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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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seinen Arm umfasst, doch irgendetwas war von ihm abgefallen — gerade in dem Moment, da er die Hand hatte sinken lassen und Grim mit seiner Rede begonnen hatte. Auf einmal wirkte Carven klein, fast zerbrechlich, als hätte er mit dem Sturz aus seiner Phantasie einen Panzer verloren, der ihn gerade noch stark und kräftig gemacht hatte. Nun stand er da, langsam errötend, und schaute Grim von unten herauf an wie ein getretener Hund.
    Grim seufzte leise. »Du kannst es nicht wissen«, sagte er so freundlich wie möglich. »Ich habe schon einmal versucht, es dir zu sagen: Solche Helden, wie du sie aus deinen Geschichten zu kennen glaubst, hat es nie gegeben. Und du ... Sieh dich an. Du bist kein Krieger, sondern ein Junge, der beschützt werden muss, was umso schwieriger ist, wenn du den Ernst der Lage nicht erkennst. Also tu uns allen einen Gefallen, und benimm dich nicht wie ein naives Kind.«
    Kaum hatte Grim diese Worte ausgesprochen, verdrehte er über sich selbst die Augen. Womöglich würde der Junge jeden Moment anfangen zu heulen, so geduckt und ängstlich, wie er dastand. Remis zog ärgerlich die Brauen zusammen, und Hortensius warf Grim einen Blick zu, der ihn mit einer winzigen Portion Magie an den nächsten Baum genagelt hätte. Voller Missbilligung schüttelte der Zwerg den Kopf.
    »Vergiss nicht, was ich dir immer sage«, murmelte Hortensius, doch obwohl er eindeutig mit Carven sprach, ließ er Grim nicht aus den Augen. »Und wenn die ganze Welt sich gegen dich verschworen hat — solange du weißt, dass es richtig ist, was du tust, ist alles gut. Und Steinköpfe waren noch nie für ihre Intelligenz bekannt — oder für ihr Einfühlungsvermögen.«
    Grim holte Luft, um zu antworten, doch da hob der Zwerg den Zeigefinger und stach so heftig damit in seine Richtung, dass Grim fast meinte, durch die Luft hindurch getroffen zu werden.
    »Carven hat Stärken, von denen du nichts ahnst«, zischte der Zwerg mit vor unterdrückter Wut bebender Stimme. »Er ...«
    Grim schnaubte durch die Nase und unterbrach ihn. »Sicher«, grollte er dunkel. »Der große Krieger des Lichts ist bei uns. Wir ...«
    Ein lang gezogener Schrei ließ ihn zusammenfahren, ein Ruf aus menschlicher Kehle. Remis deutete in die Finsternis zwischen den Bäumen. »Seht«, flüsterte der Kobold. »Ein Licht! Da ruft jemand um Hilfe!«
    Grim seufzte. Als wenn diese Nacht nicht schon beschwerlich genug war, musste er nun auch noch Sterbliche vor dem Kältetod bewahren. Stöhnend nahm er Menschengestalt an — und bereute es sofort. Hatte ihn gerade noch sein steinerner Leib vor Schnee und Wind geschützt, drang die Kälte nun unerbittlich in ihn ein und kühlte ihn innerhalb weniger Augenblicke scheinbar vollkommen aus.
    »Gehen wir«, murmelte er düster und schob sich durch Dünen aus Schnee auf das Licht zu. Remis schlüpfte in seine Manteltasche, Hortensius straffte die Schultern und sah in dem Schneegestöber tatsächlich aus wie ein kleiner Mensch. Carven lief in Grims Fußstapfen hinter ihnen her.
    Endlich brach das Licht stärker durch die Bäume, und Grim erkannte eine Frau in dicken Wintersachen mit einem Windlicht in der Hand. Offensichtlich war sie gestürzt, denn ihr Rucksack lag einige Meter weiter, und ihr von der Kälte gerötetes Gesicht war schmerzverzerrt. Doch nun, da sie Grim sah, stieß sie erleichtert die Luft aus.
    »Gott im Himmel!«, rief sie und lächelte. »Und ich dachte, dass ich die einzige Verrückte bin, die sich bei diesem Wetter vor die Tür gewagt hat!«
    Grim stöhnte innerlich. Anrufungen dieser Art führten für gewöhnlich nicht dazu, dass er sich willkommen fühlte. Aber die Frau hatte warme, kastanienbraune Augen, und ihr Lachen erinnerte ihn aus irgendeinem Grund an die Frühlingstänze der Kobolde auf den Wiesen rings um Paris, zu denen Remis ihn schon oft mitgenommen hatte. Sofort legte sich ein warmes Gefühl um seine Schultern.
    Freundlich erwiderte er ihr Lächeln und ging auf sie zu. »Dasselbe dachten wir auch«, erwiderte er, reichte ihr die Hand und half ihr auf. Ihr Knöchel war verstaucht, das hatte er bei der ersten Berührung ihres Körpers gefühlt. »Ich werde Ihnen dorthin zurückhelfen, woher sie gekommen sind.«
    Die Frau lächelte dankbar. »Ich wohne nicht weit von hier in der alten Forsthütte. Es ist sehr freundlich von Ihnen, dass Sie mir helfen.« Ihr Blick fiel auf Carven und Hortensius, die wenige Schritte entfernt stehen geblieben waren. »Wenn wir es schaffen, mein Haus zu

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