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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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erreichen, mache ich uns Tee — und für den Jungen eine heiße Schokolade, einverstanden?«
    Hortensius nickte höflich, doch Carven schwieg. Verwundert hob Grim den Blick — und erschrak. Carven war schneeweiß geworden, seine Augen flammten in dunklem Feuer. Langsam schüttelte er den Kopf.
    »Grim«, flüsterte er kaum hörbar. »Sie ist eine ...«
    Ehe er den Satz beenden konnte, entwand sich die Frau Grims Griff, sprang mit einem gewaltigen Satz über den Schnee zu Carven und umfasste mit einer Hand seinen Nacken. Hortensius zog seinen Streitkolben hinter dem Rücken hervor, und Grim stieß die Faust vor, doch der Zauber prallte ebenso wie die Waffe des Zwergs von einem mächtigen Schutzschild ab. Im selben Moment wurde Hortensius von einem schwarzen Lichtstrahl in die Brust getroffen. Reglos fiel er in den Schnee, während die Frau ihre Gestalt veränderte. Schwarze Adern traten unter ihrer Haut hervor, die Lippen zogen sich von gelben Zähnen zurück, und ihre Hände wurden zu Klauen, die sich tief in das Fleisch des Jungen bohrten. Doch all das sah Grim wie in Trance. Sein Blick hing an Carven, an seinen Augen und dem wissenden, haltlosen Ausdruck darin. Schon einmal hatte Grim diesen Blick auf sich gefühlt — damals, als Jakob gestorben war. Die Frau versetzte Carven einen Stoß, sein Blick wurde glasig, und er sank reglos in den Schnee.
    Der Schreck trieb Grim vorwärts, er stürzte sich auf die Frau, doch sie riss die Arme in die Luft und stob mit plötzlich geisterhaftem Körper durch Grim hindurch. Ehe er zu ihr herumfahren konnte, hörte er ihre Stimme an seinem Ohr. »Zu dumm«, flüsterte sie.
    Im nächsten Moment spürte er einen stechenden Schmerz im Nacken. Blitzartig wandte er sich um, doch die Frau wich vor ihm zurück. Ihr Gesicht verzerrte sich zu einer leichenhaften Grimasse, rücklings entkam sie seinem Schlag, sprang gegen einen Baumstamm und blieb dort hocken wie eine gewaltige Spinne.
    »Narr«, zischte sie, doch das Wort drang verzerrt an Grims Ohr. »Hast du geglaubt, dass du Dramdya entkommen kannst, Dramdya, der Hexe der Nacht? Meine Kinder haben dich vom Himmel gepflückt, und nun wirst du in meinen Armen sterben. Doch zuvor ... Weißt du, wen ich rufen werde? Weißt du, wer nach dem Jungen dort verlangt?«
    Grim spürte, wie die Hexe ihre Konturen verlor, ihr Gesicht flackerte bereits in schwarzem Licht. Er hob die Klaue, doch sein Zauber rollte zurück in seine Kehle wie ein schwerer runder Stein. Mit aller Kraft versuchte er, die Augen offen zu halten, aber es gelang ihm nicht. Im nächsten Moment raste der Boden auf ihn zu, hart schlug er mit dem Kopf auf, und alles wurde schwarz. In wilder Panik stellte er fest, dass sein Körper gelähmt war und sich seine Gedanken ins Reich der Ohnmacht verabschiedeten. Das heisere Lachen Dramdyas drang durch seine Benommenheit, dicht gefolgt von einem einzigen Namen:
    Alvarhas.

Kapitel 34

    ia schlich hinter Theryon durch einen langen finsteren Gang. Rechts und links von ihnen lagen leere Verliese, Staub bedeckte den Boden, und an der Decke sammelten sich Wassertropfen, die mit gespenstischem Widerhall in die Gewölbe niederfielen. Mit einem Ritual seines Volkes war es Theryon gelungen, einen Zugang zum Kerker des Feenschlosses zu öffnen, und nun suchten sie einen Weg in die oberen Bereiche des Gebäudes. Doch obwohl Theryon die Grundrisse aus früheren Zeiten kannte, war dies alles andere als einfach. Denn noch war das Schloss dabei, in seine ursprüngliche Gestalt zurückzukehren. Immer wieder fielen Gesteinsbrocken von der Decke, denen sie ausweichen mussten, und nicht nur einmal versperrte ihnen eine plötzlich vorgleitende Mauer den Weg. Wenigstens waren ihnen noch keine Feen begegnet — aber das war nur eine Frage der Zeit.
    Mia hielt sich dicht an Theryon. Das Gemäuer stöhnte über ihrem Kopf, sodass sie immer wieder glaubte, jeden Moment unter einer Tonnenlast begraben zu werden, und sie kontrollierte zum wiederholten Mal ihren Schutzwall. Theryon hatte einen Zauber über sie gelegt, um sie vor dem Blick in maskenlose Feenaugen zu schützen, aber ihr war bewusst, dass das Schloss von mächtigen Gegnern nur so wimmelte.
Menschen sind schwach.
Ärgerlich verzog sie das Gesicht, als Grims Stimme in ihrem Kopf widerhallte. Das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte, waren Erinnerungen an ihren Streit. Sie schob die Gedanken beiseite, und stattdessen tauchte Grims Gestalt vor ihr auf, sein abwartender Blick, als er sich von ihr

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