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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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verabschiedet hatte. Sie hatte ihm nachgesehen, wie er langsam im Nachthimmel verschwunden war wie ein erlöschender Stern, und auch wenn sie das angesichts ihres Streits nicht gern zugab, stand eines fest: Es war ihr nicht leichtgefallen, ihn gehen zu lassen. Für einen Moment saß sie wieder auf dem verlassenen Feld und hörte Grims Worte, als sie bekundete, Jakob retten zu wollen.
Ich weiß,
hatte er gesagt — nicht mehr, und es hatte genügt. Er hatte gewusst, was in ihr vorgegangen war, und ausnahmsweise einmal genau das Richtige getan. Die Erinnerung ließ sie lächeln. Doch dann dachte sie an Jakob auf dem Balkon der Schneekönigin, an seine verhangenen, seltsam leeren Augen, und sie hörte den Schrei, den er bei der Nennung ihres Namens ausgestoßen hatte — diesen fremden, unmenschlichen Schrei, der wie ein schreckliches Erwachen aus tiefster Finsternis gewesen war. Die Schneekönigin würde ein Fest geben, das hatte sie versprochen. Es würde ein Fest werden, um Jakob zu töten, und anschließend würde sie die Menschen Dublins in einem grausamen Feldzug vernichten. Mia hörte den Gesang Nahyds in sich widerhallen, fühlte noch einmal die Schmerzen in ihrem Inneren, als die Klänge sie durchzogen. Unter seiner Führung würden die Feen die Menschen Dublins vernichten — und das würde erst der Anfang sein. Schaudernd dachte Mia an das blutrote Glimmen des Lia Fáils, das unter der gläsernen Kuppel des Turms pulsiert hatte wie ein gewaltiges Herz. Bald schon würde sich der Zauber der Königin vollenden, und dann würde der Schicksalsstein die Macht der Feenorte auf der ganzen Welt wecken und gewaltige Risse in die einfallende Grenze sprengen. Durch sie würden die Feen in die Welt strömen, und dann ... dann würden sie die Welt der Menschen mit Tod überziehen.
    Mia holte tief Atem. Sie mussten sich beeilen, sie mussten die Schneekönigin aufhalten. Doch Fynturil war geradezu riesig, es würde Ewigkeiten dauern, bis sie Jakob gefunden hatten, wenn es ihnen überhaupt gelang, ehe sie entdeckt wurden. Darüber hinaus war es vermutlich alles andere als leicht, den Zauber der Königin zu unterbrechen, mit dem sie die Grenze an so vielen Stellen einreißen wollte, und die Armee der Feen, die sich auf die Menschen Dublins stürzen würde ... Wie um alles in der Welt sollten sie ein derart mächtiges Heer aufhalten?
    Da wandte Theryon sich zu ihr um und lächelte ein wenig. Er hatte ihr nicht verraten, wie er ihre Pläne umsetzen wollte. Aber er war ihr Mentor, er wusste, was er tat, das spürte sie, und sie würde ihm vertrauen. Er nickte kurz, als hätte er ihre Gedanken gehört, und deutete in einen der Seitengänge, die von dem Hauptkorridor abzweigten. Dort befand sich eine Tür, neblig blaues Licht waberte unter dem Falz hindurch.
    Sofort begann Mias Herz schneller zu schlagen. So leise wie möglich folgte sie Theryon zur Tür und beobachtete, wie er die Hände darauf legte und sie mit einem kräftigen Ruck lautlos öffnete. Kühles Licht fiel ihnen entgegen. Eine Treppe führte aufwärts, leise Stimmen drangen zu ihnen herab. Mia schickte einen Abwehrzauber in ihr Handgelenk — für alle Fälle. Dann folgte sie Theryon die Treppe hinauf.
    Sie führte in einen Saal ganz und gar aus Perlmutt — die Wände, der Boden, selbst die mit schuppenförmigen Blättern besetzte Decke bestanden aus dem schimmernden Biomineral. Hohe Maßwerkfenster säumten eine Wand des Raumes, vor denen sich ein Feuerwerk aus Farben in die Nacht ergoss. Nordlichter tanzten am Himmel, und nebelhafte, blaue Schleier umschmeichelten das Schloss und drangen geistergleich durch die Fenster ins Innere des Gebäudes ein. Sie strichen über Kratzer im Perlmuttboden, bildeten flirrende Wirbel und ließen Möbelstücke aus lang vergangener Zeit in ihrem Inneren entstehen. Mia wehrte sich vergebens gegen die Faszination, die bei diesem Anblick von ihr Besitz ergriff. Die Magie der Feen erschuf den Herrschaftssitz ihres Volkes neu, und sie tat es mit einer Anmut, die Mia gegen ihren Willen verzauberte.
    Theryon lauschte kurz, dann nickte er. Eilig lief Mia neben ihm zu einer mit silbernen Beschlägen versehenen Tür, die halb offen stand. Wieder hörte sie Stimmen, ebenso wie das leise Trappeln sich entfernender Schritte. Sie warteten, bis es still geworden war. Dann schoben sie sich durch die Tür. Theryon lief so schnell, dass Mia sich anstrengen musste, um mit ihm Schritt zu halten. Aus dem Augenwinkel sah sie die prunkvollen Räume, die

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