Lange Zeit war es verborgen in der Welt der Feen. Jetzt ist es zurückgekehrt — Fynturil, das Herz des Feenvolkes aus Tränen und Mondlicht.«
Grim spürte die Ströme aus Magie, die unter der Erde in Richtung des Schlosses
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